Es ist ein historischer Moment, wenn Ueli Maurer (68) heute in Washington auf Donald Trump (72) trifft. Nie zuvor wurde ein Schweizer Bundespräsident vom US-Präsidenten im Weissen Haus empfangen. Die Einladung Trumps soll kurzfristig in Bern eingegangen sein. Maurer habe seine Kollegen am Mittwoch an der Bundesratssitzung darüber informiert, schreibt der «Tages-Anzeiger».
Worüber werden Trump und Maurer sprechen?
Laut dem Finanzdepartement EFD geht es bei Maurers Visite um Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit den USA. Vor allem Bern ist an diesen Gesprächen interessiert, gelten die USA doch als zweitwichtigster Handelspartner der Schweiz. Jährlich werden Waren im Wert von über 40 Milliarden Franken über den Atlantik exportiert. Um viel weniger handelt es sich von unserer Seite her: Die Schweiz importierte 2018 Waren im Wert von knapp 21 Milliarden Franken aus den USA.
Deshalb überrascht es auf den ersten Blick, das Trump inmitten hektischer Zeiten mit dem Russland-Report, der Iran-Krise und des Handelsstreits mit China plötzlich Zeit für das Anliegen der Schweizer haben soll. Im Communiqué des EFD ist auch die Rede von «weiteren bilateralen Themen», die erörtert werden sollen. Hier liegt wohl der Hund begraben. Auch das Weisse Haus bestätigte unterdessen, dass sich Trump die «guten Dienste» der Schweiz sichern will.
Um folgende Anliegen könnte es gehen:
Iran-Konflikt
In den vergangenen zwei Wochen spitzte sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran bedrohlich zu. Nachdem Trump (72) erst seinen Flugzeugträger USS Abraham Lincoln in Richtung Persischer Golf losgeschickt und wenig später die Sanktionen gegen den Iran verschärft hatte, platzte der Führung in Teheran der Kragen. Irans Präsident Hassan Rohani (70) reagierte mit der Ankündigung, dass man aus dem Atomdeal austreten wolle. Mittlerweile ist sogar die Rede davon, dass die USA 120'000 Soldaten in den Nahen Osten verlegen wollen.
Hier kommt die Schweiz ins Spiel: Vergangene Woche teilte die US-Regierung der Schweiz eine Telefonnummer mit, auf der die Iraner Präsident Trump erreichen könnten. Das Ziel von Washington: Ein Gipfeltreffen mit Irans Präsidenten Hassan Rohani zu vereinbaren. Doch Bern soll die Telefonnummer laut Informationen von CNN nie weitergeleitet haben. Das EFD wollte die Angelegenheit gegenüber BLICK nicht kommentieren.
Klar ist: Die Schweiz vertritt als Schutzmacht die amerikanischen Interessen in Teheran. Trump könnte Maurer laut Beobachtern in den USA dazu drängen, im Gegenzug zu Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen eine härtere Linie gegen den Iran einzunehmen.
Der Schweizer China-Flirt
Die Schweiz pflegt mit China ausgesprochen freundschaftliche Beziehungen. Dies unterstrich Maurer vor gut zwei Wochen mit einem mehrtägigen Staatsbesuch in der Volksrepublik. Auch an Chinas «Neuer Seidenstrasse» beteiligt sich die Schweiz. Das Projekt ist im Westen höchst umstritten. Die USA sieht in diesem Vorhaben einen geostrategischen Masterplan: China nutze den Mythos Seidenstrasse, um seine Macht auszudehnen und neue Absatzmärkte zu erobern, so die Befürchtung in Washington.
Die Nähe der neutralen Schweiz zu China dürfte die USA verärgern. Als Italien seine Beteiligung am Mega-Projekt bekannt gab, reagierte die US-Regierung harsch. Rom setze seine «internationale Reputation» und die «italienisch-amerikanische» Freundschaft aufs Spiel, hiess es aus Washington. Der Schweizer Flirt in Peking blieb in den USA bislang unkommentiert. Das dürfte sich beim heutigen Gespräch zwischen Trump und Maurer ändern.
Venezuela
In Venezuela herrscht seit Monaten ein Machtkampf zwischen dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó (35) und dem umstrittenen Staatschef Nicolás Maduro (56). Vor allem die USA setzt sich für einen Machtwechsel ein und unterstützt öffentlich Interimspräsident Guaidó. Trump hatte kürzlich auf die Frage nach einem militärischen Eingreifen der USA betont, gegenüber Venezuela lägen «alle Optionen auf dem Tisch».
Während die USA und rund 50 weitere Staaten Guaidó anerkennen, gibt sich die Schweiz neutral. Das Verhalten von Bern war bereits im Februar beim Treffen zwischen Aussenminister Ignazio Cassis (58) und seinem amerikanischen Amtskollegen Mike Pompeo (55) Thema. Damals sagte Cassis, dass auf die Schweiz «keinen Druck ausgeübt» wurde, Guaidó anzuerkennen. Man kenne und respektiere in Washington die Position der Schweiz.
Es wäre ein Coup für Donald Trump, wenn er die neutrale Schweiz in diesem Konflikt mittels Freihandelsdeal auf seine Linie bringen könnte. Realistischer ist es, dass Berns Vermittlerrolle gefragt sein könnte. Cassis betonte im Februar, dass die Schweiz bei Bedarf gerne ihre Dienste anbieten würde.
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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