Wegen dubioser Spenden aus der Schweiz strebt die Staatsanwaltschaft Konstanz ein Ermittlungsverfahren gegen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel und weitere AfD-Mitglieder an. Es bestehe der Anfangsverdacht eines Verstosses gegen das Parteiengesetz, teilte die Behörde am Mittwoch mit.
Der Bundestagspräsident und Weidel seien darüber informiert worden. Schreiben zur nötigen Aufhebung ihrer Abgeordnetenimmunität seien an den Bundestag geschickt worden.
Am Mittwoch wurde öffentlich, dass Weidel die fragwürdigen Spenden aus der Schweiz auch für Anwaltskosten und ihren Internetwahlkampf verwendet hatte. Fraktionssprecher Christian Lüth bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch entsprechende Angaben der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».
Demnach schickte ein Kölner Medienanwalt, der von Weidel beauftragt worden sei, gegen Journalisten vorzugehen, seine Rechnungen an die Bundesgeschäftsstelle der AfD.
Von dort seien sie mit Weidels Einverständnis an den Kreisverband Bodensee weitergeleitet worden, wo die Kreisgeschäftsführerin mit der Bearbeitung von Weidels Rechnungen betraut war. Die Geschäftsführerin sei ebenso wie Weidel davon ausgegangen, dass die Spenden aus der Schweiz ordnungsgemäss seien.
Es geht um 130'000 Euro
Die Schatzmeisterin des Kreisverbandes am Bodensee sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, sie habe im Frühjahr die Rückzahlung der rund 130'000 Euro veranlasst. Bei der Rücküberweisung habe sie aber «anscheinend eine Spende übersehen». Dass diese rund 8000 Euro bislang nicht zurückgeschickt wurden, sei ihr erst Anfang der Woche aufgrund der Medienberichterstattung über die Angelegenheit aufgefallen.
Die Schatzmeisterin des AfD-Kreisverbands Bodensee räumte gegenüber dem Sender SWR ein, dass die Spendengelder unter anderem für Anwaltskosten verwendet worden seien. Sie habe damit ihre vorherige Behauptung widerrufen, die Spendengelder seien nicht angerührt worden, hiess es in einem Online-Bericht des Senders.
Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hatte ein Schweizer Unternehmen Überweisungen an den AfD-Kreisverband Bodensee getätigt, wo Weidel ihren Wahlkreis hat. Es handelte sich laut WDR, NDR und «Süddeutscher Zeitung» um mehr als 132'000 Euro in 18 Einzelspenden. Parteispenden aus Nicht-EU-Staaten sind grundsätzlich illegal.
Die Spenden gingen laut Medienberichten auf einen anonymen Spender zurück und waren für Weidels Wahlkampf bestimmt. Sie wurden offensichtlich wieder zurückgezahlt, allerdings wohl erst im April 2018. Weidel weist eine Verantwortung für den Vorgang zurück.
«Jedes Mittel recht»
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte den Rücktritt Weidels. «Im Kampf gegen kritische Journalisten ist der AfD-Fraktionschefin jedes Mittel recht, selbst offenbar illegale Parteispenden», sagte DJV-Chef Frank Überall dem «Handelsblatt».
Einem Bericht der «Bild»-Zeitung zufolge soll Weidel am Freitag dem in Magdeburg tagenden AfD-Bundesvorstand detailliert Auskunft über die Geldströme geben, die sie erhalten hat. Weidel solle auch darüber Auskunft geben, woher die Mittel stammten, mit denen die umstrittene Spende zurückgezahlt worden sei.
Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs sagte dem Düsseldorfer «Handelsblatt», Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble müsse «das Finanzgebaren der AfD mit all ihren Gliederungen» genau untersuchen.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sprach sich ebenfalls für eine vertiefte Prüfung aus. «Es ist an der Zeit, die Finanzströme der AfD genauer zu untersuchen», sagte er der «Passauer Neuen Presse». Die Rechenschaftsberichte müssten «genau durchleuchtet» und die Verantwortlichen noch einmal gehört werden – das sei zwingend notwendig.
Der Bundesschatzmeister der Linken, Harald Wolf, vermutet weitere Unstimmigkeiten bei den AfD-Finanzen. Der aktuell diskutierte Vorgang sei «nicht das erste Mal, dass Wahlkämpfe der AfD massiv aus der Schweiz unterstützt wurden», sagte er der «Rheinischen Post». (SDA)