«Man kann Trump nicht stummschalten»
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Digital-Experte analysiert:«Man kann Trump nicht stummschalten»

Wegen Risiko des Aufrufs zur Gewalt
Twitter verbannt Donald Trump dauerhaft!

Es hat sich ausgezwitschert für Trump! Der Noch-Präsident wird von Twitter dauerhaft verbannt – sein Account mit 88 Mio Followern ist verschwunden. Mit einem Trick konnte er aber für kurze Zeit doch wieder twittern.
Publiziert: 09.01.2021 um 02:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2021 um 13:37 Uhr
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Es hat sich ausgezwitschert für Donald Trump!
Foto: AFP
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Diese verrückte Woche in Amerika wird um ein Kapitel reicher! Zuerst erobern die Demokraten die Senatsmehrheit mit den Stichwahlen in Georgia. Dann stürmen Trump-Anhänger das Kapitol in Washington. Wenige Stunden später wird Joe Biden (78) trotzdem vom Kongress zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten bestätigt. Verschnaufpause? Denkste!

Am Freitagabend lässt Twitter sprichwörtlich die nächste Bombe platzen: Der Kurznachrichtendienst verbannt Noch-Präsident Donald Trump (74) dauerhaft von Twitter! Grund sei das «Risiko einer weiteren Anstiftung zur Gewalt», teilte der Social-Media-Konzern auf seiner Plattform mit.

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Der Account @realDonaldTrump war da schon nicht mehr aufrufbar. Stattdessen erschien dort die Meldung «Account gesperrt».

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Für Trump kommt dies einer Höchststrafe gleich, war Twitter doch sein beliebtester Kommunikationskanal. Über 88 Millionen Menschen folgten ihm zuletzt. Nicht wenige Experten führten Trumps Wahlsieg von 2016 unter anderem auf seine Twitter-Aktivitäten zurück.

Nach Kapitol-Sturm bereits kurzfristig gesperrt

Der Schritt kommt nicht unerwartet. Nach den Ausschreitungen am Kapitol vom Mittwoch hatte Twitter Trumps Account bereits für zwölf Stunden gesperrt, weil Tweets des Präsidenten «wiederholt und schwerwiegend» gegen die Richtlinien der Plattform verstossen hatten. Der Kurznachrichtendienst hatte Trump mit einer dauerhaften Sperre gedroht, sollten diese Tweets nicht entfernt werden.

Am Donnerstagabend feierte der Noch-Präsident dann sein Twitter-Comeback und setzte eine ungewohnt versöhnliche Videobotschaft ab. Insider berichteten, dass Trump dazu gedrängt wurde.

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Diese zwei Tweets kosteten Trump seinen Account

Am Freitag wendete sich das Blatt erneut. Mit zwei neuen Tweets grub sich Trump endgültig sein Twitter-Grab. Der Kurznachrichtendienst erklärte den historischen Schritt in einem langen Blogeintrag und führte konkret zwei Botschaften des Präsidenten vom Freitag auf.

In einem dieser Tweets schrieb Trump – teils in Grossbuchstaben –, die 75 Millionen «grossartigen amerikanischen Patrioten», die bei der Wahl für ihn gestimmt hätten, würden bis weit in die Zukunft eine «gewaltige Stimme» haben. Sie würden nicht gering geschätzt oder in irgendeiner Form unfair behandelt. In einem zweiten Tweet kündigte Trump an, er werde der Amtseinführung seines Nachfolgers Joe Biden am 20. Januar fernbleiben.

Twitter wertete die Kombination beider Tweets als geeignet, um Menschen zu gewalttätigen Akten im Stile der Stürmung des Kapitols zu inspirieren. Der Kurznachrichtendienst argumentierte unter anderem, Trumps Hinweis, dass er selbst nicht an der Vereidigungszeremonie teilnehme, könne für jene, die möglicherweise Gewalttaten in Betracht zögen, als Ermutigung dienen, «dass die Vereidigung ein 'sicheres' Ziel sei», weil Trump selbst dort nicht anwesend sei.

Mit Trick zurück auf Twitter

Tatsächlich planen Rechtsextreme und Trump-Fanatiker bereits zukünftige bewaffnete Proteste – auf Twitter aber auch anderen Plattformen. So ist vom 17. Januar die Rede, dann soll das Kapitol erneut gestürmt werden. Auch der 20. Januar und somit die Amtseinführung von Biden ist im Visier der Extremisten.

Twitter bilanziert am Ende des Blogeintrags: «Wir sind zum Schluss gekommen, dass diese zwei Tweets wahrscheinlich andere dazu inspirieren werden, die Gewalttaten vom Mittwoch zu wiederholen.»

Und doch konnte Trump für eine kurzen Moment dann doch wieder twittern. Der Trick: Er übernahm einfach den offiziellen Twitter-Account des US-Präsidenten und beschwerte sich über die Löschung seines privaten Accounts. Aber ihn könne man nicht zum Schweigen bringen, so Trump. Kurz darauf wurden die Tweets wieder gelöscht.

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Twitter-Mitarbeiter forderten Sperrung

Die dauerhafte Verbannung von Donald Trump erfolgt auf grossen Druck hin. So haben diese Woche Demokraten und 350 Twitter-Mitarbeiter einen Brief an CEO Jack Dorsey (44) geschickt mit der Aufforderung, den Account des Noch-Präsidenten zu sperren. «Trotz unserer Bemühungen, der öffentlichen Konversation zu dienen, haben wir als Trumps Megaphon dazu beigetragen, die tödlichen Ereignisse vom 6. Januar anzuheizen», hiess es im Brief, wie die «Washington Post» berichtet.

Und weiter: «Wir spielen eine nie dagewesene Rolle in der Zivilgesellschaft und die Augen der Welt sind auf uns gerichtet. Unsere Entscheidungen in dieser Woche werden unseren Platz in der Geschichte zementieren, im Guten wie im Schlechten.»

Es war nicht der erste Protest von Twitter-Angestellten. Immer wieder in den vergangenen vier Jahren haben Mitarbeiter Konsequenzen für Trumps Tweets gefordert. Nun aber hat Twitter-CEO Jack Dorsey offensichtlich auf seine Mitarbeiter gehört.

Trump reagiert und wittert Verschwörung

Der gesperrte Noch-Präsident hat am späten Freitagabend reagiert: «Twitter-Mitarbeiter haben sich mit den Demokraten und der radikalen Linken bei der Entfernung meines Kontos von ihrer Plattform abgesprochen, um mich zum Schweigen zu bringen – und Euch, die 75 Millionen grossartigen Patrioten, die mich gewählt haben.» Belege für seine Anschuldigung legte Trump nicht vor.

«Wir werden nicht zum Schweigen gebracht werden», hiess es in der Mitteilung Trumps, die er über Journalisten im Weissen Haus verbreiten liess. Trump kündigte an, man sei mit mehreren anderen Webseiten in Verhandlung und ziehe auch den Aufbau einer eigenen Plattform in der nahen Zukunft in Betracht. «Twitter geht es nicht um Redefreiheit. Ihnen geht es nur darum, eine linksradikale Plattform zu fördern, auf der einige der bösartigsten Menschen der Welt frei sprechen dürfen.»

Auch aus Trumps Umfeld kam Kritik an der Sperre. Der republikanische Senator Lindsey Graham (65) schrieb auf Twitter: «Der Ajatollah kann twittern, aber Trump nicht. Das sagt viel über die Leute aus, die Twitter führen.» Trumps Sohn Donald Trump Jr. (46) schrieb: «Redefreiheit existiert nicht mehr in Amerika. Sie starb mit den grossen Tech-Unternehmen, und was übrig ist, ist nur noch für ein paar Auserwählte da. Das ist absoluter Irrsinn!»

Auch auf Facebook und Instagram gesperrt

Donald Trump ist derzeit auch von anderen Social-Media-Plattformen verbannt. Facebook hatte am Donnerstag mitgeteilt, den Präsidenten bis auf Weiteres zu sperren. Trumps Konten bei dem Online-Netzwerk und auch bei der Fotoplattform Instagram sollten für mindestens zwei Wochen beziehungsweise bis zur Amtsübergabe an Nachfolger Biden blockiert bleiben, wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg (36) am Donnerstag ankündigte.

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