Wegen NSA-Skandal
Hollande zitiert US-Botschafterin ins Elysée

Frankreich ist wütend wegen der Spionage durch den Geheimdienst NSA: Das Elisée hat seine US-Botschafterin einbestellt.
Publiziert: 24.06.2015 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:27 Uhr
Soll auch vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein: Frankreichs Staatschef François Hollande (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/AP/MICHEL EULER

Unter befreundeten Staaten ist das ein deutliches Zeichen der Verstimmung. Präsident Hollande hat die US-Botschafterin ins Elysée zitiert. Der Aussenminister Laurent Fabius wolle mit US-Botschafterin Jane Hartley am Nachmittag sprechen.

Dies verlautete aus diplomatischen Kreisen in Paris. Die Einbestellung der Botschafterin erfolgte nach einer Sondersitzung des französischen Verteidigungskabinetts.

Im Elysée-Palast hatten mehrere Minister und die Spitzen der französischen Geheimdienste zusammen mit Präsident François Hollande über die jüngsten Enthüllungen zur US-Spionage beraten. Bei den Wikileaks-Dokumenten soll es sich um fünf streng geheime Berichte des US-Geheimdiensts NSA handeln.

«Inakzeptable Machenschaften»

Sie würden auf abgefangener Kommunikation beruhen und tragen den Titel «Éspionage Élysée». «Frankreich toleriert keine Aktionen, welche die Sicherheit des Landes und seine Interessen gefährden», liess Hollande nach der Sondersitzung in einem Statement mitteilen.

Die «Machenschaften» seien «inakzeptabel». Man habe mit den USA Abmachungen getroffen, und die müssten jetzt strikt eingehalten und respektiert werden.

Doch an welche Informationen sind die Amerikaner durch den Lauschangriff gelangt? In den Dokumenten findet sich eine Liste mit verschiedenen «Zielen». Darin sind Telefonnummern aufgeführt, unter anderem die Handynummer von Nicolas Sarkozy.

Geheimtreffen hinter dem Rücken von Merkel

Laut der französischen Zeitung «Libération» wurden auch Gespräche unter vier Augen aufgezeichnet. Auf Wikileaks sind einige Auszüge aus den Dokumenten zu finden. So glaubte Sarkozy 2008 offenbar, er sei «der einzige Mann, der die internationale Finanzkrise lösen kann».

Weiter soll Jacques Chirac seinem Aussenminister Philippe Douste-Blazy vorgeworfen haben, er neige dazu, «ungenaue und unangemessene Aussagen zu machen».

In den Dokumenten ist auch von einem «Geheimtreffen» die Rede. Hollande soll sich schon am 22. Mai 2012 mit führenden Politikern zur Griechenlandkrise getroffen haben. Das Treffen fand offenbar hinter dem Rücken von Bundeskanzlerin Angela Merkel statt. Denn Hollande hatte beim Treffen mit Merkel am Tag seiner Amtsübernahme das Gefühl, die Kanzlerin habe Griechenland «fallen gelassen» und «sie werde sich auch nicht mehr bewegen».

«Das war nur eine Show»

Über dieses Merkel-Treffen habe sich Hollande dann sehr abfällig geäussert. Es sei reine Show gewesen, und es sei nichts erreicht worden. Hollande befürchtete danach, die Griechen könnten eine «extremistische Partei» wählen.

Und wie reagierten die USA auf die Vorwürfe? «Wir nehmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier und werden sie nicht ins Visier nehmen», sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats Ned Price gestern. (kab/SDA)

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