Der russische Geheimdienst FSB ist einer der renommiertesten und gefürchtetsten Nachrichtendienste der Welt. Und die Lieblingsbehörde von Wladimir Putin (69). Er war einst Direktor des KGB-Nachfolgers und baute in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur den Einfluss des FSB massiv aus, sondern platzierte auch unzählige ehemalige Geheimdienst-Mitarbeiter in einflussreichen Regierungspositionen.
Nun aber soll ausgerechnet der FSB mitschuldig sein, dass Putins Traum von einem Blitz-Sieg in der Ukraine zum Albtraum für den russischen Herrscher und das Militär geworden ist. Dieses sieht sich viel grösserem Widerstand gegenüber, als man im Kreml offenbar erwartet hat.
Seit 2004 Jahren derselbe Chef – trotzdem Angst vor Putin
Zwei russische Journalisten berichten, dass der sogenannte «Fifth Service» (Deutsch: Der fünfte Dienst) des FSB dafür verantwortlich ist. Von Putin in den 90er-Jahren eingeführt, steht der Ausland-Spionage-Abteilung des FSB seit 2004 ein Mann vor: Sergei Beseda. Unter ihm habe sich der «Fifth Service» darauf spezialisiert, in ehemaligen Sowjetstaaten pro-russische Kandidaten bei Wahlen zu helfen. Zudem versorgt sie den Kreml mit Informationen über politische Stimmungen und Entwicklungen in diesen Ländern. Dazu gehört auch die Ukraine.
Die beiden Journalisten, die für das regierungskritische russische Portal «Meduza» laut eigener Aussage «seit langem über die russischen Geheimdienstaktivitäten berichten», schreiben, Putin habe mittlerweile, «zwei Wochen nach Kriegsstart, festgestellt, dass er mit falschen Informationen über die politische Lage in der Ukraine» gefüttert wurde. Der «Fifth Service» habe zu viel Angst vor Putin gehabt und ihm daher nur gesagt, was er hören wollte.
Beseda unter Hausarrest? 8 Kommandeure weg
Laut dem Bericht hat dies nun Konsequenzen. Sergey Beseda und sein Stellvertreter seien unter Hausarrest gestellt worden. Unter anderem wegen des angeblichen Missbrauchs von Geldern, die für Operationen zur Verfügung gestellt wurden, sowie wegen der Lieferung von schlechten Informationen. Die Meldung, dass Beseda und sein Stellvertreter, Anatoli Boliuk unter Hausarrest gestellt wurden, wird auch von anderen Quellen geteilt.
Eine Bestätigung für die Behauptungen seitens Kreml gibt es bisher nicht. Klar aber ist, dass Putin mit seinen Experten extrem unzufrieden ist. Oleksi Danilow (59), Chef des ukrainischen Sicherheitsrats, sagt, etwa acht russische Kommandeure seien seit Beginn des Konflikts entlassen worden. Den Geheimdiensten soll Putin vorwerfen, ihn mit falschen Informationen versorgt zu haben, wonach die Ukraine schwach sei und bei einem Angriff leicht aufgeben würde. Danilow hat auch noch eine andere Erklärung für das augenscheinliche Versagen des FSB: Die meisten russischen Agenten würden diesen Beruf nur ausüben, weil ihre Eltern oder Grosseltern bereits Agenten waren. Im Gegensatz dazu würden westliche Geheimdienste in der Regel an Eliteuniversitäten rekrutieren, um sicherzustellen, dass sie «die Besten der Besten» bekommen. (vof)