Die Arabische Liga kommt am Sonntag in Kairo zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Riad habe das Treffen beantragt, um über die Angriffe auf die saudi-arabische Botschaft und das Konsulat im Iran zu sprechen, teilte Liga-Vizegeneralsekretär Ahmed Ben Helli heute mit. Überdies solle «die iranische Einmischung in arabische Angelegenheiten verurteilt werden».
Die seit langem schwelenden Spannungen zwischen dem sunnitischen saudischen Königshaus und der klerikal ausgerichteten schiitischen Führung im Iran haben sich durch die Hinrichtung des prominenten schiitischen Geistlichen und entschiedenen Regimegegners Nimr al-Nimr und 46 weiteren Menschen in Saudi-Arabien verschärft.
Der oberste geistliche und politische Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, drohte dem saudischen Königshaus mit der «Rache Gottes». Auch die Revolutionsgarden kündigten «scharfe Vergeltung» an. Proteste gegen die Hinrichtung waren daraufhin am Wochenende in Teheran ausser Kontrolle geraten. Demonstranten stürmten und verwüsteten die saudi-arabische Botschaft in der iranischen Hauptstadt.
Das saudische Königshaus reagierte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und der Ausweisung iranischer Diplomaten. Dem schlossen sich heute die ebenfalls sunnitische Golfmonarchie Bahrain und der Sudan an. Die Vereinigten Arabischen Emirate stuften die diplomatischen Beziehungen zum Iran herab.
Auch die deutsche Regierung zeigte sich besorgt über die Entwicklung. «Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran sind von grundlegender Bedeutung für die Lösung der Krisen in Syrien, im Jemen und für die Stabilität der gesamten Region», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Teheran unterstützt im Gegensatz zu Riad in Syrien Machthaber Baschar al-Assad und im Jemen die schiitischen Huthi-Rebellen, die von einer von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition bekämpft werden.
In Moskau erklärte ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter des Aussenministeriums der Agentur RIA, sein Land stehe als Vermittler zur Verfügung. Moskau unterhält enge Beziehungen zum Iran und hat sowohl bei dessen Einbeziehung in die Suche nach einer Lösung des Syrien-Konflikts wie auch beim Kompromiss um das iranische Atomprogramm eine entscheidende Rolle gespielt.
Auch das in der Nahost-Region gewöhnlich zurückhaltende China zeigte sich alarmiert: Man sei hochgradig besorgt, dass der Konflikt sich ausweiten könnte, erklärte das Aussenministerium in Peking. China zählt zu den grössten Ölimporteuren. Zuvor hatten schon die USA die Regierungen in der gesamten Region aufgerufen, ihren Einfluss geltend zu machen, um die Lage zu beruhigen.
Die Krise verschärft die Furcht vor weiteren konfessionellen Spannungen in der Region. Im Zentrum des Iraks wurden am Montagmorgen bei Bombenanschlägen auf zwei sunnitische Moscheen mehrere Menschen verletzt. Der Muezzin einer weiteren sunnitischen Moschee wurde nach Behördenangaben ermordet.
Bei einer Schiesserei in der saudi-arabischen Geburtsstadt des hingerichteten Geistlichen Nimr wurden in der Nacht zum Montag ein Zivilist getötet und ein Kind verletzt. Wer die Schüsse abfeuerte, war zunächst unklar.
Der Führer einer schiitischen Miliz drohte, das Verbrechen an Scheich Nimr habe «das Tor zur Hölle» geöffnet. Das iranische Aussenministerium warf Saudi-Arabien vor, die Gewalt gegen seine Botschaft als Vorwand zu nutzen, um die Spannungen anzuheizen. Am Montag gingen in Teheran erneut tausende Menschen auf die Strasse, um gegen Riad zu protestieren.
Die Beziehungen zwischen Riad und Teheran sind seit der islamischen Revolution im Iran 1979 angespannt. Das sunnitische Saudi-Arabien wirft dem schiitischen, persischen Iran immer wieder eine Einmischung in arabische Angelegenheiten vor. (SDA(