Auf einen Blick
- Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol ruft Kriegsrecht aus, angeblich zum Schutz vor Nordkorea
- Nationalversammlung stimmt dagegen
- Yoon hebt Notstand wieder auf
- Opposition bezeichnet Vorgehen als verfassungswidrig und fordert Rücktritt
Ermittler wollen Südkorea-Präsident mit Fragen löchern
Um Südkoreas anhaltende Staatskrise möglichst rasch zu überwinden, wollen die Strafverfolgungsbehörden den vorerst abgesetzten Präsidenten Yoon Suk Yeol (63) bereits diesen Mittwoch zu einer persönlichen Befragung vorladen. Während der Befragung soll untersucht werden, ob Yoon sich mit dem vorübergehenden Verhängen des Kriegsrechts den Strafbeständen Aufruhr und Machtmissbrauch schuldig gemacht habe.
Ein erster Versuch, die Aufforderung zur Befragung über das Präsidentenamt zu übermitteln, ist jedoch aufgrund mangelnder Kooperation gescheitert, berichtete Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap. Das Sekretariat des Präsidentenamts habe das Ermittlerteam, bestehend aus Mitgliedern der Polizei, der Anti-Korruptionsbehörde sowie Vertretern des Verteidigungsministeriums, an den präsidialen Wohnsitz in Seoul weitergeleitet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft verweigerte sich der Politiker der Einbestellung.
Yoon Suk Yeol wurde am Samstag nach einer Abstimmung im Parlament von seinem Amt enthoben. 204 der 300 Abgeordneten haben für einen von der Opposition eingereichten Antrag gestimmt. Da die Oppositionsparteien über insgesamt 192 Sitze verfügen, wird angenommen, dass bei der anonymen Abstimmung zwölf Abgeordnete der Regierungspartei die Amtsenthebung ihres Präsidenten ebenfalls unterstützt hatten.
Parlament stimmt für Absetzung von Präsident Yoon
Das Parlament in Südkorea hat im zweiten Anlauf für die Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk Yeol gestimmt, der mit seiner kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts eine schwere politische Krise in dem ostasiatischen Land ausgelöst hat.
Der südkoreanische Oppositionsführer Lee Jae Myung hat das Verfassungsgericht des Landes aufgerufen, die Absetzung von Präsident Yoon Suk Yeol «schnell» zu bestätigen. Dies sei «der einzige Weg, nationale Unruhen zu minimieren und das Leid der Menschen zu lindern», erklärte Lee am Sonntag. Es sei «unerlässlich», die «Verantwortlichen für diese absurde Situation» zur Rechenschaft zu ziehen, fügte er hinzu.
Das Parlament in Seoul hatte am Samstag im zweiten Anlauf für die Amtsenthebung Yoons gestimmt. Der Staatschef ist somit ab sofort von seinem Amt suspendiert. Das Verfassungsgericht hat nun 180 Tage Zeit, um über die Zukunft Yoons zu entscheiden. In der Zwischenzeit übernimmt Ministerpräsident Han Duck Soo die Amtsgeschäfte.
Biden: Beziehung zu Südkorea ist "Eckpfeiler für Frieden"
Nach der Absetzung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol hat US-Präsident Joe Biden mit Regierungschef Han Duck Soo telefoniert und die engen Beziehungen zwischen den USA und Südkorea hervorgehoben. Biden sei zuversichtlich, dass das Bündnis zwischen beiden Ländern auch weiterhin ein «Eckpfeiler für Frieden und Wohlstand in der Indo-Pazifik-Region bleiben wird», erklärte das Weisse Haus nach dem Telefonat.
Biden brachte demnach auch seine «Wertschätzung für die Widerstandsfähigkeit der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit» in Südkorea zum Ausdruck und bekräftigte die «eiserne» Unterstützung der USA.
Südkoreas Opposition: Kein Verfahren gegen Interimspräsident
Nach der Abstimmung des südkoreanischen Parlaments für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatschef Yoon Suk Yeol sieht die Opposition von Ermittlungen gegen den geschäftsführenden Präsidenten Han Duck Soo ab. Es gebe derzeit keine Pläne, ein solches Verfahren einzuleiten, sagte Oppositionsführer Lee Jae Myung von der Demokratischen Partei (DP).
Lees Partei hatte nach der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts durch Yoon Anfang Dezember laut Medienberichten eine Beschwerde gegen Han angestrebt. Die grösste Oppositionspartei hatte ausserdem gefordert, gegen Han und zu seiner Rolle in dem Fall zu ermitteln.
Ex-Verteidigungsminister wollte sich in Haft das Leben nehmen
Der ehemalige südkoreanische Verteidigungsminister Kim Yong-hyun hat versucht, sich in Haft das Leben zu nehmen. Dies teilt der Generalkommissar des koreanischen Strafvollzugsdienstes mit.
Kim wurde am Sonntag in Seoul festgenommen, wenige Tage nach der überraschenden Verhängung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon Suk Yeol. Kim soll angeblich die Verhängung des Kriegsrechts empfohlen haben. Er reichte nach der Aufhebung des Kriegsrechts den Rücktritt ein und war die erste Person, die im Zusammenhang mit dem Fall festgenommen wurde.
Wie der Generalkommissar des koreanischen Strafvollzugsdienstes weiter erklärt, habe Kim den Selbstmordversuch vor der Ausstellung eines formellen Haftbefehls am späten Dienstag unternommen. Der ehemalige Verteidigungsminister wurde in einen Isolationsraum verlegt. Er habe keine gesundheitlichen Schäden erlitten.
Südkoreas Präsident darf Land nicht verlassen
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol (63) ist wegen polizeilicher Ermittlungen zu seiner kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts mit einem Ausreiseverbot belegt worden. Ein Mitarbeiter des Justizministeriums bestätigte am Montag in einer parlamentarischen Anhörung, dass der Staatschef das Land nicht verlassen dürfe. Die Polizei ermittelt wegen «Aufruhrs» gegen Yoon sowie zwei ehemalige Minister. Die Opposition will den Präsidenten des Amtes entheben lassen.
Demo vor Parlament – Yoon bleibt im Amt
Wenige Tage nach der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts durch den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol ist im Parlament des Landes ein Antrag auf Amtsenthebung des Staatschefs gescheitert. Der von der Opposition eingebrachte Antrag gegen den Staatschef verfehlte am Samstag die erforderliche Zweidrittelmehrheit, nachdem die meisten Abgeordneten von Yoons Partei die Abstimmung boykottiert hatten.
Nur 195 der insgesamt 300 Parlamentarier stimmten dem Amtsenthebungsantrag zu, wie der Vorsitzende der Nationalversammlung, Woo Won Shik, mitteilte. Das erforderliche Quorum wurde also um fünf Stimmen verfehlt. «Folglich erkläre ich, dass die Abstimmung über diese Frage ungültig ist», sagte Woo.
Unklare Anzahl an Demo-Teilnehmern
Yoons Regierungspartei PP verfügt über 108 Mandate. Für die Absetzung des Präsidenten wäre also die Zustimmung von mindestens acht PP-Vertretern erforderlich gewesen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die meisten PP-Abgeordneten den Plenarsaal verliessen, bevor die Abstimmung begann. Nur drei PP-Parlamentarier nahmen an dem Votum teil.
Vor dem Parlament fand unterdessen eine Grossdemonstration gegen den konservativen Staatschef statt. Die Polizei sprach nach Angaben der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap von 150'000 Teilnehmern, die Organisatoren von einer Million.
Präsident entschuldigt sich beim Volk für Verhängen des Kriegsrechts
Unmittelbar vor der Abstimmung über einen Antrag für ein Amtsenthebungsverfahren hat sich der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol bei seinem Volk für das vorübergehende Verhängen des Kriegsrechts entschuldigt. In einer live im Fernsehen übertragenen Rede versprach Yoon zudem, dass es so etwas unter seiner Führung nicht wieder geben werde. Er werde die «rechtliche und politische Verantwortung» für sein Handeln übernehmen und es seiner Partei überlassen, wie lange er im Amt bleiben solle.
Den Chef der Regerierungspartei, Han Dong Hoon, beeindruckte die Entschuldigung des Präsidenten wenig: Er bezeichnete den Rücktritt Yoons wenig später als «unvermeidlich». Der Präsident sei nicht mehr in der Lage, sein Amt effektiv auszuüben, sagte Han laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap.
Oppositionsführer hielt Ankündigung des Kriegsrechts für «Deepfake»
Der Führer der grössten Oppositionspartei Südkoreas, Lee Jae Myung (60), hielt die nächtliche Ankündigung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon Suk Yeol (63) auf den ersten Blick für einen Deepfake, sagte er am Donnerstag gegenüber CNN. «An diesem Abend, nachdem ich von der Arbeit gekommen war, lag ich mit meiner Frau im Bett in unserem Haus … als meine Frau mir plötzlich ein YouTube-Video zeigte und sagte: Der Präsident verhängt das Kriegsrecht», erzählte Lee, der Vorsitzender der liberalen demokratischen Partei (DP) ist.
«Ich antwortete: Das ist ein Deepfake. Es muss ein Deepfake sein. Das kann unmöglich echt sein», ergänzte er. Ein Deepfake bezeichnet eine gefälschte Audio- oder Videodatei, die mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt wurde. Lees Partei will Yoon nach dem Kriegsrechtschaos des Amtes entheben.
Armeechef bot Rücktritt an
Wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtet, hat der Stabschef der Armee, Park An Su (56), nach eigenen Angaben am Mittwoch dem mittlerweile geschassten Verteidigungsminister Kim Yong Hyun (65) seinen Rücktritt angeboten. Ob das Rücktrittsangebot auch für den neuen Verteidigungsminister Choi Byung Hyuk gilt, der zuvor als Botschafter in Saudi-Arabien arbeitete, ist unklar.
Südkoreas Staatschef Yoon Suk Yeol hat zum Schutz seines Landes vor Nordkorea das Kriegsrecht verhängt. «Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen (...) rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus», sagte Yoon am Dienstag in einer live übertragenen Fernsehansprache. Die Opposition habe ohne jede Rücksicht auf das «Auskommen» der Bevölkerung die Regierung «gelähmt».
Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtet, stimmte das südkoreanische Parlament dafür, das Kriegsrecht wieder aufzuheben. Die Frage ist jetzt, ob sich die Armee nach den Forderungen des Präsidenten oder denen des Parlaments richtet.
Yoon ergriff die Massnahme inmitten eines Streits seiner Partei mit der grössten Oppositionskraft, der Demokratischen Partei, über das Haushaltsgesetz für kommendes Jahr. Die Abgeordneten der Opposition, die im Parlament die Mehrheit haben, hatten vergangene Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt.
Parlament sei «ein Zufluchtsort für Kriminelle»
Der Opposition warf Yoon vor, sie kontrolliere das Parlament, sympathisiere mit Nordkorea und lähme die Regierung durch staatsfeindliche Aktivitäten, wie die «South China Morning Post» schreibt.
Das Parlament sei «ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will», sagte Yoon in seiner Ansprache dazu. Er warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates wie etwa die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zusammenzustreichen und damit einen «Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit» zu schaffen.
Parlament wurde abgeriegelt
Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap wurde das Parlament abgeriegelt. In Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie Helikopter auf dem Dach des Gebäudes in der Hauptstadt Seoul landeten. Alle politischen Aktivitäten seien untersagt, berichtete Yonhap weiter.
Wie auf Fotos auf der Plattform X zu sehen ist, sind bewaffnete Sicherheitskräfte in Kampfausrüstung nahe des Eingangs des Gebäudes der Nationalversammlung in Seoul.
Kritik vonseiten der Opposition
Yoon sagte, er habe keine andere Wahl, als zu einer solchen Massnahme zu greifen, um die freie und verfassungsmässige Ordnung zu schützen. Die Oppositionsparteien hätten den parlamentarischen Prozess als Geisel genommen, um das Land in eine Krise zu stürzen.
Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Lee Jae-myung, erklärte indessen, dass Präsident Yoon das Kriegsrecht «illegal und verfassungswidrig» verhängt habe. Laut Berichten wurde der Eingang zum Gebäude der Nationalversammlung geschlossen, sodass die Mitglieder der Nationalversammlung weder ein- noch ausgehen konnten.