Was das Nein für Italien bedeutet
Die Rechten freuen sich zu früh

Italiens Rechte wähnt sich als Sieger der Abstimmung vom Sonntag. Doch hinter dem Nein stehen auch viele Linke. Eine Schweizer Wissenschaftlerin hat das Abstimmungsverhalten analysiert.
Publiziert: 06.12.2016 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:41 Uhr
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Fatale Rücktrittsandrohung: Ex-Premier Matteo Renzi.
Foto: AP Photo/Gregorio Borgia
Guido Felder

Das Nein zu seiner Verfassungsreform treibt den abtretenden italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi auf die Palme. Er wettert: «Ich habe das getan, was ich tun musste. Ich habe gegen die ekelhafteste Kaste gekämpft. Ich habe nicht geglaubt, dass sie mich so hassen.»

Am Boden zerstört: Premierminister Matteo Renzi, im Hintergrund seine Frau Agnese Landini.
Foto: EPA

Céline Colombo vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich ist überzeugt: Das klare Nein muss Renzi auf die eigene Kappe nehmen. Colombo hat das Referendum mit Forschern des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz (I) im Vorfeld analysiert und 2200 Italiener befragt. Ihre Bilanz: «Dass Renzi das Resultat mit seinem Rücktritt verband, war strategisch sehr ungeschickt und für die Abstimmung kontraproduktiv. Ohne die Rücktritts-Androhung hätte die Reform wohl bessere Chancen gehabt.»

Hat sich intensiv mit dem Referendum befasst: Céline Colombo von der Universität Zürich.
Foto: ZVG

Colombo ist trotz des politischen Erdbebens zuversichtlich. «Das Abstimmungsergebnis ist nicht primär ein Erfolg für die Rechtspopulisten, obwohl diese den Erfolg nun für sich reklamieren. Die Gegner sind viel zahlreicher als die Anhänger der Rechten.» Viele Linke und Mitglieder von Renzis Partito Democratico hätten das Referendum abgelehnt, gerade, weil sie bei einem Ja eine Erstarkung der Rechten fürchteten.

Die Verfassungsänderung sah nämlich eine Verkleinerung des Senats vor. Zusammen mit dem neuen Wahlgesetz, das der stärksten Partei automatisch eine Mehrheit von 54 Prozent im Abgeordnetenhaus geben wollte, hätten die erstarkten Rechtspopulisten der Fünf-Sterne-Bewegung einfacher eine absolute Mehrheit im Parlament erlangen können.

Staatspräsident Sergio Mattarella stehen nun drei Lösungen zur Wahl: Renzi zum Bleiben zu überreden, eine mehrheitsfähige Übergangsregierung zu bilden oder Neuwahlen anzusetzen.

Parteien wie die Fünf-Sterne-Bewegung um den Populisten Beppe Grillo oder die Lega Nord pochen auf Neuwahlen, weil sie darin ihre grosse Chance für eine Machtübernahme sehen.

Wird er neuer Ministerpräsident? Pier Carlo Padoan ist erfahren und besonnen.
Foto: Imago

Laut Céline Colombo ist es hingegen wahrscheinlicher,  dass es bis zu den offiziellen Wahlen 2018 eine Übergangsregierung geben wird. Bereits wird der besonnene Finanzminister Pier Carlo Padoan als Kandidat gehandelt.

Wie Italien nach dem schicksalshaften Nein Fragen wie EU- oder Euro-Austritt angehen wird, ist völlig offen. Colombo: «Erst eine neue Regierung und allfällige Neuwahlen werden entscheiden, welchen Weg Italien einschlagen wird.»

Beppe Grillo: Auf ihn hofft Lega-Gobbi

Rom – Die Italiener schickten die von Matteo Renzi ini­tiierte Verfassungsreform bachab. Im Tessin ist man über das Resultat nicht unglücklich. Lega-Staatsrat Norman Gobbi hofft nämlich, dass sich nun das Migrationsproblem löst. Gobbi zu BLICK: «Das Nein ist auch ein Signal gegen die Flüchtlingspolitik. Es ging nicht nur um die Verfassungsreform, sondern auch um den Premierminister und seine Politik. Zum Beispiel wurde das Problem der Flüchtlinge nicht angepackt.» Nach dem Nein hofft Gobbi, dass Vertreter aus der rechten Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo mehr politischen Einfluss bekommen. «Denn so würde die Flüchtlings­politik endlich angepackt und die Flüchtlingsströme würden eingedämmt.»

Lega-Staatsrat Norman Gobbi.
Yvonne Leonardi

Rom – Die Italiener schickten die von Matteo Renzi ini­tiierte Verfassungsreform bachab. Im Tessin ist man über das Resultat nicht unglücklich. Lega-Staatsrat Norman Gobbi hofft nämlich, dass sich nun das Migrationsproblem löst. Gobbi zu BLICK: «Das Nein ist auch ein Signal gegen die Flüchtlingspolitik. Es ging nicht nur um die Verfassungsreform, sondern auch um den Premierminister und seine Politik. Zum Beispiel wurde das Problem der Flüchtlinge nicht angepackt.» Nach dem Nein hofft Gobbi, dass Vertreter aus der rechten Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo mehr politischen Einfluss bekommen. «Denn so würde die Flüchtlings­politik endlich angepackt und die Flüchtlingsströme würden eingedämmt.»

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