Der Sonderermittler Robert Mueller (73) will herausfinden, ob Russland bei den letzten US-Wahlen mitgemischt hat. Dazu hat er auch Fragen an Donald Trump (71) – und zwar eine ganze Reihe. Die «New York Times» hat eine Liste von 49 Fragen veröffentlicht, die Mueller dem US-Präsidenten stellen möchte.
Die Mehrheit dreht sich um eine mögliche Justizbehinderung. Trump müsste erklären, wieso er FBI-Chef Comey gefeuert hat und was er über die Russland-Verbandelungen des Justizministers Jeff Sessions, des Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn und seines Wahlkampfteams wusste.
Der US-Präsident hat ungehalten auf die Veröffentlichung reagiert. Auf Twitter schreibt er: «Es wäre wirklich schwierig, die Justiz bei einem Verbrechen zu behindern, das nie passiert ist. Hexenjagd!» Dass dies so nicht stimmt, kümmert Trump wenig: Justizbehinderung ist selbst ein Verbrechen, unabhängig vom Hintergrund.
Entstanden ist die Liste im Januar. Muellers Ermittler verhandelten mit Trumps Anwälten über eine mögliche Befragung des US-Präsidenten und willigten ein, bei einem Treffen über den Inhalt einer Befragung Auskunft zu geben. Dort hat sich das Trump-Team die Fragen aufgeschrieben.
«Trump hört eher zu, wenn es im Fernsehen kommt»
Doch wie kam der Katalog an die Öffentlichkeit? Laut «New York Times» stammt er von «ausserhalb des Umfelds von Trumps Anwälten». In US-Medien kursieren zwei Theorien: Entweder schlampten Trumps Anwälte, und das Dokument geriet in falsche Hände – und von dort zur Presse.
Viel wahrscheinlicher scheint es jedoch, dass Trumps Lager selbst den Katalog den Medien zugespielt haben. Denn Trump hat mehrfach angedeutet, dass er Mueller gerne Auskunft geben wolle. Er erhofft sich davon, die Affäre möglichst schnell hinter sich zu bringen. Keine gute Idee, finden seine Anwälte. Trump, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, könnte sich verheddern und ernsthaft in Schwierigkeiten bringen.
In vollem Wissen um den medialen Aufruhr haben die Anwälte das Dokument wohl der «New York Times» zugespielt. Es wäre nicht das erste Mal. Wie die «Washington Post» berichtet, lassen Trump-Mitarbeiter Gäste auf seinem Lieblingssender «Fox» bestimmte Dinge sagen, wenn die ihn persönlich davon nicht überzeugen können. Ein hochrangiger Mitarbeiter sagt: «Trump hört eher zu, wenn es im Fernsehen kommt.»
Die brisantesten Mueller-Fragen
Der Fragenkatalog wirft ein interessantes Licht auf die Ermittlungen von Robert Mueller – und gibt Hinweise darauf, dass der Sonderermittler bereits brisante Informationen in Erfahrung gebracht hat. BLICK erläutert die wichtigsten Fragen auf der Liste.
«Was war der Zweck des Dinners vom 27. Januar 2017 mit Herrn Comey, und was wurde gesagt?»
Ein schicksalhafter Abend: Der US-Präsident lädt zum Dinner und verlangt vom damaligen FBI-Chef James Comey Loyalität. So zumindest schildert es Comey in seinem Buch. Doch wie ist Trumps Version? Eine weitere Frage will Klarheit über ein Treffen vom Februar: Trump soll Comey gebeten haben, die Russland-Untersuchung zum damaligen Sicherheitsberater Michael Flynn fallen zu lassen.
«Was war der Zweck Ihres Tweets vom 12. Mai 2017?»
Ja, auch für seine Tweets muss Trump geradestehen. Nach dem Dinner deutete Trump auf dem Kurznachrichtendienst an, dass es möglicherweise Aufnahmen vom Gespräch der beiden gebe. Comey reagierte gelassen: «Gott, ich hoffe, dass es Aufnahmen gibt», sagte er. Aufgetaucht ist nie etwas.
«Was haben Sie damit gemeint, als Sie russischen Diplomaten am 10. Mai 2017 sagten, dass die Entlassung von Comey den Druck genommen hat?»
Nach der Entlassung empfing Donald Trump russische Diplomaten. Dort deutete er an, dass er Comey wegen den Russland-Ermittlungen des FBI gefeuert hat. «Ich habe gerade den FBI-Direktor entlassen. Er war verrückt, ein Spinner», soll Trump laut «New York Times» gesagt haben. «Ich stand unter grossem Druck wegen Russland. Davon bin ich jetzt befreit.»
«Was wussten Sie über Kontakte Ihres Wahlkampf-Teams, einschliesslich Paul Manafort, zu Russland betreffend einer möglichen Hilfe im Wahlkampf?»
Die Frage sticht ins Auge, weil Trumps ehemaliger Kampagnenchef Paul Manafort namentlich erwähnt wird. Eine solche Verbindung Manaforts ist noch nicht bekannt – weiss Mueller etwa mehr?
«Haben Sie darüber gesprochen, ob Herr Sessions Sie beschützen würde, und erwähnten Sie ehemalige Justizminister?»
Der US-Justizminister Jeff Sessions ist wegen Befangenheit bei den Russland-Ermittlungen in den Ausstand getreten. Trump soll ihm daraufhin vorgeworfen haben, nicht loyal zu sein.
Trump hat sich begeistert über Barack Obamas Justizminister Eric Holder geäussert, der Obama «total beschützt» habe.
«Was wussten Sie über Kommunikation zwischen Roger Stone, seinen Vertrauten, Julian Assange oder Wikileaks?»
Stone ist ein enger Vertrauter Trumps. Er soll einen Draht zu Wikileaks haben, wo gehackte E-Mails der US-Demokraten veröffentlicht wurden. Hatte der US-Präsident etwas mit der Geschichte zu tun?