Warum kuscht der US-Präsident vor den Rechtsradikalen?
Darum ist Trump auf dem rechten Auge blind

Am Wochenende marschierten in Charlottesville Amerikas radikale Rechte auf. Trotz der heftigen Krawalle bleibt Präsident Trump wortkarg. Aber woher die plötztliche Zurückhaltung?
Publiziert: 14.08.2017 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:35 Uhr
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US-Präsident Trump will sich – im Gegensatz zu Tochter Ivanka – einfach nicht von den Neonazis distanzieren.
Foto: KEVIN LAMARQUE
Michael Sahli und Andrea Cattani

US-Präsident Donald Trump (71) ist ein Mann der deutlichen Worte. Eigentlich. Aber nach den Neonazi-Krawallen von Charlottesville mit drei Toten gibt sich der 71-Jährige zurückhaltend. Verurteilt zuerst lauwarm «die Gewalt von vielen Seiten».

Erst nach zwei Tagen und öffentlichem Druck ringt sich Trump zu einem «Rassismus ist böse» gestern vor den Medien in Washington durch. Der Ku Klux Klan, Neonazis und die so genannte Alt-Right-Bewegung seien abstossend. Dass sich ausgerechnet Trump vorerst weigerte Stellung zu nehmen, kommt auch bei der eigenen Partei nicht gut an. Warum also die Beisshemmung gegen rechtsaussen?

Einerseits ist die «Alt-Right»-Bewegung, also die «Alternative Rechte», ein nur lose organisiertes Sammelbecken für alle möglichen extremen und weniger extremen Gruppierungen. Und ist darum, bis auf einige Aushängeschilder, nur schwer zu erfassen. Detlef Junker ist Historiker und Leiter des «Heidelberg Center for American Studies».

Seine Einschätzung: «An solchen Anlässen vermischen sich die Ideologien der Gruppierungen stark.» Und weiter: «Erklärte Nationalisten, Patrioten und Regierungskritiker gehen Seite an Seite mit Mitgliedern rassistischer und gewaltbereiter Organisationen.» Gemeinsamer Nenner: Man fühlt sich von der republikanischen Partei nicht vertreten. Nur mühsam bröseln die US-Medien momentan auseinander, wer am Samstag mitprügelte – und mit welcher Motivation.

Trump betonte am Wochenende, diese Gewalt gebe es «schon seit langer Zeit». Und bekommt recht vom Experten: «Die Bewegung ist kein neues Phänomen. Seit einiger Zeit findet aber eine zunehmende Vernetzung statt – besonders über das Internet.»

Klare Verbindung zwischen Trump und der «Alt-Right»-Bewegung

Ein weiterer Grund für Trumps ungewohnte Zurückhaltung: Es führt eine direkte Linie vom Präsidenten zur «Alt-Right»-Bewegung, so USA-Experte Junker: «Die Demonstranten haben Trump unmissverständlich daran erinnert, dass sie ihn gewählt haben.»

Die Verbindung zwischen Trump und «Alt-Right» zeigt sich am deutlichsten bei der Personalwahl des Weissen Hauses. Mit Steve Bannon holte er eines der Aushängeschilder der Bewegung ins Weisse Haus. Bannons ultrarechtes Nachrichtennetzwerk «Breitbart» hat dieser einst selber als «Plattform der Alt-Right-Bewegung» betitelt, mit dem Ziel, «die Ideologie zu verbreiten».

Im Wahlkampf rannte Trump bei der neuen Rechten dann offene Türen ein. Und profitierte von deren massiver Echokammer im Internet. Slogans wie «America first» und Tiraden gegen Ausländer und Muslime holten genau diese Klientel ab – und verhalfen Trump zum Wahlsieg. Auch Trumps Distanz zu der eigenen Partei kam bei den Extremisten gut an. Am Samstag liessen die Prügler denn auch keinen Zweifel, wer ihr politisches Idol ist – bis hin zu «Heil Trump»-Rufen.

Für die Zukunft sieht Historiker Junker viel Konfliktpotenzial: «Die rechten Extremisten verspüren Aufwind und suchen offen den Konflikt. Charlottesville wird darum kein einmaliger Vorfall bleiben.»

Die wichtigsten Akteure der rechten US-Szene

Richard Spencer (39) – der Rassenfanatiker
Der 39-Jährige war eines der Aushängeschilder der Krawalle in Charlottesville – und will der Erfinder des Begriffs «Alt-Right» sein. Seine Gegner rechnen den Polit-Aktivisten der «White Supremacy»-Bewegung zu, einer Gruppe, die sich für die Vorherrschaft der Weissen in den USA einsetzt. Spencer benutzt immer wieder Begriffe, die an die Nazizeit angelehnt sind («Heil Trump, heil Sieg!») – und unterstützte Trumps Kandidatur von Beginn weg. Von Trump-Berater Steve Bannon wurde die Homepage von Spencer als «ein Zentrum des Gedankenguts der alternativen Rechten» bezeichnet.

David Duke (67) – der Mann vom Ku-Klux-Klan
Duke sagte am Wochenende, die Prügel-Protestierer von Charlottesville würden «Trumps Wahlkampfversprechen einlösen» und «das Land zurückerobern». Duke ist ein alter Hase der rechten Szene: Der Politiker, Holocaust-Leugner und Buchautor betätigte sich schon seit den 70er-Jahren beim rassistischen Ku-Klux-Klan, schrieb Bücher über Rassentrennung. Wegen seiner radikalen Parolen und seines Neonazi-Vokabulars verhängten mehrere europäische Länder Einreisesperren gegen Duke – darunter auch die Schweiz.

Steve Bannon (63) – das Bindeglied
Bannon gilt als Bindeglied zwischen Trump und der «Alt-Right»-Bewegung. Der ehemalige Investmentbanker und Filmproduzent war Mitgründer des rechtsextremen Nachrichtennetzwerks «Breitbart», das er selber als «Plattform der alternativen Rechten» betitelte. Er unterstützte Trump von Beginn weg, was «Breitbart» zu einem Lieblingsmedium des heutigen US-Präsidenten machte. Und Trump wohl viele Stimmen aus der Szene gebracht haben dürfte. Nach der Wahl wurde Bannon mit dem neu geschaffenen Posten als «Chefstratege» belohnt.

Jason Kessler (34) – der Organisator
Jason Kessler stammt aus dem Städtchen Charlottesville und hat die Demonstration vom Wochenende mitorganisiert. Der 34-Jährige ist Präsident der Organisation «Einheit und Sicherheit für Amerika». Die Gruppierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, «die westliche Zivilisation zu verteidigen». Am Sonntag kam die Gewalt übrigens zu Kessler zurück: Als er während einer Pressekonferenz in Charlottesville der Polizei und den Behörden die Schuld für die Eskalation mit drei Toten gab, wurde er von Gegendemonstranten mit Gewalt von der Bühne vertrieben.

Michael Tubbs – der Prügler
Der Mann mit den langen Haaren wurde bei verschiedenen Prügeleien in Charlottesville fotografiert – und von Gegendemonstranten als Rädelsführer identifiziert. Verifizierte Informationen zu Tubbs sind rar, verschiedene Menschenrechtler haben ihn aber auf den Fotos erkannt. Tubbs soll im Gefängnis gewesen sein, weil er einen Bombenanschlag geplant haben soll, gilt als ultra-radikal und gewaltbereit. Zudem soll er für den Ku-Klux-Klan Waffen gestohlen haben. Heute ist er Mitglied der «League of the South», die das Rad der Zeit zurückdrehen will: Die Südstaaten sollen sich von den USA abspalten und eine unabhängige Republik werden.

Richard Spencer (39) – der Rassenfanatiker
Der 39-Jährige war eines der Aushängeschilder der Krawalle in Charlottesville – und will der Erfinder des Begriffs «Alt-Right» sein. Seine Gegner rechnen den Polit-Aktivisten der «White Supremacy»-Bewegung zu, einer Gruppe, die sich für die Vorherrschaft der Weissen in den USA einsetzt. Spencer benutzt immer wieder Begriffe, die an die Nazizeit angelehnt sind («Heil Trump, heil Sieg!») – und unterstützte Trumps Kandidatur von Beginn weg. Von Trump-Berater Steve Bannon wurde die Homepage von Spencer als «ein Zentrum des Gedankenguts der alternativen Rechten» bezeichnet.

David Duke (67) – der Mann vom Ku-Klux-Klan
Duke sagte am Wochenende, die Prügel-Protestierer von Charlottesville würden «Trumps Wahlkampfversprechen einlösen» und «das Land zurückerobern». Duke ist ein alter Hase der rechten Szene: Der Politiker, Holocaust-Leugner und Buchautor betätigte sich schon seit den 70er-Jahren beim rassistischen Ku-Klux-Klan, schrieb Bücher über Rassentrennung. Wegen seiner radikalen Parolen und seines Neonazi-Vokabulars verhängten mehrere europäische Länder Einreisesperren gegen Duke – darunter auch die Schweiz.

Steve Bannon (63) – das Bindeglied
Bannon gilt als Bindeglied zwischen Trump und der «Alt-Right»-Bewegung. Der ehemalige Investmentbanker und Filmproduzent war Mitgründer des rechtsextremen Nachrichtennetzwerks «Breitbart», das er selber als «Plattform der alternativen Rechten» betitelte. Er unterstützte Trump von Beginn weg, was «Breitbart» zu einem Lieblingsmedium des heutigen US-Präsidenten machte. Und Trump wohl viele Stimmen aus der Szene gebracht haben dürfte. Nach der Wahl wurde Bannon mit dem neu geschaffenen Posten als «Chefstratege» belohnt.

Jason Kessler (34) – der Organisator
Jason Kessler stammt aus dem Städtchen Charlottesville und hat die Demonstration vom Wochenende mitorganisiert. Der 34-Jährige ist Präsident der Organisation «Einheit und Sicherheit für Amerika». Die Gruppierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, «die westliche Zivilisation zu verteidigen». Am Sonntag kam die Gewalt übrigens zu Kessler zurück: Als er während einer Pressekonferenz in Charlottesville der Polizei und den Behörden die Schuld für die Eskalation mit drei Toten gab, wurde er von Gegendemonstranten mit Gewalt von der Bühne vertrieben.

Michael Tubbs – der Prügler
Der Mann mit den langen Haaren wurde bei verschiedenen Prügeleien in Charlottesville fotografiert – und von Gegendemonstranten als Rädelsführer identifiziert. Verifizierte Informationen zu Tubbs sind rar, verschiedene Menschenrechtler haben ihn aber auf den Fotos erkannt. Tubbs soll im Gefängnis gewesen sein, weil er einen Bombenanschlag geplant haben soll, gilt als ultra-radikal und gewaltbereit. Zudem soll er für den Ku-Klux-Klan Waffen gestohlen haben. Heute ist er Mitglied der «League of the South», die das Rad der Zeit zurückdrehen will: Die Südstaaten sollen sich von den USA abspalten und eine unabhängige Republik werden.

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