Die Bilder gingen um die Welt. Ob auf Sardinien, in der Toskana, an der ligurischen Küste – in den Nobel-Häfen Italien versiegeln Beamte der Guardia di Finanza reihenweise Superyachten. Supervillen und Superlimousinen werden gestürmt. Vor laufenden TV-Kameras. Die Schätze gehören superreichen Russen, die auf den europäischen Sanktionslisten stehen. 680 Freunde Putins sind im Visier der EU-Behörden, darunter 26 Milliardäre. Viele von ihnen lebten eine Dolce Vita, bevor der Kreml seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann.
Italien fackelte nicht lange. Bereits im März wurden die ersten Yachten sichergestellt. Im ligurischen Imperia kassierte die Finanzpolizei die «Lady M» (Wert 65 Mio. Euro) von Oligarch und Tui-Grossaktionär Alexei Mordaschow (56) ein. Kurz darauf folgte in Sanremo die Beschlagnahme der «Lena» (Wert 50 Mio. Euro). Besitzer: Gennadi Timtschenko (69), Gründer der Volga-Group. Auch in Triest schlugen die Beamten zu. Da ging es um die «Sy A», der grössten Segelyacht der Welt. Das über 500 Mio. Euro schwere Schiff gehört dem russischen Geschäftsmann Andrei Igorewitsch Melnitschenko (50), der in St. Moritz GR lebt. Schliesslich sorgte der Fang der «Sheherazade» in der Marina von Carrara für Schlagzeilen, vermutetes Schätzchen vor Wladimir Putin (69) höchstpersönlich im Wert von knapp 700 Mio. Euro.
Segelyacht kostet bis zu 30'000 Euro am Tag
Doch mit dem Versiegeln ist es nicht getan. Sie Superyachten müssen gewartet werden. Sie sind teuer versichert und haben Personal an Bord, das nun nicht mehr von den Eigentümern bezahlt werden kann. Zudem fallen Hafengebühren an. Die Kosten bleiben am italienischen Staat hängen.
Allein der Dreimaster «Sy A» koste mit der 30-köpfigen Belegschaft täglich 20'000 bis 30'000 Euro, schreibt «La Repubblica». Die Güter der Sanktionierten sind «eingefroren», nicht aber «konfisziert». Das heisst, irgendwann müssten sie den Besitzern zurückgegeben werden – picobello und in jenem Zustand, wie sie bei der Beschlagnahme waren. Das zumindest fordern die italienischen Anwälte der kaltgestellten Oligarchen. Die zuständige nationale Immobilienagentur «Agenzia del Demanio» reicht die heisse Kartoffel weiter an das Finanz- und Wirtschaftsministerium in Rom, das nun die Zeche übernehmen soll.
Auch Villen und Luxusautos der Oligarchen wurden beschlagnahmt
Italiens Behörden haben auch Villen und Luxuskarossen einkassiert. Da wären beispielsweise die Immobilien auf Sardinien von Metalloinvest-Gründer Alischer Usmanow (68), von Banker und Putin-Freund Petr Olegowitsch Awen (66) sowie die «Villa Lazzareschi» in der Provinz Lucca vom russischen Abgeordneten Oleg Sawtschenko (74). Ihre Anwesen sind mehrere Hundert Millionen Euro wert. Sie alle beschäftigten Dienstboten, Gärtner, Sicherheitspersonal – nun auf Kosten des Staates.
Am Comersee wurden die beschlagnahmten Villen des russischen TV-Moderators Wladimir Solowjew (58) Ziel von Vandalakten. Putin-Gegner hatten versucht, mit Gummi-Reifen eines der Häuser anzuzünden. Das andere wurde mit Schmähschriften beschmiert, der Pool mit blutroter Farbe gefüllt. Laut einem nationalen Dekret von 2007 müssen «eingefrorene» Güter geschützt und gepflegt werden. Also kommt der italienische Staat auch für anfallende Schäden auf.