Der Neonazi Stephan E. (45), Tatverdächtiger im Mordfall um den Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, soll einem Medienbericht zufolge in seinem inzwischen zurückgezogenen Geständnis angegeben haben, die Tat schon seit Jahren erwogen zu haben.
Mindestens zwei Mal, 2017 und 2018, sei Stephan E. demnach zum Politiker Lübcke gefahren, mit der Waffe in der Tasche, berichten «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR am Sonntag online. Hinterher sei er der zurückgezogenen Schilderung zufolge froh gewesen, die Tat nicht ausgeführt zu haben. Als er Lübcke schliesslich am 2. Juni doch ermordet habe, sei dies wortlos geschehen.
Walter Lübcke (†65) kam wegen seiner Flüchtlings-Politik in die Kritik
Anlass war möglicherweise eine Informationsveranstaltung über die Aufnahme von Flüchtlingen 2015, bei der Lübcke gesagt hatte, wer «die Werte» nicht teile, könne das Land verlassen. Ausschlaggebend für die Idee seien dann die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 gewesen, aber auch der islamistische Anschlag mit mehr als 80 Toten 2016 in Nizza.
Das alles Neonazi Stephan E. ihn ungeheuer aufgewühlt, sagte der Inhaftierte den Angaben zufolge in seiner ursprünglichen Darstellung. Den Ausschlag gegeben habe dann der Mord von Islamisten an zwei jungen Frauen aus Norwegen und Dänemark im vergangenen Dezember in Marokko.
Aus der rechtsextremistischen Szene soll sich der Mann laut seiner zurückgezogenen Aussage zwischenzeitlich gelöst haben, und zwar nach seiner Verurteilung wegen eines Angriffs auf Gewerkschafter 2009 in Dortmund, berichteten die Medien. Die Entscheidung, sich Waffen zu besorgen, habe er demnach bereits 2014 getroffen - um seine Familie vor der angeblich überhandnehmenden Kriminalität von Ausländern zu schützen.
Neonazi Stephan E. (45) auf Krankenabteilung verlegt
Im zurückgezogenen Geständnis habe der Tatverdächtige auch angegeben, der Mord tue ihm «unendlich leid», niemand solle für seine Worte sterben müssen. Was er Lübckes Familie angetan habe, sei «unverzeihlich», zitierten die Medien seine ursprüngliche Aussage. In der Untersuchungshaft soll Stephan E. laut den Berichten von Depressionen berichtet haben und inzwischen auf die Krankenabteilung verlegt worden sein.
Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war am 2. Juni erschossen worden. Unter Verdacht steht der 45-Jährige aus Kassel. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der Verdächtige hatte nach Angaben des Generalbundesanwalts Peter Frank zunächst gestanden, Lübcke getötet zu haben; später widerrief er sein Geständnis. (rad/SDA)
*Name der Redaktion bekannt