Wahlsieger Geert Wilders (60) will «die Niederlande den Niederländern zurückgeben»
Weiche Haare, sanftes Gesicht, knallharte Politik

Die Niederlande schlagen einen radikalen Rechtskurs ein: Der umstrittene Geert Wilders hat die Wahlen klar gewonnen und wird möglicherweise neuer Ministerpräsident. Wir zeigen, wie der ständig unter Schutz stehende Extrem-Politiker tickt.
Publiziert: 23.11.2023 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 17:14 Uhr
Der umstrittenste Politiker ist auch der erfolgreichste: Geert Wilders hat die Wahlen gewonnen.
Foto: keystone-sda.ch
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Guido FelderAusland-Redaktor

Seine Haare sind weich, seine Gesichtszüge sanft. Doch keiner hat in den Niederlanden eine derart scharfe Zunge wie Geert Wilders (60). Seit Jahrzehnten drischt der Politiker – auch «Dutch Donald Trump» genannt – auf den Klimaschutz, die EU und die muslimischen Zuwanderer ein. Er fordert sogar ein Verbot des Korans, den er mit Hitlers «Mein Kampf» vergleicht. 

Jetzt hat der Vertreter der rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV) die Parlamentswahlen laut Hochrechnungen klar gewonnen. Er dürfte seinen Sitzanteil im 150-köpfigen Parlament auf voraussichtlich 37 mehr als verdoppelt haben.

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Zeigt den neuen Kurs an: Geert Wilders ist der Sieger der niederländischen Parlamentswahlen.
Foto: Getty Images

Findet Wilders geeignete und willige Koalitionspartner, dürfte er nach 25 Jahren im Parlament sogar Ministerpräsident werden. Sein Versprechen: Er will «die Niederlande den Niederländern zurückgeben» und sie über einen Austritt aus der EU – den Nexit – abstimmen lassen. 

Wegen Morddrohungen unter Schutz

Seine nationalistische Einstellung hat ihn schon mehrmals in Lebensgefahr gebracht. Seit Jahren steht er wegen Morddrohungen unter Schutz und änderte angeblich zeitweise jede Nacht seinen Aufenthaltsort. Zu weltweiten Protesten kam es 2018, als Wilders einen Wettbewerb zur Suche der besten Karikatur des Propheten Mohammed ankündigte. 

Unablässig kritisiert Wilders die muslimischen Einwanderer. Im Wahlkampf versprach er einen Asylstopp und «keine islamischen Schulen, Korane und Moscheen». Einige Zeit zuvor hatte er auch eine «Kopflumpen-Steuer» gefordert, eine Abgabe für Frauen, die ein Kopftuch tragen.

Weil er eine Gefahr für «die Harmonie in der Gemeinschaft und damit für die öffentliche Sicherheit» darstelle, verweigerte ihm 2009 die linke britische Innenministerin Jacqui Smith (61) die Einreise. Wilders war von einem britischen Politiker des Oberhauses eingeladen worden, seinen 15-minütigen Film «Fitna» zu zeigen. Der Film, der den Koran als «faschistisches Buch» kritisiert, verknüpft Koranverse mit Aufnahmen von Terroranschlägen. Auch dieser Film führte weltweit zu Protesten von Muslimen. 

Mehrmals vor Gericht

Wilders, der als «Erbe» des 2002 erschossenen Rechtspopulisten Pim Fortuyn (†54) betrachtet wird, politisiert oft an der Grenze der Legalität. Nach «Fitna» wurde er 2010 wegen Volksverhetzung angeklagt, jedoch freigesprochen. Als er 2014 seinen Fans zuschrie, ob sie mehr oder weniger Marokkaner wollten und dass er das regeln werde, kam er erneut vor Gericht. Auch hier wurde er vom Vorwurf der Anstachelung zum Hass und zur Diskriminierung freigesprochen und lediglich wegen Beleidigung verurteilt. 

Wilders hat zwei Schwestern und einen Bruder, mit dem er sich verkracht hat, weil dieser ihn immer wieder öffentlich kritisiert. Paul Wilders (69) sagt in einem «Spiegel»-Interview über den Jüngsten der Familie: «Er verbreitet Hass.» Sein Bruder beschimpfe Einwanderer, vergesse aber, dass bei ihm selber ausländisches Blut in den Adern fliesse, schrieb Paul Wilders auf X. So stammten die familiären Wurzeln und der Nachname aus Deutschland und die Mutter aus Indonesien. Paul schreibt über die Wilders-Familie: «Wir sind alles Migranten.»

Ausländerin als Frau

Auch bei der Wahl seiner Partnerin hat sich Geert Wilders ausserhalb der Niederlande umgesehen. Seine Frau Krisztina Marfai, über die nicht viel bekannt ist, ist eine ungarische Diplomatin jüdischer Herkunft, die er 1992 in Budapest geheiratet hat. Aus Sicherheitsgründen sehen sich die beiden laut Medienberichten nicht oft. Kinder haben sie nicht, dafür zwei Katzen mit eigenen Kanälen auf sozialen Medien. 

Nach Jobs bei Versicherungen hatte Geert Wilders Rechtswissenschaften studiert. Wie Trump ist er ein grosser Fan von Israel, wo er als Jugendlicher einige Monate in der Siedlung Moschaw Tomer gearbeitet hatte. Er ist römisch-katholisch getauft worden, trat aber aus der Kirche aus und bezeichnet sich heute als Agnostiker. 

Die Niederlande haben gewählt, weil die Regierungskoalition unter Ministerpräsident Mark Rutte (56) am 7. Juli zerbrochen war. Streitpunkt war die Diskussion über den Nachzug von Angehörigen von Migranten. Die Antworten auf diese Streitfrage und auf andere Migrationsfragen sind jetzt definitiv gegeben. Die Wahlberechtigten haben mit dem Wahlsieg von Geert Wilders ein Machtwort darüber gesprochen, wohin sie ihr Land lenken wollen. 

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