Im Kampf um seine Wiederwahl hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (69) zahlreiche Erleichterungen für Bürgerinnen und Bürger versprochen. Der 69-Jährige sagte am Dienstag zum Wahlkampfauftakt seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara Energiesubventionen, Gehaltserhöhungen und Steuersenkungen zu. Die Gehälter von Beamten sowie Renten würden regelmässig über das Niveau der Inflation erhöht.
Auch der öffentliche Verkehr soll verbessert werden: «Wir werden eine Super-Hochgeschwindigkeitszuglinie zwischen Ankara und Istanbul einrichten», sagte der amtierende Präsident.
Die Inflation, die in Erdogans Amtszeit massiv gestiegen ist und derzeit bei 50 Prozent liegt, werde er auf eine einstellige Prozentzahl senken. Wie er das erreichen möchte, sagte Erdogan nicht.
Erdogan muss um Wiederwahl bangen
Die Wahlen am 14. Mai gelten als Bewährungsprobe für Erdogan, der seit 20 Jahren an der Macht ist. Die Türkei kämpft neben massiver Inflation mit hoher Arbeitslosigkeit. Nach den schweren Erdbeben Anfang Februar war zudem Kritik am Krisenmanagement der Regierung laut geworden. Umfragen zufolge muss Erdogan um seine Wiederwahl bangen.
Erdogan hat seit Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren weitreichende Befugnisse. Bei dem Auftritt in Ankara verbat er sich Kritik am System, räumte aber indirekt auch Mängel ein. Man werde das Präsidialsystem «restaurieren», sagte er.
Gegner deckt Erdogan mit Vorwürfen ein
Aussichtsreichster von drei Gegenkandidaten ist der Chef der Mitte-Links Partei CHP, Kemal Kilicdaroglu (74). Der 74-Jährige tritt für ein breites Oppositionsbündnis unterschiedlicher politischer Lager an.
Kilicdaroglu hatte Erdogan vor kurzem vorgeworfen, realitätsfern zu sein. In einem Wahlkampf-Video hielt er eine Zwiebel in die Kamera und sagte: «Das steht auf der Tagesordnung unser Bürger.» Zwiebeln waren in der Türkei zuletzt besonders teuer. Wenn er an die Macht komme, werde er das Land demokratisieren und für neue Investitionen sorgen, versprach Kilicdaroglu. Sowohl die Regierung als auch die Opposition versprechen den schnellen Aufbau der Erdbebenregion.
Erdbeben erschweren Wahlen
Bei zwei schweren Erdbeben am 6. Februar waren in der Südosttürkei mehr als 50'000 Menschen ums Leben gekommen. Millionen Menschen sind obdachlos. Wegen der grossen Zerstörung finden die Wahlen in den betroffenen Provinzen unter erschwerten Bedingungen statt, sagte der Vorsitzende der unabhängigen Beobachterorganisation Oy ve Ötesi (Stimmen und mehr), Ertim Orkun, der Deutschen Presse-Agentur.
Die Sorge um Wahlbetrug teile er aber nicht. «Die Sicherheit der Wahl liegt in unseren Händen», sagte Orkun. Wenn an jeder Urne Beobachter seien, um den Prozess zu verfolgen, gebe es keinen Spielraum für Betrug.
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Nach Angaben der Wahlbehörde haben sich etwa 100'000 Betroffene in den Erdbebenregionen in anderen Provinzen für die Wahl registriert. Hunderttausende haben die Erdbebenregion verlassen. Wie viele zur Wahl am 14. Mai in ihre Heimatregion zurückkehren, ist unklar.
Rund 60,9 Millionen Menschen sind nach offiziellen Angaben in der Türkei wahlberechtigt, weitere rund 3,3 Millionen im Ausland. Türken im Ausland können schon ab dem 27. April ihre Stimme abgeben. (SDA)