«Wenn jetzt nicht alle Weichen auf Klimaschutz gestellt werden, dann landen wir in einer 2,7-Grad-Welt», sagte Baerbock, die auch um Stimmen Unentschlossener warb. FDP-Chef Christian Lindner warnte vor einer Politik, die auf Verbote und Verzicht setzt statt auf modernere Technologien.
Beide Parteien könnten nach letzten Umfragen Juniorpartner in einer Regierung sein, die von der SPD unter Olaf Scholz oder der Union unter Armin Laschet geführt werden könnte. Die FDP will sich dabei eine möglichst starke Verhandlungsposition verschaffen und die Grünen noch überholen, mindestens aber den Abstand verringern.
Lindner kritisierte scharf Pläne der Grünen und nannte Lastenfahrräder als Beispiel. «Klimaschutz by Bullerbü wird aber niemals ein Exportschlager für die Welt sein», sagte er und bezog sich damit auf das dörfliche Idyll in den Kinderbüchern Astrid Lindgrens. «German engineered Klimaschutz hingegen kann bei uns Jobs schaffen und woanders die Erderwärmung bekämpfen.» Die Partei beschloss einen Wahlaufruf, der Ziele und Kurs der FDP in möglichen Koalitionsverhandlungen bestimmt.
Der Grünen-Co-Parteichef Robert Habeck nutzte seine Rede zu einer Generalabrechnung mit der deutschen Politik und dem Wahlkampf. «Wir sind steckengeblieben in dämlichen, in dummen Debatten, die von den politischen Mitbewerbern immer wieder hochgezogen wurden und die eigentliche Diskussion verstellt haben», sagte er. Die eigentlichen Herausforderungen der Gegenwart seien in den vergangenen Monaten nicht diskutiert worden. Das Bundesverfassungsgericht habe zu Beginn des Wahlkampfes in einem Urteil zum Klimaschutzgesetz eigentlich die Voraussetzung für einen Wettbewerb um die besten Ideen geschaffen. Denn die Richter hätten damals gesagt: Wer das Klima schützt, schützt die Freiheit. «Wir waren also an einem Punkt, wo der Wahlkampf die Chance hatte, eine neue Zeit zu prägen, eine neue Diskussion zu prägen. Stattdessen wurden Popänze aufgebaut.» Habeck bemängelte, die deutsche Politik verkenne die Herausforderungen der Zeit, etwa bei Klimaschutz und Digitalisierung. «Der Stolz auf die eigenen Fehlleistungen, das ist das Unerträglichste.»
Unterdessen hat die Union in einer Insa-Umfrage leicht zugelegt, liegt aber noch immer fünf Prozentpunkte hinter der SPD. Die Sozialdemokraten mit Scholz liegen im «Sonntagstrend» für die «Bild am Sonntag» unverändert bei 26 Prozent. Die Union mit Laschet kommt auf 21 Prozent, ein Prozentpunkt mehr als in der Vorwoche. Die Grünen folgen mit deutlichem Abstand, die Partei verharrt bei 15 Prozent. Die FDP büsst demnach einen Punkt ein und liegt bei 12 Prozent. Die AfD steht unverändert bei 11 und die Linke bei 6 Prozent. Die sonstigen Parteien kommen gemeinsam auf 9 Prozent. Auch bei anderen Umfrageinstituten hat die SPD weiter die Nase vorn.
Laschet zeigte sich am Wochenende entschlossen zur Aufholjagd. «Das ist eine sehr knappe Wahl, ein sehr knappes Rennen», sagte er schon am Samstag am Rande einer Wahlkampfveranstaltung im nordrhein-westfälischen Delbrück-Steinhorst. Scholz versprach mehr und billigere Wohnungen. Er würde als Kanzler voranbringen, dass jedes Jahr 400 000 neue Wohnungen gebaut würden, davon 100 000 Sozialwohnungen, sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung am Münchner Marienplatz am Samstag.
Die Co-Chefin der Linken und Spitzenkandidatin, Janine Wissler, forderte SPD und Grüne auf, offen für eine linke Koalition nach der Bundestagswahl zu sein. «SPD und Grüne müssen überlegen, wie ernst ihnen ihr eigenes Wahlprogramm ist», sagte Wissler dem Nachrichtenportal watson. Scholz und Baerbock müssten sich überlegen, «ob sie lieber Kompromisse nach rechts machen als nach links».
(SDA)