Nach der grundsätzlichen Einigung auf das Ziel einer Waffenruhe im Syrien-Konflikt müssten noch etliche Einzelheiten geklärt werden, erklärten die Aussenminister beider Länder, John Kerry und Sergej Lawrow, am späten Freitagabend nach mehr als zwölfstündigen Verhandlungen in Genf.
In diplomatischen Kreisen hiess es gemäss der Nachrichtenagentur dpa, trotz der langen Gespräche sei «lediglich ein kleiner gemeinsamer Nenner bestätigt worden«. Detailfragen sollen nun Experten beider Regierungen in den kommenden Tagen in Genf klären.
Kein Verbot für Luftangriffe in Aleppo
Ungeachtet aller Appelle von Hilfsorganisationen wurde bei den Ministergesprächen kein Verbot für Luftangriffe in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo erreicht. Lawrow sagte dazu: «Wir reden nicht davon, dass jemand nicht mehr fliegt. Wir reden darüber, dass die Luftwaffe, die am syrischen Himmel aktiv ist, effektiv (die islamistischen Terrororganisationen) IS und Al-Nusra bekämpft.»
Kerry sagte, es gehe darum, eine zuverlässige Waffenruhe zu erreichen. «Wir wollen keine Vereinbarung, die nicht durchsetzbar wäre.» Zwischen Washington und Moskau seien die meisten technischen Fragen über Schritte zu einer Waffenruhe und zur Verbesserung der humanitären Nothilfe in Syrien geklärt worden, betonte Kerry.
Auch Lawrow erklärte, man sei sich beim Ziel einer Kampfpause und Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen den Konfliktgegnern einig. «Wir haben unsere Bemühungen fortgesetzt, die Gebiete zu reduzieren, bei denen es noch an gegenseitigem Verständnis und Vertrauen fehlt«, erklärte der russische Minister. Dies sei ein Fortschritt.
Nach vier Jahren Belagerung in Daraja - Erste Bewohner können Ort verlassen
Lawrow ergänzte, Russland habe erstmals von den USA eine Liste derjenigen syrischen Gruppen erhalten, die sich über die internationale Koalition einer Waffenruhe anschliessen wollten. «Ohne eine Abgrenzung zwischen normalen, gesunden Oppositionskräften und Terroristen sehe ich keine Möglichkeit, eine wirklich dauerhafte und vollgültige Einstellung der Kampfhandlungen zu erreichen», sagte er. In dieser Frage hätten sich Russland und die USA einander genähert.
Unterdessen konnten nach vier Jahren Belagerung durch syrische Regierungstruppen die ersten Bewohner den Ort Daraja am südlichen Rand der Hauptstadt Damaskus verlassen. Der regimenahe libanesische TV-Kanal Al-Mayadeen meldete am Freitag, Busse transportierten Männer, Frauen und Kinder in andere Orte, darunter seien Rebellen.
Lawrow sagte dazu laut der russischen Nachrichtenagentur Tass, seines Wissens seien alle Menschen aus Daraja in Sicherheit gebracht worden, die dies wünschten. Der UNO-Beauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, forderte Russland und die USA auf, die Sicherheit von Zivilisten und Rebellen zu gewährleisten, die Daraja verlassen.
Die belagerte Rebellenhochburg war seit 2012 regelmässig Ziel von Luftangriffen des Regimes mit international geächteten Fassbomben. Für die syrische Armee ist der Ort wichtig, weil er direkt an einem Militärflughafen liegt.
Die zuletzt rund 8000 in Daraja eingeschlossenen Menschen litten Aktivisten zufolge unter Mangelernährung. Im Juni hatte erstmals nach knapp vier Jahren ein Hilfskonvoi mit Nahrungsmitteln den Ort erreicht.
Der Syrien-Konflikt hat laut UNO-Angaben seit 2011 rund 400'000 Menschen das Leben gekostet und Millionen in die Flucht getrieben. Zudem leben demnach noch rund 600'000 Menschen unter Belagerung. (SDA)