Die Ruhe währte nur kurz. Knapp eine Woche nach Inkrafttreten der Feuerpause in Syrien flogen Kampfjets heute erstmals wieder Einsätze über der durch den Bürgerkrieg entzwei geteilten Stadt Aleppo. Bomben hätten mehrere Stadtbezirke getroffen, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die der Opposition nahesteht. Es habe mehrere Verletzte gegeben.
Die Waffenruhe stand bereits gestern auf der Kippe, als bei einem Angriff der Anti-IS-Koalition unter der Führung der US mehrere Dutzend syrische Soldaten ums Leben kommen. Es habe sich um ein Versehen gehandelt, so das Oberkommando der US-Streitkräfte. Statt der syrischen Armee habe man gedacht, den IS im Visier zu haben.
Eklat an UNO-Sondersitzung
Russland war ausser sich. An der einberufenen Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats in der Nacht auf heute verliess der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin demonstrativ den Raum, als die US-amerikanische Kollegin Samantha Power hereinkam. Hinter der Waffenruhe stehe jetzt «ein sehr grosses Fragezeichen», hatte Tschurkin zuvor gesagt.
Power ihrerseits warf Russland Scheinheiligkeit und Effekthascherei vor, weil es die Sitzung des höchsten UNO-Gremiums beantragt habe. Die syrische Regierung greife «mit einer beängstigenden Regelmässigkeit bewusst zivile Ziele an», und Russland tue nichts, um dies zu verhindern.
Noch immer kein Zugang zu belagerten Gebieten
Die zwischen den USA und Russland vereinbarte Waffenruhe gilt seit vergangenem Montagabend. Davon ausgenommen sind Angriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat und der Fatah-al-Scham-Front (ehemals Al-Nusra). Nach zweimaliger Verlängerung um jeweils 48 Stunden war die Feuerpause am Freitag nicht offiziell verlängert worden. Bereits zuvor war sie brüchig.
Zudem kritisierte die USA, dass Syrien – und damit auch der Verbündete Russland – noch immer Hilfslieferungen in belagerte Gebiete blockierten. Zwanzig Lastwagen mit Hilfsgütern warten seit Tagen an der türkisch-syrischen Grenze.
Die vergangenen Sonntag getroffene Vereinbarung sieht vor, dass für humanitäre Zwecke Zugang zu den belagerten Gebieten geschaffen wird. Zudem soll in Aleppo entlang einer der wichtigsten Verkehrsrouten in die Rebellengebiete im Osten eine entmilitarisierte Zone geschaffen werden. Weiter planten die USA und Russland, dass Gespräche über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Dschihadisten im Land beginnnen sollen, hält die Waffenruhe sieben Tage. Solange es keine Hilfslieferungen gebe, könne es allerdings auch keine koordinierten Angriffe geben, sagte US-Aussenminister John Kerry. (lha/SDA)