Das Minsker Abkommen ist Makulatur. Vier Monate nach Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen den ukrainischen Truppen und den Separatisten toben im Osten der Ukraine so heftige Kämpfe, wie sie schon lange nicht mehr registriert wurden. Das teilte die OSZE mit, welche die Umsetzung des Abkommens überwacht.
Vertreter der Ukraine und Russlands haben am Wochenende übereinstimmend ausgesagt, dass die Gefechte in der selbsternannten «Volksprepublik Donezk» seit Freitag zugenommen hätten. «Leider hat sich die Situation markant verschlechtert», sagte Serhiy Paschinski, Vorsitzender des ukrainischen Komitees für Nationale Sicherheit und Verteidigung laut «Financial Times».
Gipfeltreffen abgesagt
Seit Donnerstag seien mindestens acht Zivilisten und sechs ukrainische Soldaten getötet worden, teilten die ukrainischen Behörden mit. Insgesamt sind seit Beginn des Konfliktes im Osten des Landes rund 4700 Menschen ums Leben gekommen.
Eine Neuverhandlung des Übereinkommens ist deshalb dringend nötig. Doch selbst das Zusammenkommen der Konfliktparteien gestaltet sich ausgesprochen schwierig: Für Donnerstag war ein Gipfeltreffen in Kasachstan geplant, an dem die Staats- und Regierungschefs der Ukraine und Russlands sowie der vermittelnden Staaten Deutschland und Frankreich teilnehmen sollten. Doch wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland und der Ukraine sowie den Separatisten wurde es inzwischen abgesagt. Das teilte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier, der zusammen mit dem französischen Amtskollegen zwischen den gegnerischen Parteien vermittelt, gestern mit.
Janukowitsch auf «Wanted»-Liste von Interpol
Die Ukraine und Russland gerieten derweil in einer weiteren Angelegenheit aneinander. Gestern setzte Interpol den ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch auf die internationale Fahndungsliste. Der Ex-Staatschef war nach seinem Sturz nach Russland geflohen, wo er sich noch immer aufhalten soll.
Die Aufnahme in die Interpol-Liste berechtige zu Janukowitsch' Auslieferung an die Ukraine, egal in welchem Land er in Gewahrsam genommen werde, erklärten die pro-westlichen ukrainischen Behörden. Sie beschuldigen den Ex-Präsidenten, sich gemeinsam mit Verwandten und Vertrauten auf Kosten der Staatskasse und durch korrupte Geschäfte bereichert zu haben. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete jedoch unter Berufung auf eine mit dem Fall vertraute Quelle, Russland werde höchstwahrscheinlich eine Auslieferung ablehnen. (lha/SDA)