Die russischen Militärblogger kochen vor Wut – schon wieder. Grund für ihren Groll gegen den Kreml ist dessen Behauptung, bei einem Vergeltungsschlag gegen die Ukraine Hunderte Soldaten getötet zu haben.
Wie das russische Verteidigungsministerium am Sonntag mitteilte, habe die russische Armee als «Vergeltung» für den Tod der 89 Soldaten in der Silvesternacht Angriffe auf zwei Kasernen im ostukrainischen Kramatorsk in Donezk verübt. Dabei seien «mehr als 600 ukrainische Soldaten» ums Leben gekommen.
Putins Rache-Aktion ist eine Lüge
Die Ukraine hatte in der Silvesternacht einen provisorischen Stützpunkt der russischen Armee in Makijiwka angegriffen und dabei von den USA gelieferte Raketenwerfer vom Typ Himars eingesetzt. In einem ungewöhnlichen Schritt räumte Moskau anschliessend den Tod von 89 Soldaten ein. Beobachter gehen von einer noch höheren Opferzahl aus.
Putins Rache-Aktion ist allerdings eine Lüge. Reine Propaganda, wie der finnische Journalist Antti Kuronen aufgedeckt hat. Er ist vor Ort, dort, wo Putins Truppen angeblich dieser Mega-Schlag gelungen sei. Doch von Zerstörung keine Spur. «Hier steht nicht mal eine Ambulanz», schreibt er auf Twitter. Ein italienischer Journalist war ebenfalls vor Ort. Auch er konnte weder zerstörte Gebäude noch Tote ausfindig machen. Die Rakete verfehlte offenbar das Ziel.
Putin hat sich lächerlich gemacht
Die russischen Militärblogger sind deswegen mächtig sauer auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) und den Kreml, wie US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) berichtet. Es sei nicht klar, wer angeblich gesagt haben soll, dass 600 ukrainische Soldaten auf einmal starben, wenn das Gebäude tatsächlich nicht einmal getroffen wurde, schreibt der russische Telegramkanal «Militärinformationen». Putin hat sich damit lächerlich gemacht.
Was die Blogger vor allem wütend macht: Es ist nicht das erste Mal, dass der Kreml Nachrichten von vermeintlichen Vergeltungsschlägen verbreitet. Den Militärbloggern zufolge soll das russische Verteidigungsministerium häufig falsche Behauptungen aufstellen. Und immer dann, wenn die Ukraine einen Erfolg vermeldet.
Strategie geht nicht auf
Nach Angaben des ISW verfolgt das russische Verteidigungsministerium seit Oktober 2022 die Rache-Strategie. Demnach soll der Kreml behauptet haben, sich für ukrainische Angriffe auf die Brücke über die Strasse von Kertsch im Schwarzen Meer und andere russische Infrastrukturen gerächt zu haben.
Die russische Regierung soll das Framing der Vergeltung nutzen, um damit Kriegsbefürworter zu beschwichtigen und das eigene Militär besser aussehen zu lassen. Nur geht die Strategie nicht auf, besonders nicht, wenn sich die angeblichen Vergeltungsschläge als reine Fake-News entpuppen. Die Folge: Die Russen sind noch wütender auf Putin und das Militär. (dzc)