Schweizer zwei Jahre lang gefoltert
0:31
Dominikanische Republik:Schweizer zwei Jahre lang gefoltert

Von der Geliebten in der DomRep gefoltert – jetzt spricht Ruedi H. (55)
«Sie haben mir mein rechtes Bein gebrochen»

Erst nach zwei Jahren wird der Schweizer Ruedi H. (55) in der Dominikanischen Republik aus dem Haus seiner Geliebten befreit. Diese hatte ihn eingesperrt – und ausgenommen.
Publiziert: 18.03.2019 um 17:59 Uhr
|
Aktualisiert: 20.03.2019 um 08:05 Uhr
1/7
Wie ein Liebespaar: Kenia R.* (45) mit ihrem Sohn Yovanny M.* (26) in Dajabón in der Dominikanischen Republik.
Foto: Facebook
Myrte Müller

Aussteigen. Das alte Leben hinter sich lassen. Ab in die Karibik. Und das an der Seite einer schönen Exotin. Der Traum von einem paradiesischem Neustart in der Dominikanischen Republik wurde für Ruedi H.* (55) zu einem einzigen Horror-Trip. Er endet am 15. März 2019 in der Ambulanz – nach zwei Jahre langen Qualen. 

An diesem Freitagmorgen stürmen Polizisten einen gelben Bungalow in der Ortschaft Cañongo in der Provinz Dajabón. Schnell wird eine Ambulanz gerufen. Wenig später tragen Sanitäter einen nackten Mann aus dem flachen Haus. Es ist Ruedi H. aus Altstätten SG.

Der Schweizer ist geschwächt, sichtlich verwahrlost. «Sie haben mich eingesperrt», ruft er von der Bahre einem Journalisten der Zeitung  «El Nuevo Diario» zu. «Sie haben mein ganzes Geld genommen, davon Luxus, Autos, Grundstücke und Kühe gekauft». 

Er zeigt seine Narbe am Oberschenkel. «Sie haben mir mein rechtes Bein gebrochen», sprudelt es aus dem frisch Geretteten auf Spanisch heraus. «Als ich fragte, warum sie mich nicht töten, sagten sie: ‹Du nützt uns mehr, wenn du lebst›». «Sie», das sind seine Ex-Geliebte Kenia R.** (45) und ihr Sohn Yovanny M.** (26). Der Dominikanerin war der Rheintaler in die Falle gefolgt. 

Mit einem Knüppel den Oberschenkel zertrümmert

Auf der Karibik-Insel wird Ruedi H. laut «El Nuevo Diario» in ein fensterloses Zimmer gesperrt. Er darf es nie verlassen. Es wird nicht gereinigt. Die Luft ist stickig. «Sie nahmen mir meine Papiere weg, mein Handy, mein Telefonbuch. Ich durfte meine Familie nicht kontaktieren», erzählt der Mann aus Altstätten weiter. Aber es kommt noch schlimmer. Yovanny M. greift zu einem Knüppel und zertrümmert dem neuen Mann seiner Mutter den rechten Oberschenkel. Ruedi H. wird sogar ins Spital gebracht. Seine Peiniger aber drohen ihm. Er darf niemanden von der Gewalt und Gefangenschaft berichten. 

Zurück im gelben Haus geht die Tortur weiter. Der Schweizer wird ständig misshandelt. Einmal sei ihm ein Messer in den Bauch gerammt worden, schreiben dominikanische Medien. Das einzige, was Ruedi H. nicht fehlt, ist die Nahrung. Während er in seiner Zelle leidet, kassieren seine Geliebte und deren gewalttätiger Sohn die Ersparnisse ihres Gefangenen und das Geld, das dessen Familie ihm regelmässig schickt. 

Verstörende Facebook-Profile mit Totenkopf und Heiligenbildchen

Die Ermittler gehen von einem Gesamtvermögen von 355'000 US-Dollar aus, das die einst mittellosen Dominikaner nun mit vollen Händen ausgaben. Auf den vielen Facebook-Profilen der Täter sind auch verstörende Fotos zu sehen. So postet Yovanny ein Foto beim Zählen von Hunderten von Dollar-Scheinen. Dann tauchen Heiligenbildchen auf. Daneben Abbildungen von einem Totenkopf und der Horror-Puppe Chucky. Auch von Ruedi H. gibt es zwei Facebook-Seiten, aber nicht einziges Foto von ihm. Unklar ist, wer sie erstellt hat – seine Ex-Geliebte?

Die Familie in der Schweiz beginnt sich Sorgen zu machen. Ruedi H. schreibt nicht, ruft nie an. Schliesslich alarmieren Verwandte die Polizei in Dajabón. In Zusammenarbeit mit der Schweizer Botschaft kann er endlich aus den Fängen seiner Peiniger befreit werden.

Mutter und Sohn werden festgenommen, Kenia R.* aber offenbar bereits wieder aus der Haft entlassen. Während ihr Opfer in einem Spital in Santo Domingo behandelt wird, sucht die Polizei erneut nach der Geliebten des Schweizers. Denn gegen Kenia R. und Yovanny M. hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und unmenschlicher Behandlung erhoben.

Ruedi H. hingegen wird in den kommenden Tagen, so wie er wieder bei Kräften ist, in die Schweiz zurückkehren.

* Name geändert

** Name bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?