«Vielleicht hat einer ein Herz»
Warum die Mutter die Entführer ihrer Tochter nicht hasst

Naama Levy (19) ist seit 70 Tagen in der Gewalt der Hamas. Ihr Video schockte die Welt. Jetzt spricht ihre Mutter.
Publiziert: 17.12.2023 um 04:21 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2023 um 07:33 Uhr
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Naama Levy wird von einem Hamas-Terroristen zum Rücksitz geschleift.
Foto: Screenshot X

Das Video ist eines der meistgeteilten Dokumente des 7. Oktobers. Immer wieder taucht es auf, wenn es um die Gräueltaten der Hamas an jenem Tag geht: Die 19-jährige Naama Levy wird von einem Terroristen unter den Rufen «Allahu Akbar» zu einem Jeep geschleift. 

Sie ist blutverschmiert, ihre Hose besudelt, ihre Hände am Rücken gefesselt, an einer Ferse klafft eine tiefe Wunde. Verängstigt schaut sie um sich, der Terrorist zerrt sie an den Haaren zum Auto, drückt sie auf den Sitz. Es ist das letzte Lebenszeichen der jungen Frau. Seither ist sie eine Geisel der Hamas. 

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«Warum ist sie dort allein?»

Und es sind Szenen, die ihrer Mutter Ayelet Levy-Schachar (50) das Herz brechen. Am Tag des Überfalls will sie eigentlich ihre Tochter im Kibbutz Nahal Oz besuchen. Am frühen Morgen gehen die Sirenen los. Und sie kriegt von Naama die letzte Whatsapp-Nachricht: «Wir sind im Sicherheitsraum. Ich habe noch nie sowas vorher gehört.» Danach bricht der Kontakt ab. 

Kurze Zeit später taucht das Video der Entführung ihrer Tochter auf – und geht um die Welt. Auch Naamas Familie sieht es mit Entsetzen. Ayelet Levy-Schachar erzählt der «Mail on Sunday», dass ihre jüngere Tochter es ebenfalls gesehen habe. «Sie fing an zu weinen und fragte: ‹Warum ist sie dort allein?›» So viele schlimme Details habe das Video, aber ihre Schwester sah, dass sie allein war. «Das war für sie das Schrecklichste.»

«Ich bin hoffnungsvoll»

Ayelet Levy-Schachar ist vor allem besorgt um die Gesundheit ihrer Tochter, die seit 70 Tagen wohl in irgendeinem Tunnel der Hamas sitzt. «Hat sie zu Essen? Hat sie Luft? Werden ihr Wunden versorgt?» Ein Hoffnungsschimmer seien Aussagen von freigelassenen Geiseln, die bestätigten, dass sie Naama noch lebend gesehen zu haben. «Wir wissen, dass sie einige Wunden hat, aber sie ist auf den Beinen und kann gehen – daher bin ich sehr hoffnungsvoll.»

In einem Beitrag auf «The Free Press» schreibt die Mutter über die Angst, was die Hamas-Terroristen ihrer Tochter und den anderen gefangenen jungen Frauen antun. «Es gibt noch siebzehn junge Frauen in Gefangenschaft. Sie sind zwischen 18 und 26 Jahre alt. Ich denke darüber nach, was ihnen und meinem Naama in jedem Augenblick des Tages widerfahren könnte. Jede Minute in der Hölle ist eine Ewigkeit.» 

«Vielleicht hat einer von denen ein Herz»

Gegenüber der «Mail on Sunday» sagt Levy-Schachar, dass sie trotz der Unmenschlichkeit, die die Hamas-Terroristen an den Tag legt, sie keinen Hass auf sie verspürt. «Ich will nicht voller Hass sein – ich will einfach meine Tochter zurück.» 

Sie müsse die Hoffnung bewahren. «Vielleicht hat einer von denen ein Herz. Vielleicht sieht einer, was für eine wundervolle junge Frau sie ist und behandelt sie gut.» 

Sie stellt sich vor, wie ihre Tochter in einem dunklen Tunnel liegt und versucht, in Gedanken bei ihr zu sein. «Ich streichle ihr Haar und in meinen Gedanken helfe ich ihr, einzuschlafen. Ich sage ihr: ‹Bleib stark, wir kommen, um dich da raus zu holen›.» (neo) 

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