«Viele Probleme in diesem Bereich»
Kreml schimpft über Menschenrechte in der Schweiz

Russland ist nicht gerade bekannt dafür, sich für Menschenrechte einzusetzen. Doch das Aussenministerium prangert nun ausgerechnet die Schweiz an. Bei uns gehe es schlimm zu.
Publiziert: 05.07.2024 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 06.07.2024 um 08:43 Uhr
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Der Kreml zeigt mit dem Finger auf die Schweiz. In unserem Land gebe es viele Probleme in Sachen Menschenrechte.
Foto: keystone-sda.ch
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Johannes HilligRedaktor News

Wir sind wirklich schlimm – aus Sicht Russlands auf jeden Fall. In Sachen Menschenrechte sieht es angeblich übel aus. «Trotz ihres in der Öffentlichkeit propagierten Images als ‹sicherer Hafen› in Bezug auf die Menschenrechtsstandards, ist die Schweiz nach wie vor ein Land mit vielen Problemen in diesem Bereich, die sowohl von der Regierung als auch von den zuständigen internationalen Organisationen aufmerksam verfolgt werden müssen», schiesst das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation auf X gegen uns.

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Die Behörde lässt das aber nicht einfach so stehen, sondern nennt drei Punkte.

1

Migration

«Das Schweizer Recht enthält zahlreiche Hindernisse für die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien», schreibt das russische Aussenministerium. Zudem sei es für Migrantenkinder in den Empfangszentren schwierig, Zugang zu Bildung zu bekommen. Ausserdem würde bei Abschiebungen zunehmend Gewalt angewandt. Unter anderem sollen Beruhigungsmittel zum Einsatz gekommen sein. Beweise für die Behauptungen gibt es keine.

2

Russenfeindlichkeit

Einige Banken würden Russen, die nicht auf der Sanktionsliste stehen, nicht korrekt behandeln. Entweder würden für Russen, die schon ein Konto haben, Dienste verweigert. Oder Russen würde gar nicht mehr erst gestattet, ein neues Konto zu eröffnen. Unter dem Vorwand, dass die Russen versuchen würden, die Sanktionen zu umgehen. Hinzukommt: «Es gibt Fälle von Mobbing russischer Kinder in Schulen, die Weigerung, Russen einzustellen, und die Kündigung von Verträgen mit Unternehmen aus Russland», wettert die russische Behörde. Auch hier gilt: Konkrete Beispiele nennt das Aussenministerium nicht.

3

Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit

Besonders in der Westschweiz würde der Antisemitismus zunehmen. Hier nennt die Behörde konkrete Zahlen. «Im Jahr 2023 gab es 562 antisemitische Vorfälle, von denen 26 als ‹schwerwiegend› eingestuft wurden (2021 gab es 165 antisemitische Vorfälle, darunter 13 ‹schwerwiegende› Vorfälle; 2020 waren es 283 Vorfälle)», so Russland auf X. Diese Zahlen stammen aus dem Antisemitismusbericht 2023 und sie stimmen.

Tatsächlich haben antisemitische Vorfälle in der Westschweiz im vergangenen Jahr zugenommen. Laut der interkommunalen Koordinationsstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung (CICAD) um 68 Prozent. Fast die Hälfte der Vorfälle ereigneten sich nach dem 7. Oktober 2023. Seit der Eskalation des Konflikts im Nahen Osten im Oktober wurden laut der CICAD monatlich 150 Vorfälle in der Westschweiz gemeldet. Auch im laufenden Jahr seien bereits zahlreiche weitere Meldungen eingegangen.

Mitte-Präsident Pfister schiesst zurück

Mit den Vorwürfen sorgt Russland auf X für mächtig Wirbel. In den Kommentaren glauben einige, dass das ein schlechter Scherz sein soll. Andere zählen die verschiedenen Verbrechen Russlands auf. Auch Gerhard Pfister (61) hat reagiert.

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Der Mitte-Parteipräsident schreibt: «Russland kritisiert die Menschenrechtslage in der Schweiz. Vermutlich war Putin nachhaltig beeindruckt von den diesbezüglichen Fortschritten bei seinem Besuch in Nordkorea.» Nordkorea ist dafür berüchtigt, die Menschenrechte mit Füssen zu treten.

«Systematische Verletzungen» von Menschenrechten

Auch in Russland sieht es nicht besser aus. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Russland Ende Juni wegen «systematischer Verletzung» von Menschenrechten auf der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim verurteilt. «Die Vorfälle waren so zahlreich und miteinander verbunden, dass es sich um systematische Verletzungen handelt», urteilten die Richter in Strassburg. Die Klage der ukrainischen Regierung umfasste «illegale Verhaftungen», die «Unterdrückung nicht-russischer Medien und der ukrainischen Sprache in Schulen».

Genannt wurden ausserdem die Inhaftierung vor Beginn eines Prozesses in überfüllten Gefängnissen, Verurteilungen ohne faires Verfahren wegen pro-ukrainischer Haltung und der Transfer von der Krim in Gefängnisse in Russland. Nach Ansicht der Richter verletzte Russland zahlreiche Artikel der europäischen Menschenrechtskonvention.

Russland erkennt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte seit 2022 nicht mehr an. Das Gericht befasst sich aber weiter mit den laufenden Verfahren.

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