Um kurz nach 1 Uhr in der Nacht auf Donnerstag fällt ein zwölfstöckiger Wohnblock in Miami in sich zusammen. Die Katastrophe forderte bisher vier Todesopfer, 159 Personen werden zurzeit noch vermisst. US-Präsident Joe Biden (78) ruft den Notstand in ganz Florida aus, wie amerikanische Medien berichten.
Seit dem frühen Donnerstagmorgen läuft eine massive Such-und Rettungsaktion. Such-Teams durchkämmen die Trümmer des Hauses nach Überlebenden. 37 Personen konnten bisher gerettet werden. Auf einer Pressekonferenz am Freitagmorgen (Ortszeit) sagt Miamis Bürgermeisterin Daniella Levine Cava: «Wir werden die Suche nicht stoppen. Wir haben grosse Hoffnung, dass wir Menschen lebend finden werden.»
Schallgeräte und Kameras seien im Einsatz, um Vermisste unter den Trümmern zu lokalisieren, wie der stellvertretende Chef der Feuerwehr von Miami erklärt. Die Gehöre zeichnen immer wieder Geräusche aus den Trümmern aus. Der Fokus der Rettungsaktion werde nun auf den eingestürzten Teil des Gebäudes verlegt – der stehende Teil sei bereits komplett durchleuchtet worden.
Biden bestätigt Notstand in Florida
Floridas Gouverneur, Ron DeSantis, sicherte den betroffenen Familien die grösstmögliche Unterstützung zu. Er rief bereits am Donnerstag den Notstand aus – das heisst, alle verfügbaren Polizei- und Rettungskräfte konzentrieren sich jetzt auf das Gebiet um den Einsturz.
Am Freitag genehmigte auch US-Präsident Joe Biden die Notstandserklärung von Florida. In einer Pressemitteilung des Weissen Hauses heisst es, dass die Abteilung für innere Sicherheit eine umfangreiche Katastrophenhilfe für Miami in die Wege leiten werde.
Wie «CNN» berichtet, sollen unter den vermissten Personen auch ausländische Staatsbürger sein, insbesondere aus Süd- und Lateinamerika. Unter den 30 Vermissten soll auch die Schwägerin mit Mann und Kindern von Paraguays Präsident Mario Abdo Benítez sein.
Hoffnung schwindet
Das zwölf Stockwerke umfassende Gebäude kollabierte praktisch komplett, bloss eine Flanke blieb stark beschädigt stehen. Nachbarn wollten zuerst ein Knacken und Krachen gehört haben, dann verwandelten sich Tonnen aus Stahl und Beton in ein riesiges Feld aus Schutt und Trümmern.
Noch ist unklar, was zu dem schweren Unglück geführt hat. Die Feuerwehr der Stadt im US-Bundesstaat Florida rückte mit einem Grossaufgebot in den Nordosten von Miami aus. Die Feuerwehr liess weitere Blocks in der Strasse sicherheitshalber evakuieren.
Die Kommissarin Sally Heyman sagte CNN, dass es unklar ist, wie viele der Vermissten beim Einsturz im Gebäude waren. Sie könnten wegen «Ferien oder irgendetwas abwesend gewesen sein, deshalb warten wir. Die Hoffnung ist immer noch da, aber sie schwindet.»
Retter ziehen Bub zwischen Trümmern hervor
Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis sagte, dass man angesichts der Zerstörung von mehr Toten ausgehe. «Wir wappnen uns für schlechte Nachrichten.» Er ruft dennoch auf, tapfer zu sein.
Über zwei Stunden nach dem Zusammensturz des Hauses konnte der Sender «NBC Miami» dann fast unglaubliche Szenen übermitteln. Kameraaufnahmen zeigen, wie Feuerwehrleute einen Buben lebend aus den Trümmern des zerstörten Hauses bergen. Ein Keim der Hoffnung mitten im Chaos.
«Ich dachte, es war ein Sturm»
«Ich kann es nicht in Worte fassen. Es sieht aus wie nach einem Bombeneinschlag, das Gebäude brach wie ein Pancake in sich zusammen», berichtete ein Augenzeuge dem Sender NBC 6 South Florida. Dieser veröffentlichte auch ein Video, das zeigt, wie Feuerwehrleute einen Jungen aus den Trümmern des Gebäudes retten und auf eine Trage legen.
«Das Gebäude bebte, und als ich nach draussen schaute, konnte ich nichts sehen. Ich dachte, es war ein Sturm. Doch als sich der Staub gelegt hatte, waren zwei Drittel des Hauses verschwunden», erzählte ein anderer dem Sender CBS 4 Miami. Auf Fotos und Videos waren die abgebrochene Fassade und Möbelstücke aus dem Haus zu sehen. Zwischen den Gebäuderesten und einem Pool: nur Staub und Trümmer.
«Das zu dokumentieren, ist gerade sehr hart»
Bei dem betroffenen Gebäude handelt es sich um ein Wohnhaus mit Meerblick nahe dem Strand, das als Champlain Towers bekannt ist. Es sei in den 1980er Jahren gebaut worden, schrieb die Zeitung «The Miami Herald». Die Gegend wurde nach dem Unglück gegen 2 Uhr Uhr morgens Ortszeit weiträumig abgesperrt, die Polizei warnte, die Rettungsarbeiten nicht zu behindern. «Ich weise alle an, sich von dem Gebiet fernzuhalten, damit die Feuerwehr ihre Arbeit machen kann», sagte ein Polizeisprecher laut Medienberichten.
Ein freischaffender US-Journalist, der zufällig in dem betroffenen Stadtviertel unterwegs war, berichtete via Twitter spontan über die ersten Szenen am Unglücksort. Immer wieder seien Rettungskräfte bei den Trümmern des Hauses eingetroffen. An den Strassenrändern seien Menschen zu sehen gewesen, die mittlerweile aus dem Gebiet in Sicherheit gebracht worden waren und die sich weinend in den Armen lagen. «Das zu dokumentieren, ist gerade sehr hart», schrieb der Journalist dazu.
Gebäude soll ziemlich voll gewesen sein
Der Bürgermeister von Surfside, Charles Burkett, sagte, er jogge jeden Tag an dem Gebäude vorbei. Für Bauarbeiten an dem Haus sei ein Kran eingesetzt worden. Er zeigte sich fassungslos, in seinem Ort eine solche Tragödie zu erleben. «Es ist unwahrscheinlicher als ein Blitzschlag. Es passiert einfach nicht. Man sieht in Amerika keine Gebäude einstürzen», sagte er Reportern. Beim Sender CNN war die Rede davon, dass das Gebäude schon Hurrikans standgehalten habe. Warum also jetzt der Zusammensturz?
Unklar war zunächst auch, wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt des Einsturzes im Gebäude aufhielten. Die Anwesenheit von Gästen werde protokolliert, die der Eigentümer nicht. «Der Gebäudemanager hat mir zu verstehen gegeben, dass das Gebäude ziemlich voll war», sagte Burkett. Das Gebäude habe 12 Stockwerke und mehr als 130 Wohneinheiten, sagte die Bürgermeisterin des Bezirks Miami-Dade, Daniella Levine Cava. Die Hälfte davon sei vom Einsturz betroffen. Mit Blick auf die Suche nach möglichen Vermissten unter den Trümmern sagte Cava: «Jede Minute zählt.» (aua/cat/vof/SDA)