In Rom findet am Montag die erste Abstimmung zur Wahl des italienischen Präsidenten statt. Als Favorit gilt der amtierende Ministerpräsident Mario Draghi (74). Die Chefs der grossen Parteien in Italien gehen jedoch fest davon aus, dass es beim ersten Wahlgang noch keinen Sieger geben wird. Denn dazu braucht es die Zweidrittelmehrheit der Wahlleute. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wahlprozedere im Überblick:
Wie wird der Staatspräsident in Italien gewählt?
1009 Wahlleute wurden zur Wahl nach Rom geladen, das sind die Mitglieder der beiden Parlamentskammern – Senat und Abgeordnetenhaus – sowie Vertreter der 20 Regionen. Sie wählen einzeln und geheim. In den ersten drei Wahlgängen ist eine Zweidrittelmehrheit zum Sieg nötig, ab Wahlgang vier dann die absolute Mehrheit von 505 Stimmen.
Wie lange wird die Wahl dauern?
Es ist davon auszugehen, dass es Tage dauert, bis jemand gewählt ist. Die Parteien konnten sich auf keinen lagerübergreifenden Kandidaten einigen, es dürfte niemand in den ersten drei Wahlgängen zwei Drittel der Stimmen erhalten. Zudem verzögert die Corona-Pandemie das Abstimmungsprozedere: In die grosse Aula des Abgeordnetenhauses, wo die Wahlurnen – «Salatschüsseln» genannt – stehen, dürfen nur 50 Wähler gleichzeitig rein. Mehr als vier Stunden werden pro Abstimmung erwartet, dazu sind aufwendige Desinfektionsmassnahmen vorgesehen.
Beeinflusst Corona die Wahl darüber hinaus auch noch?
Etliche Wahlleute sind eigentlich in Covid-Quarantäne, weil sie selbst infiziert oder Kontaktpersonen sind. Im Vorfeld war gemutmasst worden, dass Dutzende nicht nach Rom oder zum Abgeordnetenhaus kommen können. Ein Ausnahmedekret erlaubt es ihnen aber, für die Dauer der Wahl ihre Isolation aufzugeben. Um kein Risiko einzugehen, wurden für jene Personen spezielle Wahlzelte vor dem Gebäude aufgebaut.
Wer wird der neue Präsident?
Das ist nicht abzusehen. In Italien kann man sich nicht offiziell bewerben, oft entwickelt sich erst während der Wahlgänge eine Dynamik für eine Person. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte zuletzt am deutlichsten für sich geworben; ohne Erfolgsaussichten gab er am Wochenende auf. Zu den vielen möglichen Kandidaten gehören ehemalige Regierungschefs wie Giuliano Amato, langjährige Parlamentarier wie Pier Ferdinando Casini und Maria Elisabetta Casellati – und auch der amtierende Ministerpräsident Mario Draghi.
Was passiert, wenn Draghi Staatspräsident wird?
Sollte Draghi gewählt werden, ist die Zukunft der Regierung offen. Die Mitte-Links-Parteien wollen eine Fortführung der Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode 2023. Allerdings ist dafür ein neuer, starker Chef der Regierung nötig. Wer dies sein könnte, ist unklar. (SDA/gin)