Verschollener Aargauer putzmunter in der Karibik – Behörden glauben ihm nicht, dass er lebt
«Ich bin nicht gestorben!»

Es ist ein absurder Fall: Ein Aargauer Auswanderer wurde vor Jahren für verschollen, also verschwunden und wohl tot erklärt. Aber: Der 55-Jährige ist quicklebendig. Und kämpft dafür, auch juristisch wieder zu den Lebenden zu gehören.
Publiziert: 11.02.2022 um 00:42 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2022 um 08:36 Uhr
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Daniel T. (55) gilt seit Jahren als verschollen.
Foto: zVg
Michael Sahli

Der Aargauer Auswanderer Daniel T.* (55) hat ein ungewöhnliches Problem: Er ist nämlich höchstwahrscheinlich tot, und zwar schon seit vielen Jahren. Im Jahr 2013 haben die Aargauer Behörden den Auswanderer für verschollen erklärt, weil er lange Zeit nicht mehr aufzufinden war. Aber der 55-Jährige ist quicklebendig, wie er gegenüber Blick am Telefon versichert: «Ich lebe in der Dominikanischen Republik. Und ich bin nicht gestorben!»

Sein Status als wahrscheinlich Toter macht dem Auswanderer allerdings das Leben schwer: «Ich kann keinen neuen Pass beantragen. Und ohne Pass kann ich hier keine Verträge machen, mit dem Visum gibt es ebenfalls Probleme. Ich kann mich nicht einmal gegen Corona impfen lassen.»

Die seltsame Geschichte nahm ihren Lauf schon in den Nullerjahren. Daniel T. war damals mit einer Thailänderin verheiratet, hatte mit ihr ein Kind und lebte im Kanton Aargau. «Die Ehe ging aber in die Brüche», erzählt der Verschollene. Die Trennung war unschön, es gab Streit um den Zugang zum gemeinsamen Sohn und um die Zahlung von Alimenten. T. beschloss 2003, sein altes Leben hinter sich zu lassen und in der Dominikanischen Republik neu zu starten. «Klar, ich habe meiner damaligen Ehefrau nicht auf die Nase gebunden, wo ich mich befinde.» Auch für die Polizei war T. nicht aufzufinden.

«Ich will einfach einen gültigen Pass!»

2009 stirbt der Vater des Auswanderers und hinterlässt ein Erbe, an das T.s Ehefrau gerne kommen würde. Sie beantragt also, Daniel T. für verschollen zu erklären. Dazu muss «der Tod einer Person höchst wahrscheinlich sein, weil sie in hoher Todesgefahr verschwunden oder seit langem nachrichtlos abwesend ist», heisst es im Gesetzestext. Das Begehren wird vorab im «Amtsblatt» publiziert. Im Jahr 2013 ist das juristische Ableben des Auswanderers schliesslich besiegelt.

Das heisst verschollen

Als verschollen gilt eine Person, die nicht aufgefunden werden kann und deren Tod sehr wahrscheinlich ist. Dabei sind im Schweizer Gesetz zwei verschiedene Typen aufgelistet: Wenn eine Person in Todesgefahr verschwindet, kann nach einem Jahr ein Antrag auf Verschollenheit gestellt werden. Das würde beispielsweise zum Tragen kommen, wenn eine Person von einem Fluss mitgerissen wird und nicht mehr auffindbar ist.

Komplizierter wird es, wenn vor dem Verschwinden keine Todesgefahr herrschte: Hier gilt eine Wartefrist von fünf Jahren nach dem letzten Lebenszeichen. Danach muss das Gericht den Verschollenen oder mögliche Zeugen öffentlich auffordern, sich zu melden, zum Beispiel im Amtsblatt. Kommt mindestens ein Jahr keine Reaktion, kann der Vermisste als verschollen erklärt werden.

Als verschollen gilt eine Person, die nicht aufgefunden werden kann und deren Tod sehr wahrscheinlich ist. Dabei sind im Schweizer Gesetz zwei verschiedene Typen aufgelistet: Wenn eine Person in Todesgefahr verschwindet, kann nach einem Jahr ein Antrag auf Verschollenheit gestellt werden. Das würde beispielsweise zum Tragen kommen, wenn eine Person von einem Fluss mitgerissen wird und nicht mehr auffindbar ist.

Komplizierter wird es, wenn vor dem Verschwinden keine Todesgefahr herrschte: Hier gilt eine Wartefrist von fünf Jahren nach dem letzten Lebenszeichen. Danach muss das Gericht den Verschollenen oder mögliche Zeugen öffentlich auffordern, sich zu melden, zum Beispiel im Amtsblatt. Kommt mindestens ein Jahr keine Reaktion, kann der Vermisste als verschollen erklärt werden.

Während er in der Schweiz für verschollen erklärt wird, führt T. in der Karibik ein bescheidenes Leben, besitzt ein Handygeschäft, mit dem er sich über Wasser hält. Am Erbe sei er gar nicht interessiert, erklärt der Auswanderer. «Ich will einfach einen gültigen Pass!»

T. kann allerlei Dokumente vorlegen, die seine Identität belegen: mehrere abgelaufene Pässe und einen Führerausweis, auf denen sämtliche Daten mit den Daten des Mannes übereinstimmen, der im Jahr 2013 für verschollen erklärt wurde.

Daniel T. reiste also zur Schweizer Botschaft. Und stellte im Juli 2021 einen Antrag auf Aufhebung der Verschollenerklärung, wie die «Aargauer Zeitung» berichtete. Das Begehren wurde abermals im «Amtsblatt» publiziert – und abgeschmettert!

Behörden schicken Rechnung an einen Verschollenen

Denn bevor sich das Gericht überhaupt mit dem Fall beschäftigt, soll der Verschollene einen Kostenvorschuss von 500 Franken leisten. Doch dieses Geld kann und will Daniel T. nicht zahlen. «Erstens lebe ich mit diesem Betrag hier mehrere Wochen. Das ist viel Geld für mich», erklärt er. Und: «Den Fehler haben die Behörden in der Schweiz gemacht, nicht ich. Ich verstehe nicht, warum ich nun dafür bezahlen soll, nicht mehr als verschollen zu gelten.»

Damit gilt Daniel T. also weiterhin als «höchstwahrscheinlich tot». Was die Schweizer Behörden aber nicht daran hindert, ihm eine Rechnung hinterherzuschicken! Obwohl das Gericht nicht auf den Fall eingetreten ist, soll T. eine Gebühr von 518.40 Franken bezahlen. Eine Rechnung, auf den Namen des «Verschollenen» lautend, wurde an die Botschaft in Santo Domingo geschickt.

Der Auswanderer hofft noch immer, das absurde Problem aus der Welt schaffen zu können, ohne sein schmales Budget zu stark zu belasten. Auch eine Rückkehr in die Schweiz sei kein Thema. Mit dem Sohn habe er heute sporadischen Kontakt. «Ich will einfach mein Leben normal weiterführen, mehr nicht.»

Das zuständige Bezirksgericht Baden schreibt auf Anfrage von Blick: «Wer nicht über die finanziellen Mittel verfügt, kann ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen.»

* Name geändert

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