«Mein Team und ich wurden gerade von mehreren Journalisten informiert, dass die Anklage wegen mutmasslicher Falschaussage im U-Ausschuss unmittelbar bevorsteht», teilte Sebastian Kurz (36) auf X (ehemals Twitter) mit. «Es ist für uns wenig überraschend, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden hat, einen Strafantrag zu stellen. Die Vorwürfe sind falsch, und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen», fährt er fort.
Konkret geht es um eine mögliche Falschaussage im Ibiza-Skandal vor mehr als vier Jahren. Auf die Frage, ob er in die Bestellung von Thomas Schmid, Chef der Österreichische Beteiligungs AG, involviert sei, antwortete Kurz knapp: «Na.» Aufgrund von Chatnachrichten geht die Staatsanwaltschaft aber davon aus, dass der ehemalige Regierungschef sehr wohl intensiv in die Personalie eingebunden war. So hätten sich Kurz und Schmid spätestens ab Mitte 2017 regelmässig über das Thema ausgetauscht. Kurz hat die Vorwürfe stets vehement bestritten.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelte seit Frühjahr 2021 nach einer Anzeige von sozialdemokratischer SPÖ und liberalen NEOS gegen Kurz wegen des Verdachts auf Falschaussage. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt laut Behörde bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Möglicherweise folgt zweite Klage
Kurz hat möglicherweise auch noch in der sogenannten Inseratenaffäre eine Anklage vor sich. Dabei geht es um geschönte Umfragen und Regierungs-Inserate in Boulevard-Zeitungen, die mutmasslich mit Steuergeld bezahlt worden sein sollen. Gegen mehrere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Auch hier bestreitet Kurz die Vorwürfe.
Der ehemalige ÖVP-Chef, einst europaweit hochgehandelter Hoffnungsträger der Konservativen, stand zwei Mal an der Spitze einer Koalition in Österreich. Von 2017 bis 2019 führte Kurz ein Bündnis von ÖVP und rechter FPÖ an. Von 2020 bis 2021 war er Regierungschef einer Koalition aus ÖVP und Grünen. Angesichts der Vorwürfe trat er im Herbst 2021 zunächst von seinen Ämtern zurück. Im Dezember 2021 verkündete er seinen gänzlichen Abschied aus der Politik. Inzwischen ist er Unternehmer und Lobbyist.
Anlass aller Ermittlungen war die Ibiza-Affäre. In einem auf der Ferien-Insel heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption gewirkt. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach 2019 an der Affäre.
Es gilt die Unschuldsvermutung.