Parlamentspräsident Juan Guaidó sagte am Freitag vor etwa tausend Anhängern der Opposition in Caracas, gemäss der Verfassung habe das Parlament das Recht, einen unrechtmässigen Machthaber wie Maduro zugunsten einer "Übergangsregierung" zu stürzen. "Die Verfassung gibt mir das Recht, die Präsidentschaft der Republik zu übernehmen, um Wahlen auszurufen, aber ich brauche die Unterstützung der Bürger", sagte Guaidó. Er bat zudem um die Unterstützung der Streitkräfte und der internationalen Gemeinschaft.
Doch die "Berufung auf die Verfassung in einer Diktatur" reiche nicht aus, rief Guaidó. Zur Machtübernahme seien "das Volk, das Militär und die internationale Gemeinschaft" nötig. Der 23. Januar ist ein symbolisch wichtiges Datum: An diesem Tag im Jahr 1958 fiel die Militärdiktatur von Marcos Pérez Jiménez.
Maduro kritisierte Guaidós Aufruf als "Show" von Oppositionellen, die auf eine "Destabilisierung" des Landes hinarbeiteten.
Der Linksnationalist Maduro hatte am Donnerstag offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Amtlichen Ergebnissen zufolge war er im vergangenen Mai mit 68 Prozent der Stimmen bis 2025 wiedergewählt worden. Die Wahlbeteiligung lag unter 50 Prozent. Der grösste Teil der Opposition hatte die Wahl boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder. Statt im Parlament legte Maduro seinen Amtseid vor dem Obersten Wahlgericht ab. Das Militär hat ihm seine Loyalität versichert.
Dem 56-jährigen Nachfolger des 2013 verstorbenen Hugo Chávez wird vorgeworfen, seit Jahren die Demokratie in Venezuela auszuhebeln. Maduro hatte das von der Opposition kontrollierte Parlament 2016 entmachten lassen. Seine Kompetenzen wurden der regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung übertragen. Zahlreiche Regierungsgegner sitzen in Haft, dürfen sich politisch nicht betätigen oder sind ins Exil gegangen. Vorangegangen waren 2017 monatelange Proteste der Opposition, in deren Verlauf 125 Menschen getötet worden waren.