Zum Nachfolger wurde der bisherige Menschenrechtsbeauftragte Tarek Saab ernannt. Kritiker werfen ihm vor, er ignoriere Übergriffe der Behörden.
Ortega kommt eigentlich aus dem Lager der Sozialisten um Präsident Nicolas Maduro. Seit Beginn der Massenproteste im April ist sie allerdings seine mächtigste Rivalin und wirft dem Staatschef Menschenrechtsverletzungen vor.
Mit Blick auf die Wahl der mächtigen Verfassungsgebenden Versammlung am vergangenen Wochenende sprach sie von Wahlbetrug. Das regierungsfreundliche Gremium hat das Recht, die Verfassung zu ändern und Behörden umzubauen. Sie kann Maduro auch dazu verhelfen, per Dekret zu regieren.
Vor der Entscheidung hatte die Militärpolizei den Sitz von Ortegas Generalstaatsanwaltschaft, abgeriegelt und ihr den Zugang verwehrt. «Ich lehne diese Belagerung ab», schrieb Ortega Diáz bei Twitter. «Ich klage diese Willkür vor der nationalen und internationalen Gemeinschaft an.»
Ortega wurde seit dem Frühling zur weltweit beachteten Gegenspielerin Maduros. Als erstes kritisierte sie die zeitweise Entmachtung des von der Opposition dominierten Parlaments durch den Obersten Gerichtshof.
Auf ihren Druck hin wurde auf Betreiben Maduros das Urteil wieder aufgehoben. In der Folge ging sie immer mehr auf Konfrontation. So kritisierte sie den Plan, eine Verfassungsgebende Versammlung wählen zu lassen als Putsch gegen die von Hugo Chávez entwickelte Verfassung, die eine Gewaltenteilung vorsieht.
Seit 2008 arbeitete die 59-Jährige als Generalstaatsanwältin, ihre Amtszeit lief eigentlich bis 2021. Aber für führende Sozialisten war sie zum Feindbild geworden.
Nach ihrer Absetzung rief die Generalstaatsanwältin Ortega Díaz das Volk zum Widerstand gegen Präsident Nicolás Maduro auf. «Ich stelle fest, dass in Venezuela ein Putsch gegen die Verfassung in vollem Gange ist», teilte sie am Samstagabend in Caracas mit.
Sie rufe das Volk auf, «gegen diese totalitäre Form des Regierens» zu opponieren. Wenn die Regierung schon so mit der unabhängigen Justiz umgehe, in welcher Unsicherheit lebten dann die venezolanischen Bürger. Die Regierung werde sich vor der Welt für die «Zerstörung der Demokratie» verantworten müssen.
«Ich werde weiter kämpfen für die Venezolaner, für ihre Freiheiten und ihre Rechte, bis zum letzten Atemzug.» Ihr droht ein Prozess. Ortegas Konten wurden eingefroren. Sie darf das Land nicht verlassen.
Die Verfassungsgebende Versammlung hatte am Freitag im Gebäude des Parlaments ihre Arbeit aufgenommen, damit ist das bisherige Parlament de facto entmachtet. «Mit heroischem Mut, in den Händen des Volkes, wird die Verfassungsgebende Versammlung den Frieden zurückbringen», sagte Maduro in der Hauptstadt Caracas.
Die rund 540 Mitglieder der Versammlung, die die Verfassung reformieren sollen, zogen mit riesigen Porträts von Staatsgründer Simón Bolívar und Hugo Chávez, dem Begründer des Sozialismus-Projekts, in das Parlamentsgebäude ein.
Die Porträts waren Anfang 2016 von der Opposition nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl abgehängt worden. «Nichts und niemand wird die neue Geschichte verhindern. Wir werden siegen», sagte Maduro.
Die 545 Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung beschlossen in ihrer ersten regulären Sitzung zudem, «bis zu zwei Jahre» zu amtieren. Das Gremium soll die unter Maduros Vorgänger Hugo Chávez verabschiedete Verfassung aus dem Jahr 1999 ändern. Als übergeordnetes Staatsorgan steht das Gremium über dem 2015 gewählten Parlament, in dem die Mitte-rechts-Opposition über die Mehrheit verfügt.
Damit ist der wochenlange Machtkampf vorerst entschieden, allerdings erkennen Dutzende Staaten das Vorgehen nicht an und drohen mit Sanktionen, die USA halten sich einen Öl-Importstopp offen. Venezuela hat mit über 300 Milliarden Barrel die grössten Ölreserven der Welt, aber die Wirtschaft liegt brach, es gibt eine tiefe Versorgungskrise.
Die Mitgliedschaft Venezuelas im südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur wird dauerhaft auf Eis gelegt. Das beschlossen am Samstag die Aussenminister von Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay bei einer Sondersitzung in Brasilien.