Unfreiwillige Wahlhilfe für Trump
Bloombergs Bärendienst

Der Ex-Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, kritisiert das Niveau des US-Vorwahlkampfs. Jetzt liebäugelt er mit einer eigenen Kandidatur. Bloss würde er damit ausgerechnet den Pöbel-Anwärtern auf das Präsidentenamt in die Hände spielen.
Publiziert: 09.02.2016 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:22 Uhr
Milliardär, Besitzer einer Nachrichtenagentur, Ex-Bürgermeister: Wird Michael Bloomberg nun auch US-Präsidentschaftskandidat?
Foto: KEY
Georg Nopper

Kandidiert er? Kandidiert er nicht? Der frühere Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg (73), hat erstmals in der Öffentlichkeit über die Möglichkeit einer eigenen Kandidatur für das US-Präsidentenamt gesprochen. Er prüfe alle Optionen, sagt der 37-fache Milliardär und Gründer der Finanznachrichtenagentur Bloomberg der Zeitung «Financial Times».

Bloomberg würde neben den bereits bekannten Bewerbern der Demokraten und Republikaner als Unabhängiger kandidieren. Der Ex-Bürgermeister kritisiert das Niveau der bisherigen Debatten im Vorwahlkampf scharf: «Ich finde das Niveau des Diskurses und der Diskussion beunruhigend banal und eine empörende Beleidigung für die Wähler.» Die Amerikaner hätten Besseres verdient.

Wie Bloomberg gegenüber der Zeitung weiter sagt, müsste er Anfang März damit beginnen, seinen Namen auf die Stimmzettel setzen zu lassen. Sein Einstieg ins Rennen würde den ganzen Wahlkampf nochmals durcheinanderwirbeln, nachdem die Anti-Establishment-Kandiaten Donald Trump und Bernie Sanders mit ihrem Erfolg im Vergleich zu vermeintlich klaren Favoriten bereits für Überraschungen gesorgt hatten.

Zwar hat noch nie ein Unabhängiger die US-Präsidentenwahl gewonnen. Doch wie eine mit Bloombergs Ambitionen vertraute Person der Zeitung «New York Times» schon im Januar sagte, rechnet sich der Milliardär Chancen aus, sollten bei den etablierten Parteien extreme Kandiaten wie der pöbelnde Immobilien-Mogul Donald Trump oder der erzkonservative, auch nicht gerade zartbesaitete Senator Ted Cruz bei den Republikanern und der «demokratische Sozialist» Bernie Sanders bei den Demokraten das Rennen machen.

Landete in Iowa nur auf dem zweiten Platz, steigt in New Hampshire als Favorit ins Rennen: der republikanische Klamauk-Kandidat Donald Trump.
Foto: Keystone

Bei den Vorwahlen im Bundesstaat Iowa von letzter Woche hat Cruz den in Umfragen klar führenden Trump überraschend geschlagen. Trump landete im Lager der Republikaner auf dem zweiten Platz. Sanders schockierte währenddessen das Establishment bei den Demokraten mit einem hauchdünnen Rückstand von 0,2 Prozentpunkten gegenüber Ex-Aussenministerin Hillary Clinton.

Hillary Clinton, Bernie Sanders: Der Senator von Vermont schnitt bei den Vorwahlen der Demokraten in Iowa überraschend gut ab.
Foto: KEYSTONE/AP/JIM COLE

Bei den heutigen Vorwahlen in New Hampshire gilt Sanders Umfragen zufolge als klarer Favorit bei den Demokraten. Sanders ist Senator von Vermont, dem Nachbarstaat von New Hampshire. Das Lager der Republikaner wird von Trump angeführt.

Bei den Vorwahlen bestimmen die beiden grossen Parteien ihre offiziellen Präsidentschaftsbewerber. Die jeweiligen Spitzenkandidaten der Republikaner und Demokraten werden dann auf Parteitagen im Sommer gekürt. Experten glauben, Bloomberg würde mit seiner Kandidatur dem republikanischen Nominierten helfen, weil er sich für strengere Kontrollen im Waffenhandel und für mehr Umweltschutz einsetzt – und daher mehr Stimmen bei den Demokraten als bei den Republikanern abgraben würde. 

Eine noch vor den Vowahlen von letzter Woche in Iowa durchgeführte Bloomberg-Umfrage stützt diese Sichtweise: Bei den Republikanern, die Bloomberg kennen, bewerteten ihn nur neun Prozent positiv. Bei den Demokraten waren es 17 Prozent. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters und des Umfrageinsitituts Ipsos deutet in eine ähnliche Richtung: Sollten Trump und Clinton als offizielle Kandidaten ins Rennen steigen, würde ein Mitmischen Bloombergs den Vorsprung Clintons von zehn auf sechs Punkte sinken lassen. Bloomberg selbst käme der Umfrage zufolge in jeder Konstellation nur auf etwa zehn Prozent der Stimmen.

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