«So etwas habe ich noch nie durchgemacht»
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Chris Wallace rechnet ab:«So etwas habe ich noch nie durchgemacht»

Moderator Chris Wallace rechnet nach Debatten-Chaos mit Trump ab
«So etwas habe ich noch nie durchgemacht»

Moderator Chris Wallace verlor am Dienstagabend die Kontrolle über die TV-Debatte zwischen Trump und Biden. In einem Interview zeigt sich der Journalist enttäuscht und kritisiert den US-Präsidenten.
Publiziert: 01.10.2020 um 07:59 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2020 um 07:35 Uhr
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Fox-News-Moderator Chris Wallace führte am Dienstagabend durch die erste TV-Debatte.
Foto: imago images/UPI Photo
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Über 73 Millionen Amerikaner haben am Dienstagabend die erste TV-Debatte zwischen den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump (74) und Joe Biden (77) verfolgt. Der Showdown artete in totalem Chaos aus – Biden, und vor allem Trump, haben ständig dazwischengeredet. Wie oft in den amerikanischen Wohnzimmern zeitgleich geflucht wurde, ist nicht bekannt. Klar ist: Zwei von drei Befragten haben nach dem 90-minütigen Polit-Spektakel in Cleveland angegeben, unzufrieden mit der Debatte gewesen zu sein.

Chris Wallace (72) war als Moderator mittendrin im Chaos. Der Fox-News-Journalist wurde im Anschluss in den sozialen Netzwerken teilweise heftig kritisiert – von Links und Rechts. In einem Interview am Tag nach der TV-Debatte hat Wallace nun Stellung bezogen und seine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht. «Ich bin enttäuscht für das Land, weil es ein viel nützlicherer Abend hätte werden können», sagt er der «New York Times».

«Das hätte ich mir nie träumen lassen»

Wallace ist in den USA hoch angesehen und wird von beiden politischen Lagern respektiert. Er gilt als «letzter Journalist» beim Trump-freundlichen Sender Fox News. «Ich bin ein Profi», sagt er im Interview. «Aber so etwas habe ich noch nie durchgemacht. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es so aus dem Ruder laufen würde.»

Der 72-Jährige musste Trump am Dienstagabend insgesamt 76 Mal und Biden 15 Mal unterbrechen. Als der US-Präsident die Familie des Demokraten angreift und ihn während Minuten nicht zu Wort kommen lässt, platzt Wallace der Kragen. Er tadelt Trump vor dem Millionenpublikum: «Ich denke dem Land wäre besser gedient, wenn wir beiden Leuten erlauben würden, mit weniger Unterbrechungen zu sprechen. Ich appelliere an Sie, Sir, dies zu tun.»

Auf diesen Moment im Interview angesprochen meint Wallace, er habe «Verzweiflung» gespürt. Er habe sich gedacht: «Wenn ich nicht versuche, die Kontrolle über die Debatte zu übernehmen – und ich weiss nicht, ob mir das jemals gelang – dann würde sie völlig aus den Fugen geraten.»

Wallace überrascht von Trumps Strategie

Als Hauptverantwortlicher für das Debatten-Desaster haben Experten Trump ausgemacht. Und auch der konservative Journalist stimmt diesem Fazit zu. «Mir war nicht klar, dass das die Strategie des Präsidenten sein würde, nicht nur für den Beginn der Debatte, sondern für die gesamte Debatte», sagt er. Auf die direkte Frage des «New York Times»-Journalisten, ob das Scheitern der Debatte die Schuld des Präsidenten sei, antwortet Wallace vielsagend: «Er hat sicherlich nicht geholfen.»

Die Kommission für Präsidentendebatten will bei den nächsten Duellen nun für mehr Ordnung sorgen. In einer Erklärung am Mittwoch hiess es: Die erste Debatte habe deutlich gemacht, dass für die verbleibenden Debatten mehr Struktur nötig sei, um eine geordnetere Diskussion zu gewährleisten. Welche Massnahmen dafür umgesetzt werden müssen, soll bald bekannt gegeben werden. Die überparteiliche Kommission hat seit 1988 jede Debatte über die Präsidentschaftswahlen organisiert.

Mikrofon abstellen? «Der Präsident könnte trotzdem unterbrechen»

Wallace spricht sich im Interview allerdings gegen Vorschläge aus, den Moderatoren bei den nächsten Debatten zu ermöglichen, den Kandidaten die Mikrofone abzudrehen. «Praktisch hätte der Präsident, selbst wenn sein Mikrofon abgeschaltet gewesen wäre, weiterhin unterbrechen können», sagt er. Ein solcher Schritt könne ausserdem Konsequenzen haben. «Zu viele Menschen vergessen, dass diese beiden Kandidaten die Unterstützung von Dutzenden Millionen Amerikanern haben.»

Was er den Moderatoren der kommenden zwei Debatten rate, wird Wallace am Ende des Interviews noch gefragt. Der Journalist selbstkritisch: «Wenn einer der beiden Kandidaten diesen Weg geht, hoffe ich, dass Sie schneller als ich begreifen, was hier vor sich geht.»

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