Kritik wächst
US-Vorwahlen sind ein «manipuliertes Rennen»

Wenn Wahlsiege nicht viel zählen: Die beiden grossen US-Parteien haben sich ihr System so gestaltet, dass Aussenseiter möglichst draussen bleiben. Das macht es schwer für Sanders und Trump.
Publiziert: 17.04.2016 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:38 Uhr
Systemvorteil: Hillary Clinton bleibt vorn, obwohl Bernie Sanders gerade acht Vorwahlen gewann.
Foto: Seth Wenig
Attila Albert

Das System der US-Vorwahlen, so ist häufig zu lesen, sei «kompliziert». Doch in diesem Wahljahr beschleicht immer mehr Amerikaner ein unheimlicher Verdacht: Die Parteien haben es absichtlich so gestaltet, um Aussenseiter herauszuhalten.

So gewann Ted Cruz (45) gestern die Vorwahlen in Wyoming, obwohl gar keine Wahlen stattfanden. Die Führung der Republikaner entschied einfach selbst - alle 14 Delegierten für Cruz, keine für die anderen Kandidaten.

Verwirrend dazu, dass die beiden grossen Parteien parallel, aber nach verschiedenen Systemen ihre Kandidaten wählen, und dass sich diese zusätzlich je nach Bundesstaat unterscheiden. Mal dürfen alle Wähler bestimmten, mal nur Parteimitglieder, anderswo gar nur die lokale Parteispitze. Völlig uneinheitlich auch, wie die Wahlergebnisse in Delegierte umgerechnet werden.

Selbst, was eine «Parteimitgliedschaft» bedeutet, ist nicht einheitlich: In manchen Staaten reicht eine formlose Erklärung am Wahltag, in anderen endete für die selbe Partei die Frist bereits im vergangene Herbst.

Was das in der Praxis bedeutet, erleben vor allem die beiden unerwartet erfolgreichen Aussenseiter-Kandidaten Bernie Sanders (74, Demokraten) und Donald Trump (69, Republikaner): Das System ist gegen sie.

In Louisiana gewann Trump die Vorwahl mit 41,4 Prozent der Stimmen. Trotzdem bekommt er exakt gleich viele Delegierte, nämlich 18, wie der Zweitplatzierte Ted Cruz (45) der 37,8 Prozent erzielte.

Ebenso erging es Bernie Sanders in Wyoming. Er erhielt die Mehrheit der Stimmen, 55,7 Prozent, während Hillary Clinton nur 44,3 Prozent erreichte. Trotzdem erhielten beide gleich viele, nämlich sieben, Delegierte.

Auch in Colorado entschied sich die Parteiführung der Republikaner vor einigen Monaten, die Wahl einfach abzusagen. Statt dessen vergab sie selbst 34 Delegierte an Cruz, kein einziger an die anderen Kandidaten. 

In Guam (US-Territorium) waren bei den Republikanern neun Delegierte zu vergeben, es wurde aber nur einer vergeben - an Ted Cruz. Bei den anderen acht ist unklar, für wen sie stimmen werden.

Hinzu kommt, dass die Delegierten rechtlich gar nicht gebunden sind, auch tatsächlich für den Kandidaten zu stimmen, den die Wähler wollten. Bei den Demokraten werden neben den regulären Delegierten zusätzlich sogenannte «Superdelegierte» bestimmt - von Anfang an einem Kandidaten zugeordnet, aber praktisch frei zu wählen, wen sie wollen.

Ein «manipuliertes Rennen» nannte die New York Post die Vorwahlen im Ergebnis. So hat Hillary Clinton in Wyoming, als Beispiel, zwar mit 10,7 Prozent verloren, aber durch das System gewonnen: Sie erhält gleich viele Delegierte wie der eigentliche Gewinner, Sanders, und dann noch vier Superdelegierte obendrauf.

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