Nein, so lange wie einst der kubanische Präsident Fidel Castro sprach Donald Trump (70) in der Nacht auf heute nicht. Aber fast.
Weit über eine Stunde redet er. Über sein Leben, seinen verstorbenen Vater, die Liebe zu seinen Kindern, sein Geschäft, den politischen Auftrag.
Und natürlich über Hillary Clinton (68), die Hauptdarstellerin des viertägigen Parteikonvents der Republikaner in Cleveland.
Es sei «Obamas schlimmste Entscheidung» gewesen, Clinton zu seiner Aussenministerin zu machen, sagt Trump. «Sperrt sie ein, sperrt sie ein», johlen die Anhänger im Chor. Trump schüttelt den Kopf. «Nein, wir besiegen sie.» Später bezeichnet er Clinton als «Kriminelle».
Siegessicher
Er hält eine lange, aber eine siegessichere Rede.
Nicht ganz ohne die typischen Grimassen, aber etwas dezenter als sonst. Wie ein Präsident will er aussehen.
Er ist redundant wie oft, und doch ist er spezifischer als je zuvor. Er begeistert, obwohl er Dinge sagt, die mit republikanischen Idealen wenig gemein haben.
Er werde Amerika wieder «stolz, stark und sicher» machen, endet Trump kurz vor 23 Uhr 35 die Rede. «Ich werde für euch gewinnen.»
Danach tritt Gattin Melania Trump (46) auf die Bühne, küsst ihn, seine fünf Kinder, die Familie von Mike Pence (57), dem Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten. Ballone und Konfetti fallen vom Himmel, aus den Boxen dröhnt «All Right Now» der (ausgerechnet) britischen Rocker Free, die das übrigens überhaupt nicht lustig finden. Die Party der Republikaner ist vorbei.
Reich und friedlich
Nicht eloquent, aber selbstbewusst, manchmal grotesk, führt er zuvor durch ein politisches Programm, bedient sich linken wie rechten Ideen.
Hinter ihm stehen Dutzende von Sternenbanner. Er streckt beide Daumen in gewohnter Manier in die Höhe. Grinst.
Reich. Sicher. Friedlich. So würde das Amerika unter Donald Trump aussehen. Und zwar sobald er ins Weisse Haus einziehen wird, «am 20. Januar 2017 sind die USA wieder sicher». Dann lege er seinen Amtseid ab.
Dass das unmöglich ist, das kümmert keinen in der Quicken Loans Arena. Die Menge johlt. Ihr reicht, wenn Trump sagt: «Ich setze immer um, was ich verspreche.»
Keiner sei besser geeignet, Amerika zu stärken. Trumps Logik: «Ich habe Milliarden von Dollar verdient, jetzt werde ich unser Land wieder reich machen.»
Ein Programm wie einst Barack Obama
Millionen von Jobs werde er schaffen, die Amerikaner um «viele Billionen Dollar reicher machen», verspricht Trump. Mit dem so verdienten Geld werde er neue Brücken bauen, Strasse, Flughäfen und Eisenbahnen. Damit tönt er wie einst Präsident Barack Obama (54), der vor acht Jahren versprach, die Infrastruktur Amerikas zu verbessern.
Ohnehin verpackt Trump demokratische Anliegen in seine Rede. Für die Rechte von Schwulen und Lesben setze er sich ein. Eine Aussage, die bei frommen Wählern kaum ankommen dürfte – und doch jubeln ihm die Republikaner im Saal zu.
Sie scheinen zu akzeptieren, was Trump sagt. Zumal sie glauben, in Trump einen neuen Ronald Reagan gefunden zu haben. Einer, der Hillary Clinton schlagen kann.
Protektionismus
Keine Rolle spielt da, dass er mit dem geplanten Protektionismus gegen republikanische Werte verstösst. Zwar verspricht er tiefe Steuern. Gleichzeitig will er mit staatlichen Programmen die Wirtschaft ankurbeln – für traditionelle Konservative ein angsteinflössende Vorstellung.
Am meisten toben die Delegierten in der Halle, wenn Trump über die Mauer an der mexikanisch-amerikanischen Grenze redet, die er bauen will.
Einreisesperre für Franzosen?
Illegale Immigranten soll sie aus den USA fernhalten. Überhaupt dürften künftig nur noch Menschen aus Ländern in die USA kommen, die nicht unterwandert seien von Terroristen. Hat er gerade eine Einreiseverbot für Franzosen verlangt?
Das Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada will er kippen, der geplante Handelsvertrag mit der Europäischen Union werde unter ihm nie zustande kommen. Amerika müsse immer zuerst kommen. «Es geht um Amerikanismus, nicht Globalismus», sagt er – und verunglimpft China als «grössten Währungsmanipulator aller Zeiten».
Feindbild Hillary
Wäre noch Hillary Clinton. Er macht sie verantwortlich für den Aufstieg der Terrorbande «Islamischer Staat» und das Chaos im Nahen Osten. Vor 2009, als sie Aussenministerin geworden sei, sei es in Libyen, Irak und Syrien ruhig gewesen. Jetzt brenne die Region.
Was er unterschlägt: Das Chaos im Nahen Osten geht auf den Einmarsch der Amerikaner im Jahr 2003 im Irak zurück – los getreten vom republikanischen Präsidenten George W. Bush (70).
Islamistische Terroristen werde er zurückschlagen, die Kriminellen im eigenen Land ins Gefängnis stecken. «Ich bin der Law-and-Order-Kandidat», verspricht Trump.
Tochter Ivanka stellt ihn vor
Vor Trump redet seine Tochter Ivanka (34). Sie stellt ihren Vater als «Kandidaten des Volkes» vor. Als einer, der «echte Veränderungen bringen kann».
Vor allem spricht sie Amerikas Frauen an. Die Wählergruppe, die Trump zu 70 Prozent ablehnen. Ihr Vater sei «farbenblind und geschlechtsneutral». Schwarze, Latinos und vor allem Frauen habe er gefördert. Es ist eine wichtige Rede.
Sie und ihr Vater wissen: wenn genügend Frauen ihm seine Stimme geben, kann er im Januar tatsächlich ins Weisse Haus einziehen.