Chefredaktor Christian Dorer über die US-Wahlen
Die Hälfte will Trump – trotz allem!

Wer auch immer den Kampf ums Weisse Haus gewinnt, schon jetzt steht fest: Die Hälfte der Wähler will Trump – einen Präsidenten, der das Land mit Hass, Lügen und Verachtung regiert.
Publiziert: 04.11.2020 um 21:55 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2020 um 21:49 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Foto: Shane Wilkinson
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Die wichtigste Frage blieb am Abend des US-Wahltages offen: Wie heisst der Mann, der die USA von 2021 bis 2025 regieren wird – Donald Trump (74) oder Joe Biden (77)?

Dieser historische 3. November hat aber auch Gewissheiten gebracht:

Erstens ist die mächtigste Nation der Erde offenbar nicht in der Lage, ihre Regierung rasch, reibungslos und zuverlässig zu wählen.

Zweitens waren die Umfragen erneut für die Katz. Viele hatten Biden einen «erdrutschartigen Sieg» prophezeit und sahen ihn schon zehn Prozentpunkte vor Trump.

Drittens, und das ist wirklich kaum zu fassen: Die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger der USA will Donald Trump weitere vier Jahre als Präsidenten!

Bei der letzten Wahl 2016 war die Entscheidung für den Polit-Neuling vor allem ein Protest gegen das arrogante Polit-Establishment in Washington und gegen eine abgehobene Hillary Clinton, das Plädoyer für einen bedingungslosen Neubeginn, ein Experiment mit offenem Ausgang.

Damals konnte ja auch niemand wissen, wie ein Reality-TV-Star das Land regieren würde – ob jemand zum Präsidenten geeignet ist, stellt sich ohnehin immer erst heraus, wenn der Betreffende im Amt ist.

Heute weiss jeder US-Bürger: Donald Trump ist geblieben, wer er immer war.

Heute weiss aber auch die ganze Welt: Die Hälfte der US-Bürger will von jemandem regiert werden, der die Nation anlügt, der sie nicht eint, sondern spaltet, der sie zu Hass und Verachtung aufstachelt, wo er nur kann!

Die Hälfte der US-Bürger will einen Präsidenten, der globale Bündnisse widerlich findet, der sein Land von der internationalen Bühne wegführt, dem eine Weltgesundheitsorganisation ebenso egal ist wie weitreichende Abrüstungsverträge oder ein internationales Klima-Abkommen.

Die Hälfte der US-Bürger will einen Präsidenten, der die Gefahr von Corona leugnet, bis er selbst erkrankt, und der die Krise auch jetzt noch katastrophal handhabt.

Die Hälfte der US-Bürger will einen Präsidenten, der grobschlächtig auftritt, der seine politischen Gegner zu Verbrechern erklärt und dem Konkurrenten ums Weisse Haus Betrug vorwirft, der mitten am Wahltag die Auszählung stoppen will, der seinen Sieg verkündet, obwohl Millionen von Stimmzetteln noch nicht ausgewertet sind ...

Und das alles nur deshalb, weil dieser Mann versprochen hat, er mache «Amerika wieder grossartig».

Wer immer am Ende gewinnen wird: Er wird ein Präsident der gespaltensten Vereinigten Staaten von Amerika seit dem Bürgerkrieg vor mehr als 150 Jahren sein.

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