Beamte austauschen, Gerichte aushebeln, Gegner vernichten
Donald der Diktator

Für Donald Trump stehen die Chancen gut, ins Weisse Haus zurückzukehren. Schon jetzt bereitet er sich vor, um nach Belieben schalten und walten zu können. Wie viel Macht könnte er an sich reissen? Eine Analyse.
Publiziert: 10.03.2024 um 09:05 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2024 um 13:20 Uhr
Nach dem Super Tuesday war klar: Donald Trump ist offizieller Präsidentschaftskandidat der Republikaner.
Foto: Getty Images
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Guido FelderAusland-Redaktor

Wenn man auf Wettplattformen schaut, setzt die Mehrheit der Gambler am 5. November auf einen Sieg Donald Trumps (77). Der Republikaner strotzt noch mehr vor Selbstbewusstsein, seit er am Super Tuesday seine parteiinterne Mitbewerberin Nikki Haley (52) definitiv aus dem Rennen um den Einzug ins Weisse Haus geworfen hat. Seine Auftritte mit markigen und populistischen Worten imponieren den Amerikanern – vor allem, wenn man ihn im direkten Vergleich mit dem schwächelnden amtierenden Präsidenten Joe Biden (81) sieht. 

Zahlen untermauern diese subjektiven Einschätzungen: Trumps Umfragewerte liegen seit Wochen 2 Prozent über Bidens Zahl und haben Anfang März 48 Prozent erreicht. Im Wahlkampf vor vier Jahren war es umgekehrt: Biden fiel nie hinter Trump und holte sogar einen Vorsprung von stolzen 6 Prozent heraus. Trump zurück im Weissen Haus – mit diesem Szenario muss man rechnen.

Diktator «am ersten Tag»

Sein Wahlsieg würde nicht nur im eigenen Land, sondern weltweit ein Erdbeben auslösen. Noch nie ist ein US-Präsidentschaftskandidat mit einem so extremen Programm angetreten. Wegen des angeblichen Wahlbetrugs vor vier Jahren hat er dazu aufgerufen, die Verfassung ausser Kraft zu setzen. Und er verlangt, dass der Oberste Gerichtshof dem Präsidenten die volle Macht überträgt, damit er seine Gegner aus dem Weg räumen kann.

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Ein Comeback ist sehr gut möglich: Donald Trump liegt bei Umfragen vor Joe Biden.
Foto: AFP

Donald der Diktator? Er selber hatte sich schon zu diesem Thema geäussert und gesagt, dass er bei einem Wahlsieg zumindest «am ersten Tag» Diktator spielen würde. Philipp Adorf (40), USA-Experte an der Universität Bonn, sagt auch: «Die Instrumente zur Begrenzung von Trumps autokratischen Impulsen sind stark geschwächt worden.»

Trump ist vorbereitet

Trump geht laut Adorf eine mögliche zweite Amtszeit im Gegensatz zur ersten mit einer durchdachten Strategie an. «2025 würde Trump sein Kabinett mit Personen besetzen, die voll hinter ihm und seinen Absichten stehen», sagt Adorf. Darüber hinaus plane er, durch ein Exekutivdekret die Entlassung von Zehntausenden von Bundesbeamten zu ermöglichen und diese Positionen im administrativen Bereich mit Personen zu besetzen, die eine Umsetzung von Trumps Plänen garantieren würden. Bereits jetzt arbeiten Trump-Leute an einer Vielzahl von Exekutivdekreten, die Trump am ersten Tag, dem Diktator-Tag, umsetzen könnte. 

In die Schranken könnten Trump die Gerichte und der Kongress weisen. So haben bisher immer wieder selbst von Trump ernannte Richterinnen und Richter gegen Klagen und Vorstösse aus seinem Umfeld entschieden. Würde sich Trump aber als Präsident noch an nicht genehme Urteile halten? Es ist Kaffeesatzlesen. In einem solchen Fall hätten entsprechende Regierungsstellen die Aufgabe, Gerichtsbeschlüsse umzusetzen. «Wenn aber Trump den Verwaltungsstaat mit loyalen Persönlichkeiten besetzt, besteht die Möglichkeit, dass auch diese ihr Möglichstes tun, um die Umsetzung eines Gerichtsurteils zu verzögern oder gar auszusetzen», sagt Adorf. 

Auch im letzten Kontrollorgan, dem Kongress, sieht es nach einer republikanischen Mehrheit aus. Im Repräsentantenhaus gehen laut Adorf die Republikaner als Favoriten ins Rennen. Im Senat könnte bei einer Pattsituation Trumps Vizepräsident Zünglein an der Waage spielen. 

Abgeordnete stramm hinter ihm

Bildeten während Trumps Amtszeit die Republikaner im Kongress insbesondere in aussenpolitischen Fragen teilweise einen Gegenpol zu Trump, hat sich das inzwischen geändert. Adorf: «Die isolationistischen Tendenzen Trumps sind heute auch in den Kongressfraktionen der Republikaner weit verbreitet. Generell wissen die republikanischen Abgeordneten, dass Trump innerhalb der Wählerschaft enorm populär ist und es politisch nicht ratsam ist, sich gegen Trump zu stellen.» So seien von den zehn Republikanern, die im Januar 2021 für eine erneute Amtsenthebungsanklage stimmten, in den Zwischenwahlen 2022 nur zwei wiedergewählt worden. 

Bevor es aber zu einem Diktator Donald kommt, muss er am 5. November die Wahlen gewinnen. Trotz Umfragen und Wett-Tendenzen ist ein Erfolg alles andere als sicher. «Ich würde ihn nicht als Favoriten sehen», sagt Philipp Adorf. «Spätestens im Sommer wird Trump im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stehen. Die Wählerinnen und Wähler werden dann tagtäglich mit seinem allgemein unpopulären aggressiven Verhalten und den rechtlichen Problemen konfrontiert werden, sodass seine Umfragewerte zurückgehen könnten.» 

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