Trumps grosse Abrechnung mit Deutschland
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Truppenabzug als Strafaktion:Trumps Abrechnung mit Deutschland

USA ziehen als Strafaktion 12'000 Soldaten ab
Trumps grosse Abrechnung mit Deutschland

US-Präsident Trump straft Deutschland ab. Die USA ziehen nicht nur fast 12'000 Soldaten aus dem Land ab, sie verlagern auch zwei Kommandozentralen – und übertreffen damit alle Befürchtungen auf deutscher Seite. Was treibt Trump zu diesem Schlag gegen den US-Verbündeten?
Publiziert: 30.07.2020 um 08:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.07.2020 um 15:54 Uhr
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US-Präsident Trump macht Ernst mit dem angedrohten US-Truppenabzug aus Deutschland.
Foto: AFP

Bevor Donald Trump (74) zum US-Präsidenten gewählt wurde, war er Geschäftsmann. Viele Dinge betrachtet er auch heute noch aus dieser Perspektive. Oft spricht er darüber, wer wie viel wofür bezahlt hat, und droht mit Konsequenzen, sollte es zu wenig sein. Nun ist der Lieblingsgegner unter den traditionellen US-Verbündeten an der Reihe. Heisst es für US-Truppen in Deutschland endgültig: Goodbye Germany?

Während US-Verteidigungsminister Mark Esper (56) und Vertreter der Militärführung am Mittwoch bei Bekanntmachung der Pläne im Pentagon zunächst bemüht sind, die Entscheidung strategisch zu begründen, macht Trump im Garten des Weissen Hauses unverhohlen klar, dass es sich dabei um eine Strafaktion handelt. «Deutschland schuldet der Nato Abermilliarden an Dollar», sagt Trump.

Es ist ein immer wieder geäusserter Vorwurf an die Adresse Berlins, dass dort zu wenig in die Verteidigung investiert werde. Grundlage für Trumps Kritik ist das Zwei-Prozent-Ziel des Verteidigungsbündnisses, das vorsieht, dass sich alle Alliierten bis 2024 dem Ziel annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland hat die Ausgaben in den vergangenen Jahren zwar deutlich gesteigert, lag aber 2019 dennoch erst bei einem BIP-Anteil von 1,38 Prozent.

Es kommt für Deutschland noch viel schlimmer als erwartet

Auch wenn Mark Esper am Mittwoch betont, er habe die Pläne vergangene Woche mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (57) besprochen und werde dies auch in den kommenden Tagen und Wochen im Detail tun, hat die Entscheidung die Bundesregierung im Juni kalt erwischt. Sie erfuhr aus den Medien davon. Der Teilabzug der US-Truppen aus Deutschland, so Esper, soll «so schnell wie möglich» passieren. Auch wenn die parlamentarischen Staatssekretäre aus dem Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt am Mittwoch in einer Unterrichtung der Experten des Bundestages den Eindruck hinterliessen, als wenn sie noch nicht in alle Details eingeweiht sind.

Fest steht aber: Es soll noch viel schlimmer kommen als erwartet. Mit fast 12'000 Soldaten gehen die Pläne schon zahlenmässig deutlich weiter als die zunächst kommunizierten 9500 Soldaten. Noch schmerzhafter ist es, dass die Amerikaner zwei wichtige Kommandozentralen verlagern wollen. Von den Patch-Baracks in Stuttgart-Vaihingen aus werden derzeit noch die US-Einsätze in ganz Europa und in Afrika gesteuert. Das Europa-Kommando soll nun nach Mons in Belgien verlegt und dort mit dem militärischen Nato-Hauptquartier in Europa verzahnt werden. Für das Afrika-Kommando ist noch kein Standort gefunden. Der Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, Tod Wolters (59), machte aber klar, dass die USA auch dieses Hauptquartier verlegen wollen.

Für Stuttgart ist das ein harter Schlag. Viel schlimmer sieht es aber für die strukturschwache Eifel in Rheinland-Pfalz aus. Dort wird vom Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem wahrscheinlich nicht mehr viel übrig bleiben. Das dort stationierte Geschwader von F-16-Kampfflugzeugen soll inklusive Besatzung, Unterstützungskräften und Technikern abgezogen werden. Für die Region wird das erhebliche wirtschaftliche Folgen haben. Aus Vilseck in der bayerischen Oberpfalz am riesigen Truppenübungsplatz Grafenwöhr sollen 4500 Soldaten in die USA zurückverlegt werden. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (72, Grüne) hatte vor wenigen Wochen gewarnt, dass ein Abzug einen «dramatischen Einschnitt» für die betroffenen Regionen und das Verhältnis der beiden Länder darstellen würde.

Trump: Nicht gut für Deutschland, doch gut für USA

Trump scheinen die wirtschaftlichen Folgen des Abzugs bewusst zu sein. «Jetzt sagt Deutschland, es sei schlecht für seine Wirtschaft», sagt er am Mittwoch. «Nun, es ist gut für unsere Wirtschaft.» Kritiker sehen hinter seiner Hau-Ruck-Entscheidung denn auch rein politische Motive. Am 3. November wird in den USA gewählt, und in Umfragen sieht es derzeit nicht gut für Trump aus. Die Strafaktion für Deutschland kann möglicherweise auch ein klein wenig von den Problemen ablenken, die Trump zum Beispiel mit der Corona-Pandemie hat.

Der US-Präsident bemängelt nicht nur die aus seiner Sicht unzureichenden Verteidigungsausgaben Berlins, sondern beklagt auch immer wieder den deutschen Handelsüberschuss und wirft Deutschland Abhängigkeit von Russland in der Energiepolitik vor. Die USA wollen mit allen Mitteln die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 verhindern – und das ist nicht nur Trumps Bestreben.

Doch ob der Truppenabzug tatsächlich so über die Bühne gehen kann wie angekündigt, ist unklar. Es gibt erheblichen Widerstand, auch bei Trumps Republikanern. Aus ihrer Sicht würde ein Abzug von US-Soldaten aus Deutschland auch die «nationale Sicherheit der USA gefährden», warnten der führende Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, Michael McCaul (58), und fünf seiner republikanischen Kollegen kürzlich in einem Brief an Trump.

«Schlag ins Gesicht eines Freundes» und «Geschenk an Russland»

Im Kongress besteht Sorge, dass der Abzugsplan die Nato schwächen und Russland in die Hände spielen könne. Die Pläne der Regierung seien «ein Schlag ins Gesicht eines Freundes und Verbündeten» und ein «Geschenk an Russland», schreibt der republikanische Senator Mitt Romney (73) auf Twitter.

Die Umsetzung der Pläne ist nicht nur eine logistische Herausforderung, sondern auch eine kostspielige Angelegenheit. Trump kann den Teilabzug als Oberbefehlshaber der Streitkräfte anordnen. Für die Umsetzung braucht er aber Geld. Sobald die Kosten klarer seien, werde man mit dem Kongress zusammenarbeiten, «um die Ressourcen zu bekommen», sagte der stellvertretende Generalstabschef John Hyten (60).

Der Kongress müsste die Gelder bewilligen – und das könnte die entscheidende Hürde sein. Die Kongressabgeordneten könnten Trumps Pläne über den Militärhaushalt blockieren oder wenigstens erschweren. Und es gibt eine weitere Unbekannte: Sollte Trump im November die US-Wahl verlieren, könnte sein Nachfolger die Pläne auf Eis legen.

Trump will Schritt überdenken, wenn Deutschland zahlt

Auch von Militärs werden die Abzugspläne kritisiert. Der frühere Befehlshaber der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, nannte die Pläne am Dienstag auf Twitter erneut einen «kolossalen Fehler». Die Entscheidung sei rein politisch motiviert und folge keiner Strategie. «Jetzt musste unsere militärische Führung nach geschaffenen Tatsachen einen ad-hoc-Plan ausarbeiten, um diese Ankündigung zu rechtfertigen», schrieb er. Deutschland sei ein unverzichtbarer Verbündeter, den die USA für ihre eigene Sicherheit bräuchten.

Schon im Wahlkampf 2016 gerierte sich Trump als der Anti-Kriegs-Präsident, der versprach, die langwierigen Einsätze auf der anderen Seite des Atlantiks zu beenden und die Soldaten «nach Hause» zu holen. Oft wirft er die Frage auf, warum die USA in Konflikten anderer Länder mitmischten. Mit Blick auf Deutschland fragt er, warum die USA Europa vor Russland verteidigen sollten, wenn Deutschland gleichzeitig Ölgeschäfte mit Russland mache.

Am Dienstag sagt Trump erneut, die Soldaten seien zum Schutz Deutschlands da. «Und Deutschland soll dafür bezahlen. Deutschland zahlt nicht dafür. Warum sollten wir sie (die Soldaten) dalassen?» Er könnte den Schritt überdenken, «wenn sie (die Deutschen) anfangen, ihre Rechnungen zu bezahlen». Trump wirft Deutschland vor, die USA beim Handel und beim Militär zu übervorteilen. «Sie haben uns seit vielen Jahren ausgenützt.» Dazu erklärte auch US-Verteidigungsminister Esper: «Deutschland ist das wohlhabendste Land in Europa. Sie können und sollten das vereinbarte Nato-Zwei-Prozent-Ziel erfüllen.» (SDA/kes)

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