Die diplomatische Karriere Kelly Crafts passt in wenige Zeilen. 2007 machte George Bush sie kurzzeitig zu einer stellvertretenden Delegierten bei der Uno-Generalversammlung. Danach passierte lange nichts, bis Donald Trump Präsident wurde. Für den spendeten die Unternehmensberaterin und ihr Mann – Kohle-Milliardär Joe Craft – laut «New York Times» mehr als zwei Millionen Dollar. Der «Washington Post» zufolge hatte das Paar zumindest zwischenzeitlich auch eine Gold-Mitgliedschaft in Hotels der Trump-Gruppe.
Ab 2017 dann ging es ziemlich schnell: Craft wurde Botschafterin in Kanada und startet nun als Uno-Botschafterin ihn New York, wo sie im Sicherheitsrat auf Russland und China trifft. Erwartet wird aber, dass sie die grosse Aussenpolitik den mächtigen Männern in Washington überlässt. Craft selbst sagte bei einer Senatsanhörung, sie werde ihre neue Position mit «Demut» einnehmen, sie habe «viel über die Vereinten Nationen zu lernen».
Ohne Posten in Trumps Kabinett
Dass Trump die Stelle nach dem Ausscheiden von Crafts Vorgängerin Nikki Haley acht Monate lang unbesetzt liess, wird in New York als deutliches Zeichen für die mangelnde Wertschätzung Trumps für die Uno gewertet. Das zeigt sich auch darin, dass der 57-jährigen Craft aus Kentucky anders als Haley kein Posten in Trumps Kabinett zukommt, was sie deutlich abhängiger von der Linie von Aussenminister Mike Pompeo macht. Experten sehen das auch als Schwächung der USA im oft blockierten Uno-Sicherheitsrat.
Politisch wird Craft von Kritikern ohnehin als Leichtgewicht ohne Profil gesehen. «Sie verfügt nicht über die erforderlichen Empfehlungen, Kenntnisse oder Erfahrungen, um die Interessen und Werte der USA bei den Uno wirksam zu vertreten und verteidigen», heisst es in einem Bericht von den Demokraten im Auswärtigen Ausschuss des Senats. Ihre einzige Qualifikation für den Job scheine das Geld zu sein, das sie und ihr Mann an Trump gespendet hätten. Der Senat hatte Crafts Nominierung mit den Stimmen der Republikaner bestätigt.
Umstrittene Aussage zum Klima
Im Fokus stand zuletzt auch ihre Position beim Thema Klima, denn zu Beginn ihrer Amtszeit in Kanada sorgte Craft mit der Aussage für Aufsehen, «beide Positionen» der Wissenschaft zum Klimawandel zu verstehen. Dazu muss man wissen, dass ihr Mann als Kohle-Magnat übereinstimmenden Medienberichten zufolge deutlichen Einfluss auf die umstrittene Klimapolitik der Trump-Regierung hat. Kelly Craft erkannte inzwischen an, dass sich das Klima wandelt.
Auch einige Diplomaten schätzen Craft nicht als sonderlich starke Neubesetzung ein – vor allem im Vergleich mit Haley, die gerade anfangs grosse Freiheiten genoss und Teile der aussenpolitischen Positionen Washingtons im Alleingang besetzte. Und trotzdem brauchen sie Craft: «Sie mag nicht perfekt sein, aber die Botschafter aus Europa und von anderen Schlüsselverbündeten können ihren Start bei den Vereinten Nationen kaum erwarten», erklärt Richard Gowan, Uno-Experte des Think Tanks Crisis Group.
Warmherzig und ausgleichend
Denn die US-Mission gilt Gowan zufolge seit dem Abgang Haleys als kopflos und befremdete manchmal auch die eigenen Verbündeten. Craft, so die Hoffnung, soll die USA zumindest organisatorisch auf Linie bringen. Mehr noch: Ihr Ruf als «anständige Person» lässt Diplomaten hoffen, dass man mit ihr pragmatisch arbeiten kann.
Menschen, die die mehrfache Mutter kennen, beschreiben sie als warmherzige Frau mit exzellenten sozialen Fähigkeiten. Diese habe sie als Botschafterin in Kanada auch bei der schwierigen Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta ausgespielt. Wenn es ganz zäh wurde zwischen US-amerikanischen und kanadischen Verhandlern, habe sie für Entkrampfung und Ausgleich gesorgt. Und so am Ende zu einem Erfolg der Gespräche beigetragen.
Erste Bewährungsprobe in zwei Wochen
Dabei bleibt die Frage, welche Themen Craft überhaupt für sich besetzen kann, wenn Washington die grossen Weichenstellungen vornimmt. «Es ist unwahrscheinlich, dass Craft eine grosse Rolle bezüglich des Irans, Jared Kushners Nahostplan oder Nordkoreas haben wird», sagt Experte Gowan. Übrig blieben dann die aus Sicht Washingtons zweitrangigen Konflikte, zum Beispiel im Jemen, dem Sudan oder im Kongo. Auch wird spekuliert, dass Craft sich auf humanitäre Hilfe in Krisen fokussieren könnte. Ein Feld, in dem es wenig Konfliktpotenzial mit der Trump-Administration geben dürfte.
Crafts erste Bewährungsprobe wartet schon in zwei Wochen, wenn sich die politische Elite zur Uno-Generalversammlung in New York trifft. Denn die Aufmerksamkeit dort mag Donald Trump viel lieber als die Organisation selbst, sagt Experte Gowan. Und Craft soll ihm die Bühne bereiten. «Und wenn es nicht gut ausgeht, dann wird er sie dafür verantwortlich machen, auch wenn sie nichts dafür kann.» (SDA)