Tötung von George Floyd
So lief der erste Prozesstag gegen Killer-Cop Derek Chauvin

Der Prozess gegen Derek Chauvin hat begonnen. Der Ex-Polizist hatte letztes Jahr in Minneapolis (USA) George Floyd getötet. Die Stadt im Bundesstaat Minnesota wird dabei zur Hochsicherheitsfestung.
Publiziert: 29.03.2021 um 05:51 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2021 um 05:15 Uhr
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Derek Chauvin (r.) und sein Anwalt im Gericht.
Foto: Keystone

Fast ein Jahr nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd (†46) bei einem Polizeieinsatz in den USA schaut die Welt erneut nach Minneapolis. Am Montag startete das Hauptverfahren gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin (45), doch der erste Prozesstag brachte nicht viel Licht ins Dunkle.

Jetzt steht Killer-Cop Derek Chauvin vor Gericht
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Tötung von George Floyd:Jetzt steht Killer-Cop Derek Chauvin vor Gericht

Chauvin wird unter anderem Mord zweiten Grades vorgeworfen, worauf im Bundesstaat Minnesota bis zu 40 Jahre Haft stehen. Auch ist der weisse US-Amerikaner wegen Mordes dritten Grades (bis zu 25 Jahre Haft) sowie wegen Totschlags zweiten Grades angeklagt. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft. Der Ex-Polizist war auf Kaution frei.

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Geschworene werden nicht gezeigt

Das Gericht hatte vergangene Woche die Auswahl der Geschworenen abgeschlossen. Wie CNN schreibt, sind acht von ihnen weiss, vier schwarz und zwei haben eine andere Hautfarbe.

Der Prozess begann mit Eröffnungsplädoyers der Anklage und der Verteidigung. Die Anklage will den Geschworenen darlegen, dass Floyd ermordet wurde. Die Verteidigung versucht darzulegen, Floyd sei an einer Überdosis, nicht durch das Knie auf seinem Hals, gestorben. Chauvin, der noch nicht zu Wort kam, machte sich laufend Notizen.

Die 14 Geschworenen, die letztlich über seine Schuld oder Unschuld befinden werden, sollen dabei aber nicht gezeigt werden. Zwei der Jury-Mitglieder gelten als Ersatzkandidaten, am Schluss werden also nur zwölf das Urteil fällen.

Richter Peter Cahill geht davon aus, dass das Hauptverfahren bis zu einen Monat dauern könnte.

Chauvin plädiert auf nicht schuldig

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai 2020 in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme ums Leben gekommen. Videos haben dokumentiert, wie Polizisten den unbewaffneten Floyd zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie über acht Minuten lang in Floyds Hals. «Ich kann nicht atmen», flehte der 46-Jährige mehrfach, bevor er für immer verstummte.

Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert. Er wird unter anderem von Top-Advokat Eric Nelson vertreten. Seine Verteidiger erklären, der Einsatz sei gerechtfertigt gewesen, weil Floyd Widerstand geleistet habe. Zudem argumentieren sie, dass sein Tod nicht auf Gewalteinwirkung zurückgehe, sondern vor allem auf dessen vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut.

«Das war Folter»

«Das ist kein schwieriger Fall», erklärte ein Anwalt von Floyds Familie, Ben Crump, vergangene Woche. «Was George Floyd getötet hat, war eine Überdosis an exzessiver Gewalt.»

Er rechne damit, dass die Verteidiger von Chauvin vor Gericht versuchen werden, Floyds Ansehen in Verruf zu bringen. Die Tatsache, dass Rückstände von Drogen in dessen Blut gefunden wurden, lenke jedoch nur von der eigentlichen Todesursache ab: dass Chauvin sein Knie minutenlang in Floyds Nacken gepresst habe. Falls Floyd weiss gewesen wäre, würde niemand daran zweifeln, sagte er. «Das war Folter.»

Staatsanwalt: «Verrat an Eid»

Vor Beginn des Prozesses knieten Floyds Angehörige und der Anwalt für 8 Minuten und 46 Sekunden. So lange, wie auch Chauvin sein Knie in Floyds Nacken rammte.

Der Staatsanwalt Jerry Blackwell beschuldigte Chauvin, «Verrat» an seinem Eid – niemals unnötige Gewalt anzuwenden – begangen zu haben. Der Polizist habe Floyd das Knie so lange in den Nacken gerammt, «bis das Leben aus ihm herausgepresst war.»

Floyd sei in Handschellen gewesen und habe 27 mal gefleht, ihn atmen zu lassen, doch Chauvin habe nicht von ihm abgelassen, so Blackwell. Auch habe Chauvin die Passanten, unter denen eine Sanitäterin gewesen sei, daran gehindert, zu helfen, sagte er.

Verteidiger: «Tat, wozu er ausgebildet worden war»

Der Verteidiger von Derek Chauvin wandte sich in seiner Rede an die Geschworenen: «Ich schlage vor, dass Sie sich während des Prozesses von gesundem Menschenverstand und Vernunft leiten lassen.»

Derek Chauvin habe «genau das getan, wozu er im Laufe seiner 19-jährigen Karriere ausgebildet worden war», sagte Nelson. «Die Anwendung von Gewalt ist nicht attraktiv, aber es ist ein notwendiger Bestandteil der Polizeiarbeit», fügte er hinzu.

Holzwände und Stacheldraht

Die Verhandlung mit Derek Chauvin vor Ort läuft unter schweren Sicherheitsvorkehrungen. Die Stadt wurde wegen dieses bedeutenden Prozesses zur Festung! 2000 Soldaten der Nationalgarde und 1000 Polizisten wurden mobilisiert und bewachen das Areal rund ums Gericht. Die Gegend wurde mit Holzwänden, Betonsperren, Sicherheitszäunen und Stacheldraht gesichert.

«Es wird auf allen Seiten sehr hohe Emotionen geben, und wir werden vorbereitet sein», sagte der Gouverneur der Stadt, Tim Walz. Die Sicherheitskräfte wollen friedliche Proteste zulassen, aber auch Ausschreitungen verhindern, wie es sie nach Floyds Tod gegeben hatte.

Floyds Tod führte zu weltweiten Massenprotesten

Hunderte Menschen demonstrieren gegen Rassismus
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In mehreren Schweizer Städten:Hunderte Menschen demonstrieren gegen Rassismus

Die Erwartungen an den Prozess sind immens – Floyds Schicksal hatte in den USA monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt. Die Proteste erschütterten das Land in historischem Ausmass.

Auch in anderen Ländern der Welt, darunter in der Schweiz, gingen Menschen gegen Rassismus auf die Strasse. Viele Menschen in den USA hoffen auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt setzt.

Auch US-Präsident Joe Biden werde den Prozess «sicherlich genau verfolgen», sagte seine Sprecherin Jen Psaki. Biden hatte sich im vergangenen Jahr – noch als Kandidat – mit Floyds Angehörigen getroffen, darunter dessen Tochter.

27 Millionen Dollar für Floyds Familie

Die Stadt Minneapolis hatte sich erst kürzlich wegen des Handelns der Polizei mit Floyds Familie auf eine Vergleichszahlung in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (etwa 25 Millionen Franken) geeinigt. Das strafrechtliche Verfahren ist davon aber nicht direkt betroffen.

Neben Chauvin sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt, die in einem separaten Verfahren ab dem 23. August vor Gericht stehen werden. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen könnten langjährige Haftstrafen drohen. (man/SDA)

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