Wegen einer Anschlagsdrohung per E-Mail haben die Behörden von Los Angeles am Dienstag alle öffentlichen Schulen in der kalifornischen Metropole geschlossen. Noch vor Unterrichtsbeginn informierten die Schulbehörden mehr als 640'000 Schüler vom Vorschulalter bis zur zwölften Jahrgangsstufe, dass sie nicht zum Unterricht kommen sollen. Wer bereits auf dem Weg war, wurde beim Eintreffen in der Schule wieder nach Hause geschickt.
Nach Angaben der Schulbehörde wurde die E-Mail von einem Computer gesendet, dessen IP-Adresse in Frankfurt angesiedelt sein soll. Der Vorsitzende des Innenausschusses im US-Repräsentantenhaus, Michael McCall, erklärte, der elektronische Pfad werde nun zurück nach Europa verfolgt.
Der Autor der E-Mail habe sich als Dschihadist ausgegeben und mit dem Einsatz von Nervengas gedroht, sagte der kalifornische Parlamentarier Brad Sherman dem US-Sender CNN nach Einsicht des Schreibens. Von 32 Komplizen des Islam-Fanatikers sei die Rede.
Sherman zog die Glaubwürdigkeit der E-Mail in Zweifel. Sie habe Tippfehler enthalten und einen «pornografischen Bezug zu einem Körperteil», den Dschihadisten eher nicht herstellen würden.
Polizei und Schulbehörde machten keine genauen Angaben zur Art der Bedrohung. Die Drohung habe sich gegen mehr als eine Schule gerichtet, sagte Ramon Cortines, Leiter des nach New York zweitgrössten Schulbezirks in den USA. «Wir gehen kein Risiko ein», betonte er.
Alle rund 900 Schulen sollten deshalb nach möglichen Sprengsätzen oder Waffen durchsucht werden. Ob der Unterricht am Mittwoch fortgesetzt werden kann, war zunächst nicht klar. Wie in Europa stehen auch für die Schüler in den USA die Weihnachtsferien kurz bevor.
Auch in New York gab es nach Angaben der Polizei eine fast identische Drohung - ebenfalls «aus dem Ausland» -, die dort aber als nicht glaubwürdig eingestuft wurde. «Solche Drohungen sollen Angst verbreiten. Wir können nicht zulassen, dass das Mass an Angst steigt», sagte New Yorks Polizeichef William Bratton. Die Massnahmen in Los Angeles bezeichnete er wörtlich als «Überreaktion».
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Drohung in Los Angeles machten Spekulationen die Runde, es könnte sich um einen schlechten Scherz gehandelt haben. Mehrere Experten erklärten, es dürfe nicht zu einer Situation kommen, in der sich die USA von Drohgebärden ins Bockshorn jagen und zu übereilten Massnahmen verleiten lasse.
Der Leiter der Schulbehörde rechtfertigte sein Vorgehen. «Ich glaube, es ist wichtig, diese Vorsichtsmassnahmen zu treffen, wenn man bedenkt, was kürzlich passiert ist», sagte Cortines.
Im kalifornischen San Bernardino, nur eine gute Autostunde von Los Angeles entfernt, waren vor zwei Wochen bei einer Attacke auf eine öffentliche Einrichtung 14 Menschen sowie die beiden Angreifer getötet worden. Das FBI hatte den Angriff durch zwei radikalisierte Muslime als Terrorakt gewertet.
Der Gebrauch von Schusswaffen auf dem Gelände von Schulen und Universitäten hat sich in den USA in der jüngeren Vergangenheit stark ausgebreitet. Präsident Barack Obama verlangte deshalb wiederholt, die umstrittenen Waffengesetze zu verschärfen.