Deshalb befindet sich Venezuela in der Krise
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BLICK erklärt:Deshalb befindet sich Venezuela in der Krise

USA, Lima-Gruppe und EU-Staaten anerkennen Guaidó
Nur die Schweiz windet sich

Der Machtkampf in Venezuela ist praktisch entschieden. Nur noch Autokraten-Staaten wie Russland und China stehen hinter dem umstrittenen Staatschef Maduro. Doch die Schweiz tut sich schwer, eine Linie zu finden.
Publiziert: 06.02.2019 um 13:10 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2019 um 14:48 Uhr
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Der Westen hat Parlamentspräsident Juan Guaidó nahezu vollständig als Interimspräsident von Venezuela anerkannt.
Foto: AFP
Petar Marjanovic, Fabienne Kinzelmann

Land für Land entscheidet sich derzeit: Auf welcher Seite stehen wir in der Venezuela-Frage? Auf der des umstrittenen Staatschefs Nicolás Maduro, der als Sozialist sein Land in eine schwere Krise gestürzt hat? Oder auf jener des selbst ernannten Staatspräsidenten Juan Guaidó?

Viele Staaten haben schon Position bezogen. Fast vierzig wollen Guaidó unterstützen – darunter die meisten westlichen Staaten wie die USA oder die Lima-Gruppe, zu der viele lateinamerikanische Länder gehören. Zu Maduro hingegen halten weiterhin Länder wie Russland oder China. 

Unentschieden bleibt aber das Land, das stets für Menschenrechte und Demokratie einstand: die offizielle Schweiz.

Schweiz will mit allen reden können

Sie begründet dies mit einer langjährigen Tradition, wonach die Schweiz «grundsätzlich nur Staaten, nicht aber Regierungen» anerkenne. Das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) erklärte gestern zu BLICK, dass man «keine diplomatischen Kontakte» abgebrochen habe. «Diese Kontakte laufen über die üblichen diplomatischen Kanäle», sagt EDA-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger auf Anfrage.

BLICK wollte wissen: Kann man daraus ableiten, dass die Schweiz mit der Maduro-Regierung kooperiert, weil die Schweizer Diplomaten vor Ort von Maduros Entourage akkreditiert wurden?

Auch hier eine Antwort der puren Neutralität. Das EDA dementiert nämlich, dass man daraus irgendeine Nähe zur jenen oder anderen Seite lesen könnte. «Die diplomatischen Kanäle erlauben es, mit allen Parteien zu sprechen, nicht nur mit der Regierung», konkretisiert das EDA.

Die Schweiz windet sich! In den vergangenen Tagen kam nämlich die Eidgenossenschaft immer wieder auf die Liste angeblicher Gegner des Sozialisten Maduro. Schuld waren venezolanische Medien, die einen Tweet eines Schweizer Diplomaten missverstanden hatten. 

Botschafter löste Verwirrung aus

Bénédict de Cerjat, der als Chef der Amerika-Abteilung des Eidgenössischen Aussendepartements auch einen Botschafts-Titel trägt, twitterte nämlich: «Die Schweiz erachtet die Nationalversammlung in Folge der demokratischen Wahlen von 2015 als legitim, sowie auch deren neu gewählten Präsidenten Juan Guaidó. Deren Freiheiten und Befugnisse müssen respektiert und deren Sicherheit gewährleistet werden.»

Nicht wenige lasen in dem Statement, dass sich die Schweiz zu Guaidó bekennt. Sogar die Grafiker von Wikipedia färbten die Eidgenossenschaft zeitweise als Maduro-Gegnerin ein! Doch es war ein Missverständnis. Gemeint war: Die Schweiz anerkenne Guaidó nur als Präsidenten der Nationalversammlung – nicht als Präsidenten des Landes. Das EDA präzisierte kurz nach dem mehrdeutigen Tweet: «Die Schweiz äussert sich nicht zur Präsidentschaftssituation.»

Manfred Elsig, Professor für internationale Beziehungen der Universität Bern, glaubt, dass die Schweiz unter Druck kommen wird. Dennoch sagt er: «Die Schweiz wird als Vermittlerin unglaubwürdig, wenn sie sich für Option A oder B entscheidet.» Als neutrale Vermittlerin aufzutreten, könne auch eine Chance für die Schweizer Aussenpolitik sein.»

Sanktionen der Schweiz gegen Venezuela

Der Bundesrat hat sich im März 2018 der EU angeschlossen und die Sanktionen gegen Venezuela verschärft. Die Sanktionen gegenüber Venezuela wurden aufgrund der Verletzung von Menschenrechten und der Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Institutionen erlassen. Im Nachgang zu den Präsidentschaftswahlen vom 20. Mai 2018 wurde der Kreis der Personen, welche den Reise- und Finanzsanktionen unterstellt sind, am 10. Juli 2018 um elf Personen erweitert – dies ebenfalls aufgrund eines vorgängigen Beschlusses der EU.

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