Der Tag der Wahrheit rückt näher: Der US-Senat soll nach dem Willen des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell noch in dieser Woche Kavanaugh als neuen Richter für den Surpreme Court bestätigen. Ein Termin für eine erste Abstimmung wurde für Freitag angesetzt. Dann sollen die Senatoren entscheiden, ob die Debatte begrenzt und der Nominationsprozess vorangetrieben wird. Eine Schlussabstimmung könnte dann am Samstag stattfinden.
Derzeit ermittelt das FBI gegen den Kandidaten. Hintergrund der Ermittlungen sind Vorwürfe von bislang drei Frauen gegen Kavanaugh wegen sexueller Übergriffe sowie versuchter Vergewaltigung während der High-School- und Studienzeit in den 1980er Jahren. (Blick berichtete) Kavanaugh bestreitet die Anschuldigungen.
Einer mit der Sache vertrauten Person zufolge sollten die Senatoren den Bericht entweder am Mittwochabend oder Donnerstagmorgen (jeweils Ortszeit) erhalten. Zum Ergebnis der Untersuchung ist derzeit noch nichts bekannt.
1000+ Professoren unterzeichnen Brief gegen Kavanaugh
Derweil erhebt sich weiterer Widerstand gegen Brett Kavanaugh. In einem in der «New York Times» veröffentlichten Brief schreiben Hunderte Rechtswissenschaftler, der nach Missbrauchsvorwürfen umstrittene Kandidat von US-Präsident Donald Trump besitze nicht die erforderliche Objektivität und die Unparteilichkeit, um im höchsten Gericht des Landes zu sitzen. Das habe seine Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats vergangene Woche gezeigt.
Der Brief, der dem Senat am Donnerstag vorgelegt werden solle, ist bereits von mehr als 1000 Professoren unterzeichnet worden – Tendenz steigend.
Juraprofessoren: Kavanaugh hat sich für Amt «disqualifiziert»
In dem Schreiben der Jura-Professoren heisst es, Kavanaugh habe sich bei der Senats-Anhörung am 27. September durch «den Mangel an richterlichem Temperament» für jedwedes Gericht disqualifiziert, und damit ganz sicher auch für das höchste Gericht des Landes. Kavanaugh habe den Fragestellern in unmässiger, aufhetzerischer und parteiischer Art geantwortet. Sicherlich sei das Thema der Anhörung für jeden schmerzhaft gewesen. Aber Kavanaugh habe wiederholt aggressiv auf die Fragesteller reagiert, anstatt bei der notwendigen Suche nach Richtigkeit offen zu sein.
Sogar in seinen vorbereiteten Anmerkungen habe er die Anhörung als voreingenommen bezeichnet und sie als kalkulierten und abgestimmten politischen Schlag beschrieben, anstatt anzuerkennen, dass der Senat angesichts neuer Informationen versucht habe zu verstehen, was geschehen war. Richter müssten Platz machen, wenn die Gefahr bestünde, dass sie als ungerecht wahrgenommen werden könnten, heisst es in dem Brief weiter. (SDA)
1. Warum spielt die Personalie eine so grosse Rolle?
Das Oberste Gericht (Supreme Court) ist politisch sehr wichtig. Nicht selten hat das Gericht in aktuellen Auseinandersetzungen das letzte Wort. So etwa auch bei den grossen Themen, an denen sich die gesellschaftliche Spaltung der USA aufzeigt: Abtreibung, Einwanderung oder Waffenbesitz.
Die Entscheidungen sind oft von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre. Hinzu kommt: Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Mit der Kandidatenwahl kann ein Präsident die Mehrheitsverhältnisse so auf lange Zeit beeinflussen.
2. Ist die politische Einstellung der Richter relevant?
Ja. Kommt es zu Kontroversen, spielen auch die Haltungen der Juristen eine Rolle. Die Kammer ist hochpolitisch. Es gibt insgesamt neun Richter: Zurzeit sind vier konservativ und vier liberal. Anthony Kennnedy war in der Mitte, galt als gemässigt-konservativ. Er war häufig das Zünglein an der Waage. In wichtigen sozialen Fragen stimmte er meistens mit den progressiveren Kollegen.
3. Warum steht Brett Kavanaugh zur Wahl?
US-Präsident Donald Trump hat ihn im Juli 2018 nominiert. Kavanaugh gilt als konservativ. Er ist ein Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. Dies freut die Waffen-Lobby, die sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmässigen Rechts auf Selbstverteidigung stützt.
4. Wie viele Stimmen braucht Kavanaugh, um als Richter bestätigt zu werden?
Eine einfache Mehrheit genügt. Zuerst muss Kavanaugh den Justizausschuss des Senats passieren. Danach die ganze Kammer. Zurzeit ist der Justizausschuss und der US-Senat unter republikanischer Kontrolle. Stimmen sie geschlossen ab, können die Republikaner Kavanaugh ohne jegliche demokratische Unterstützung zum Supreme Court durchboxen.
5. Warum kam es zu einer Anhörung?
Am 14. September tauchten im Magazin «The New Yorker» erstmals sexuelle Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh auf. Zwei Tage später veröffentlichte die «Washington Post» ein Interview mit Christine Blasey Ford, die sich darin als Opfer Kavanaughs outete.
Als Konsequenz dieser Entwicklungen wurde die Schlussabstimmung verschoben. Nach einigem Hin und Her mit ihren Anwälten, erklärte sich Blasey Ford am vergangenen Sonntag bereit, vor dem Justizausschuss des Senats auszusagen.
6. Was sind die konkreten Anschuldigungen?
Christine Blasey Ford und Brett Kavanaugh sollen 1982 auf der gleichen Schülerparty gewesen sein. Dort soll der heutige Richterkandidat betrunken gewesen sein und versucht haben, die damals 15-Jährige zu vergewaltigen. Kavanaughs Jugendfreund Mark Judge soll damals mit im Raum gewesen sein. Blasey Ford gibt an, dass sie sich von Kavanaugh befreien konnte und ins Badezimmer flüchtete.
7. Gibt es noch weitere Fälle?
Ja - sagen mehrere Frauen. Eine frühere Mitstudentin Kavanaughs sagte dem Magazin «The New Yorker», Kavanaugh habe sich Anfang der 80er Jahre bei einer Studentenparty plötzlich vor ihr ausgezogen und ihr seinen Penis ins Gesicht gestreckt.
Und dann ist da auch noch Julie Swetnick. Sie sagt, Kavanaugh habe mit seinem Jugendfreund und weiteren Kumpanen anfangs der 80er-Jahre gezielt Frauen mit Alkohol abgefüllt oder unter Drogen gesetzt. Anschliessend hätten sie ihre Opfer missbraucht.
Ende September berichtete die «New York Times» über einen vierten Fall. In einem anonymen Brief an den republikanischen Senator Cory Gardner schreibt eine Frau, dass ihre Tochter Zeuge von Kavanaughs Gewalttaten war. Sie hätte ihn 1998 in einer Bar beobachtet, wie er eine Frau betrunken gegen eine Wand schob und sich «sehr aggressiv und sexuell» verhalten hatte.
8. Was sagt Kavanaugh zu den Anschuldigungen?
Er streitet alles konsequent ab. «Ich habe niemals jemanden sexuell belästigt», sagte Kavanaugh bei der Anhörung. Er habe Frauen immer mit Würde und Respekt behandelt, erklärte er. In seiner Wutrede stellte Kavanaugh als mediales Opfer dar. Was während der Anhörung zu seiner Beförderung passiere, sei eine «nationale Schande». «Diese koordinierten und bezahlten Versuche, meinen Namen zu zerstören, werden mich nicht vertreiben!»
9. Was sagt Donald Trump?
Der US-Präsident hat seinen Richterkandidaten stets verteidigt. Er bezeichnete die erhobenen Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh als «völlig politisch motiviert». Damit spielt Trump auf die Verzögerungstaktik der Demokraten an, die die Schlussabstimmung möglichst bis nach den Halbzeitwahlen anfangs November hinauszögern wollen. Denn dann könnten sich die Mehrheitsverhältnisse womöglich ändern – und somit eine Kavanaugh-Wahl verhindert werden. Nach der Anhörung mit dem mutmasslichen Opfer Kavanuaghs erneuerte Trump seine Unterstützung für ihn.
10. Wie geht es jetzt weiter?
Nachdem auch der Justizausschuss des Senats Kavanaughs Nominierung zugestimmt hat, liegt es jetzt am US-Senat Trumps Kandidaten definitiv zu bestätigen. Die Schlussabstimmung wurde um eine Woche verschoben, damit das FBI die Anschuldigungen gegen Kavanaugh prüfen kann.
Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte am Donnerstag für heute Freitag eine Verfahrensabstimmung an, die den Weg für eine Schlussabstimmung am Samstag ebnet.
11. Wie stehen die Chancen für Kavanaugh?
Es ist spannend. Aufgrund der hauchdünnen Mehrheit der Republikaner ist der Ausgang schwer abzuschätzen. Drei republikanische Senatoren (Jeff Flake, Lisa Murkowski und Susan Collins) sind noch unschlüssig. (nim)
1. Warum spielt die Personalie eine so grosse Rolle?
Das Oberste Gericht (Supreme Court) ist politisch sehr wichtig. Nicht selten hat das Gericht in aktuellen Auseinandersetzungen das letzte Wort. So etwa auch bei den grossen Themen, an denen sich die gesellschaftliche Spaltung der USA aufzeigt: Abtreibung, Einwanderung oder Waffenbesitz.
Die Entscheidungen sind oft von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre. Hinzu kommt: Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Mit der Kandidatenwahl kann ein Präsident die Mehrheitsverhältnisse so auf lange Zeit beeinflussen.
2. Ist die politische Einstellung der Richter relevant?
Ja. Kommt es zu Kontroversen, spielen auch die Haltungen der Juristen eine Rolle. Die Kammer ist hochpolitisch. Es gibt insgesamt neun Richter: Zurzeit sind vier konservativ und vier liberal. Anthony Kennnedy war in der Mitte, galt als gemässigt-konservativ. Er war häufig das Zünglein an der Waage. In wichtigen sozialen Fragen stimmte er meistens mit den progressiveren Kollegen.
3. Warum steht Brett Kavanaugh zur Wahl?
US-Präsident Donald Trump hat ihn im Juli 2018 nominiert. Kavanaugh gilt als konservativ. Er ist ein Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. Dies freut die Waffen-Lobby, die sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmässigen Rechts auf Selbstverteidigung stützt.
4. Wie viele Stimmen braucht Kavanaugh, um als Richter bestätigt zu werden?
Eine einfache Mehrheit genügt. Zuerst muss Kavanaugh den Justizausschuss des Senats passieren. Danach die ganze Kammer. Zurzeit ist der Justizausschuss und der US-Senat unter republikanischer Kontrolle. Stimmen sie geschlossen ab, können die Republikaner Kavanaugh ohne jegliche demokratische Unterstützung zum Supreme Court durchboxen.
5. Warum kam es zu einer Anhörung?
Am 14. September tauchten im Magazin «The New Yorker» erstmals sexuelle Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh auf. Zwei Tage später veröffentlichte die «Washington Post» ein Interview mit Christine Blasey Ford, die sich darin als Opfer Kavanaughs outete.
Als Konsequenz dieser Entwicklungen wurde die Schlussabstimmung verschoben. Nach einigem Hin und Her mit ihren Anwälten, erklärte sich Blasey Ford am vergangenen Sonntag bereit, vor dem Justizausschuss des Senats auszusagen.
6. Was sind die konkreten Anschuldigungen?
Christine Blasey Ford und Brett Kavanaugh sollen 1982 auf der gleichen Schülerparty gewesen sein. Dort soll der heutige Richterkandidat betrunken gewesen sein und versucht haben, die damals 15-Jährige zu vergewaltigen. Kavanaughs Jugendfreund Mark Judge soll damals mit im Raum gewesen sein. Blasey Ford gibt an, dass sie sich von Kavanaugh befreien konnte und ins Badezimmer flüchtete.
7. Gibt es noch weitere Fälle?
Ja - sagen mehrere Frauen. Eine frühere Mitstudentin Kavanaughs sagte dem Magazin «The New Yorker», Kavanaugh habe sich Anfang der 80er Jahre bei einer Studentenparty plötzlich vor ihr ausgezogen und ihr seinen Penis ins Gesicht gestreckt.
Und dann ist da auch noch Julie Swetnick. Sie sagt, Kavanaugh habe mit seinem Jugendfreund und weiteren Kumpanen anfangs der 80er-Jahre gezielt Frauen mit Alkohol abgefüllt oder unter Drogen gesetzt. Anschliessend hätten sie ihre Opfer missbraucht.
Ende September berichtete die «New York Times» über einen vierten Fall. In einem anonymen Brief an den republikanischen Senator Cory Gardner schreibt eine Frau, dass ihre Tochter Zeuge von Kavanaughs Gewalttaten war. Sie hätte ihn 1998 in einer Bar beobachtet, wie er eine Frau betrunken gegen eine Wand schob und sich «sehr aggressiv und sexuell» verhalten hatte.
8. Was sagt Kavanaugh zu den Anschuldigungen?
Er streitet alles konsequent ab. «Ich habe niemals jemanden sexuell belästigt», sagte Kavanaugh bei der Anhörung. Er habe Frauen immer mit Würde und Respekt behandelt, erklärte er. In seiner Wutrede stellte Kavanaugh als mediales Opfer dar. Was während der Anhörung zu seiner Beförderung passiere, sei eine «nationale Schande». «Diese koordinierten und bezahlten Versuche, meinen Namen zu zerstören, werden mich nicht vertreiben!»
9. Was sagt Donald Trump?
Der US-Präsident hat seinen Richterkandidaten stets verteidigt. Er bezeichnete die erhobenen Belästigungsvorwürfe gegen Kavanaugh als «völlig politisch motiviert». Damit spielt Trump auf die Verzögerungstaktik der Demokraten an, die die Schlussabstimmung möglichst bis nach den Halbzeitwahlen anfangs November hinauszögern wollen. Denn dann könnten sich die Mehrheitsverhältnisse womöglich ändern – und somit eine Kavanaugh-Wahl verhindert werden. Nach der Anhörung mit dem mutmasslichen Opfer Kavanuaghs erneuerte Trump seine Unterstützung für ihn.
10. Wie geht es jetzt weiter?
Nachdem auch der Justizausschuss des Senats Kavanaughs Nominierung zugestimmt hat, liegt es jetzt am US-Senat Trumps Kandidaten definitiv zu bestätigen. Die Schlussabstimmung wurde um eine Woche verschoben, damit das FBI die Anschuldigungen gegen Kavanaugh prüfen kann.
Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte am Donnerstag für heute Freitag eine Verfahrensabstimmung an, die den Weg für eine Schlussabstimmung am Samstag ebnet.
11. Wie stehen die Chancen für Kavanaugh?
Es ist spannend. Aufgrund der hauchdünnen Mehrheit der Republikaner ist der Ausgang schwer abzuschätzen. Drei republikanische Senatoren (Jeff Flake, Lisa Murkowski und Susan Collins) sind noch unschlüssig. (nim)