«Was versucht er zu verbergen?» fragte Clintons Wahlkampf-Sprecherin Jennifer Palmieri in einer am Freitag (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung an die Adresse von Trump. Ein Sprecher des Trump-Lagers sagte dazu lediglich, Clinton wolle mit der Offenlegung ihrer Daten nur von eigenen Problemen ablenken, so von immer neuen Fragen in der E-Mail-Affäre.
Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner weigert sich seit Monaten hartnäckig, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen. Zur Begründung verweist er darauf, dass die Steuerbehörde derzeit seine Bücher prüfe - und seine Anwälte hätten ihm geraten, nichts offenzulegen, bis dieser Prozess abgeschlossen sei. Einem Journalisten sagte er ausserdem, wie viel Steuern er zahle, gehe niemanden etwas an.
Die Offenlegung von Einkommen und Steuern ist für Bewerber um das Weisse Haus indes seit Jahrzehnten überparteiliche Tradition, sie wird von Präsidentschaftskandidaten schlicht erwartet. Bleibt Trump bei seiner Haltung, wäre er der «New York Times» zufolge der erste Präsidentschaftskandidat einer grösserer Partei seit Richard Nixon, der sich verweigert.
Die Zeitung vermutete zuletzt, dass die Steuerlast für den mehrfachen Milliardär Trump möglicherweise bei Null liegen könnte. In seinem Wahlkampf, den der Unternehmer auch stark auf Arbeiter und die Mittelklasse abzustellen versucht, wäre das eine schwer zu vermittelnde Botschaft.
Clinton und ihr Vize-Kandidat Tim Kaine legten am Freitag alle Zahlen seit 2006 offen. Clinton gab an, mit ihrem Mann Bill 2015 insgesamt 10,6 Millionen Dollar eingenommen zu haben. Davon zahlten sie ein gutes Drittel oder 34,2 Prozent Bundessteuern. Der Anteil aller Steuern (unter anderem Bund und Staat) belief sich auf 43,2 Prozent.
In jüngsten Umfragen in vier besonders umkämpften Bundesstaaten konnte die Demokratin Clinton ihren Vorsprung auf Trump ausbauen. In den sogenannten Swing States Virginia, Colorado, Florida und North Carolina führt sie deutlich vor ihrem Konkurrenten.
Laut einer Umfrage des Senders NBC und des «Wall Street Journal» liegt der Vorsprung der Präsidentschaftskandidatin in Virginia und Colorado im jeweils zweistelligen Bereich. In Florida sind es fünf Punkte, in North Carolina neun.
Die Swing States sind diejenigen der 50 Bundesstaaten, in denen die Wahlberechtigten nicht seit Jahrzehnten den Kandidaten der immer gleichen Partei wählen, sondern sich von Wahl zu Wahl für den Kandidaten der Demokraten oder der Republikaner entscheiden.
In einer Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur Reuters liegt Clinton drei Monate vor den Wahlen auch national vorne - allerdings mit schmelzendem Vorsprung: Wie die am Freitagabend veröffentlichte Ipsos-Erhebung ergab, würden derzeit 41 Prozent für sie stimmen, Trump käme auf 36 Prozent. Damit büsste Clinton leicht ein, Trump gewann leicht.