Die US-Regierung verzichtet offiziell auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und deren deutschen Geschäftsführer. In einem am Mittwoch an den US-Kongress übermittelten Bericht schreibt US-Aussenminister Antony Blinken (59), ein Verzicht auf die Strafmassnahmen sei «im nationalen Interesse der USA».
In dem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Bericht heisst es, die in der Schweiz ansässige Nord Stream 2 AG und deren Geschäftsführer Matthias Warnig seien zwar an Aktivitäten beteiligt, die gegen ein US-Sanktionsgesetz verstossen. Eine Verhängung von Strafmassnahmen hätte aber «negative Auswirkungen auf die Beziehungen der USA zu Deutschland, zur Europäischen Union und zu weiteren europäischen Verbündeten und Partnern.»
Verzicht schafft Raum für Gespräche
Der Verzicht auf Sanktionen würde zudem Raum schaffen für diplomatische Gespräche mit der Bundesregierung über «Risiken, die eine fertiggestellte Nord-Stream-2-Pipeline für die Ukraine und die europäische Energie-Sicherheit darstellen» würde, heisst es in dem Bericht.
Die Ausnahmeregelung umfasst neben Warnig die gesamte Geschäftsführung von Nord Stream 2. Die Tochter des russischen Energieriesen Gazprom mit Sitz in der Stadt Zug ist für Planung, Bau und den späteren Betrieb der Pipeline zuständig, die fast fertiggestellt ist.
In einer Erklärung bekräftigte Aussenminister Blinken erneut, die US-Regierung sei «standhaft» gegen das Pipeline-Projekt. «Wir werden uns weiter der Fertigstellung dieses Projekts widersetzen, das die europäische Energiesicherheit und die Energiesicherheit der Ukraine und der östlichen Flanke der Nato- und EU-Staaten schwächen würde.»
Sanktionen sollen nach Blinkens Angaben gegen mehrere am Bau der Pipeline beteiligte russische Schiffe und Unternehmen sowie eine russische Behörde verhängt werden.
Die US-Regierung ist strikt gegen die 1200 Kilometer lange Ostsee-Röhre, welche die Kapazitäten für russische Erdgaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen soll. US-Präsident Joe Biden (78) argumentiert wie bereits sein Vorgänger Donald Trump (74), Deutschland und Europa würden sich damit in eine wachsende Abhängigkeit von Russland begeben und dem Gas-Transitland Ukraine schaden. (AFP)