Donald Trump erhebt schwere Vorwürfe gegenüber seinem Vorgänger Barack Obama. Der US-Präsident schreibt heute auf Twitter, er habe soeben herausgefunden, Obama habe unmittelbar vor dem Wahlsieg vom November den Trump-Tower abgehört. «Schrecklich!»
Seine Telefone seien im Oktober abgehört worden, schreibt Trump. «Wie tief ist Präsident Obama nur gesunken, dass er meine Telefone während des äusserst heiligen Wahlprozesses abhörte?»
Trump vergleicht das angebliche Vorgehen Obamas mit der Watergate-Affäre. Und schimpft weiter: «Schlimmer (oder kranker) Typ!»
In den 70er Jahren führte die Watergate-Affäre, in der es auch um illegal angezapfte Telefone ging, zum Rücktritt des damaligen Präsidenten Richard Nixon.
Der Ex-Präsident Barack Obama wehrt sich. Über einen Sprecher lässt er verlauten: «Es war eine Kardinalregel der Regierung Obama, dass kein Mitarbeiter des Weissen Hauses sich jemals in eine unabhängige Untersuchung einmischt, die vom Justizministerium geführt wird.»
Weiter schrieb der Sprecher am Samstag in einem auch auf Twitter verbreiteten Statement: «Dieser Praxis zufolge hat weder Präsident Obama noch sonst jemand aus dem Weissen Haus jemals die Überwachung eines US-Bürgers angeordnet. Alle anderen Unterstellungen sind schlicht falsch.»
Wie kommt Trump darauf?
Es stellt sich einmal mehr die Frage: Woher hat Donald Trump diese Informationen? Belege liefert er keine. Es deutet wieder einiges darauf hin, dass er sich auf einen fadenscheinigen Medienbericht bezieht – ähnlich wie vor zwei Wochen, als er Anspielungen auf ein Attentat in Schweden machte, das es nie gegeben hat (BLICK berichtete).
Am Donnerstag hatte eines der vielen rechtsgerichteten Talk Radios in den USA (Mark Levin) berichtet, Obama stecke hinter Untersuchungen gegen Trump. Am Freitag griff das rechtsextreme Portal Breitbart News die Geschichte auf. Am Samstag twitterte der Präsident.
Es geht bei der Story um Ermittlungen, die FBI und Geheimdienste 2016 in Trumps Umfeld vorgenommen haben sollen. Angeblich sollte untersucht werden, ob es finanzielle Verbindungen aus Trumps Umfeld nach Russland gab.
Die Berichte bezogen sich auf polizeiliche und geheimdienstliche Untersuchungen. Nach allem, was bekannt ist, hatte Obama damit nichts zu tun. Abhöraktionen wie die unterstellte müssten von James Comey angeordnet werden, dem Chef des FBI, nicht vom Weissen Haus.
Berichte über Untersuchungen in Trumps Umfeld sind bekannt. Zuletzt hatte am 19. Januar, dem Vorabend seiner Amtseinführung, die «New York Times» ausführlich darüber berichtet. Es wurde damals nicht klar gesagt, ob es etwa neben Untersuchungen von Bankkonten auch Abhöraktionen gab und wen sie betrafen.
Will Trump von Russland ablenken?
Erste Reaktionen schlossen am Samstag nicht aus, dass Trump mit seiner Aufsehen erregenden Aktion von grösseren Schwierigkeiten ablenken will, die sich aus nicht geklärten, möglichen Beziehungen seines Wahlkampfteams und nun seiner Regierung zu Russland ergeben.
Grosse US-Medien wie «Washington Post» und «New York Times» erschienen am Samstag mit Titelgeschichten zu Russland und Trump. Trump versucht immer wieder, Themen selber zu setzen und so Berichterstattung zu lenken.
Nach seiner Rede an den Kongress am Dienstag hatten viele Medien berichtet, Trump habe sich mit diesem Auftritt als präsidentiell" gewandelt präsentiert. Am Samstag hiess es in vielen Kommentaren zu Trumps zorniger Twitter-Serie, sie beweise einmal mehr, dass es nur einen Donald Trump gebe.
In den vergangenen Tagen war Trump auf Twitter eher still gewesen, das endete am Samstag. Der Präsident ist über das Wochenende in Mar-a-Lago in Florida. Es ist das vierte Wochenende, das er dort verbringt, seit er Präsident wurde. (rey/noo/SDA)