Donald Trump macht im Fall um den ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi (†72) seit Beginn eine schlechte Figur. Immer wieder erwähnte der US-Präsident im Zusammenhang mit der Affäre den milliardenschweren Waffendeal von über 450 Milliarden Dollar mit den Saudis, den er nicht aufs Spiel setzen will. Als am Wochenende durchdrang, dass der US-Auslandsgeheimdienst CIA zur Schlussfolgerung gekommen ist, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman die Tötung Khashoggis angeordnet habe, wuchs der Druck auf Trump.
Am gestrigen Dienstagnachmittag hat er den CIA-Bericht zu Gesicht bekommen. Doch bevor er die Erkenntnisse seiner Geheimdienstleute überhaupt in Betracht zog, gab Trump ein offizielles Statement ab. In der vom Weissen Haus verbreiteten Nachricht schreibt der US-Präsident: «Es könnte sehr gut sein, dass der Kronprinz Kenntnis von diesem tragischen Vorfall hatte – vielleicht hatte er das und vielleicht hatte er das nicht!» Gleichzeitig stellte er klar: «Die USA beabsichtigen, ein fester Partner Saudi-Arabiens zu bleiben.»
Republikaner und Demokraten reagieren entsetzt
Die Medienmitteilung des Weissen Hauses schlug ein wie eine Bombe. Demokraten und Republikaner reagierten entrüstet auf die Stellungnahme des Präsidenten. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein sagte in einer ersten Stellungnahme am Dienstagabend, sie sei schockiert, dass ihr Präsident den Kronprinzen für die Tötung eines Journalisten nicht zur Rechenschaft ziehen wolle. «Dies ohne Konsequenzen zuzulassen, ist eine Beleidigung für jeden Wert, den die Vereinigten Staaten vertreten.»
Ihr Parteigenosse und Senatskollege Ron Wyden kritisierte Trump, weil er Saudi-Arabien soeben einen «Freipass» für weitere Ermordungen gegeben habe. Er habe am Dienstag klargemacht, dass es ihm egal sei, ob der Kronprinz den Mord in Auftrag gegeben habe. «Den Saudis hier einen Freifahrtschein zu geben, offenbart die lähmende Schwäche dieser Regierung, selbst angesichts der Ermordung eines Journalisten und US-Amerikaners.»
Der republikanische Senator Rand Paul, ein enger Verbündeter von Trump, sorgte mit ungewöhnlicher Kritik für Aufsehen. Er spielte auf den Wahlslogan «America First» des US-Präsidenten an: «Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Aussage Saudi-Arabien zuerst ist und nicht Amerika zuerst.» Auch der Republikaner Lindsey Graham hielt sich nicht zurück. Er will alle Personen sanktionieren, die mit der Ermordung Khashoggis zu tun haben – einschliesslich der königlichen Familie: «Das Verhalten des Kronprinzen ist respektlos gegenüber den USA. Meiner Ansicht nach ist er schlimmer als Gift.»
Der republikanische Senator Bob Corker warf dem Weissen Haus am Dienstag vor, wie eine «PR-Firma» für den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zu agieren.
Senator Jeff Flake schrieb auf Twitter, «grossartige Verbündete» würden nicht den Mord an Journalisten planen.
Trump diskreditiert abermals seine Geheimdienstleute
Trump verärgerte mit seiner Stellungnahme nicht nur die Demokraten und seine Parteifreunde, sondern auch die CIA. In seiner Mitteilung schrieb der US-Präsident auch: «Das Verbrechen an Jamal Khashoggi war ein schreckliches, und eines, das unser Land nicht duldet.» Der saudische König und der saudische Kronprinz hätten aber vehement zurückgewiesen, von den Mordplänen gewusst zu haben. Heisst mit anderen Worten: Trump vertraut mehr dem Dementi der Beschuldigten, als den Erkenntnissen seiner Geheimdienstleute.
Dass weckt Erinnerungen an das Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin im Juli dieses Jahres. Auch dort diskreditierte Trump seine Geheimdienstleute, die Beweise für die Einmischung Russlands in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 gefunden haben. Er sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin, er glaube dem «starkem Dementi» des russischen Staatschefs.
Korrigiert der Kongress Trumps lasche Haltung?
Doch noch bedeuten die Worte des US-Präsidenten nicht, dass die saudische Königsfamilie ungestraft davon kommt. Die Demokraten wollen mit ihrer baldigen Mehrheit im Repräsentantenhaus die Veröffentlichung des CIA-Berichts anstreben. Ausserdem könnte der Kongress Sanktionen gegen die Saudis verhängen – ohne Zustimmung des Präsidenten.
Es wäre nicht das erste Mal: Auch Trumps lasche Haltung gegenüber den Russen hat der republikanisch dominierte Kongress nicht zugelassen. Für die Wahlkampfeinmischungen und die Ukraine-Krise wurden in diesem Herbst neue Sanktionen erlassen. Ob sich die Abgeordneten und Senatoren auch diesmal standhaft zeigen, ist ungewiss. Laut US-Politologen müsse abgewartet werden, bis der neue Kongress im Januar 2019 zum ersten Mal zusammenkommt.
Der regimekritische saudische Journalist Jamal Khashoggi wurde im Oktober im Istanbuler Konsulat getötet – vermutlich auf Befehl aus Saudi-Arabien. Seither zieht der Fall international immer weitere Kreise. Es bleiben aber weiterhin viele ungelöste Fragen zum Mord.
Der regimekritische saudische Journalist Jamal Khashoggi wurde im Oktober im Istanbuler Konsulat getötet – vermutlich auf Befehl aus Saudi-Arabien. Seither zieht der Fall international immer weitere Kreise. Es bleiben aber weiterhin viele ungelöste Fragen zum Mord.