Es gibt Menschen, die sagen in wichtigen Augenblicken das absolut Falsche. Zu ihnen gehört auch Donald Trump. Impulsgesteuert von Unwissenheit oder purer Lust an der Provokation: Zumindest in diesem Punkt ist auf den 45. Präsidenten der USA absoluter Verlass. Darüber hinaus aber ist Donald Trump ein selbstverliebter prinzipienloser «Meinung-wechsel-dich-Präsident». Das macht ihn so gefährlich und unberechenbar.
Stichwort Waffen: In den 1990er-Jahren, als Mitglied der Demokratischen Partei, stritt Trump für schärfere Waffengesetze. Nach dem Wechsel zu den Republikanern übernahm er schrittweise die Linie der Waffenlobby. In Las Vegas hatten die Helfer gerade erst die Leichen von 58 erschossenen Konzertbesuchern geborgen. In den Krankenhäusern rangen die Ärzte noch um das Leben von vielen der fast 500 Verletzten. Auf dem Rasen vor dem Weissen Haus hatten der Präsident und sein Kabinett das bei solchen Anlässen übliche Gebetsritual vor laufenden Kameras abgespult.
Später, beim Besuch des Tatorts, hätte er die laxen Waffengesetze und die 30'000 Amerikaner erwähnen können, die in jedem Jahr von Amerikanern erschossen werden. Er hätte auch von inländischem Terrorismus reden können. Stattdessen beschränkte er sich darauf, den Massenmörder Stephen Paddock als «sehr kranken» und «sehr bösen» Mann zu beschreiben.
Man muss wissen, dass Donald Trump seinen Einzug ins Weisse Haus auch den Spenden der mächtigen National Rifle Association verdankt. Und die hofft zurzeit sogar auf ein Gesetz, das den Einsatz von Schalldämpfern erleichtern würde. Ob er sich jetzt mit der Waffenlobby anlegen werde, wurde Trump von einem Reporter gefragt. Ein junger Polizist bat um schärfere Gesetze. Dafür sei jetzt «wohl kaum der richtige Zeitpunkt», wiegelte der Präsident ab und verschwand im schalldichten Schutz seiner gepanzerten Limousine. «Jetzt nur Ruhe bewahren», heisst die interne Sprachregelung des Weissen Hauses.
Seine Angriffe auf die Bürgermeisterin von San Juan waren peinlich
Dann kam Trumps Blitzvisite auf der von Wirbelsturm Maria verwüsteten Insel Puerto Rico – und mit ihr ein veritables PR-Desaster. Gut eine Woche hatte der Präsident gebraucht, bevor er sich überhaupt zu der Katastrophe geäussert hatte.
Peinlich waren seine Angriffe auf die Bürgermeisterin von San Juan, weil die seinem Prahlen über die «beste Hilfsoperation aller Zeiten» öffentlich widersprochen hatte: «Carmen Yulín Cruz ist eine böse, böse Frau!» Und als er dann endlich kam, behandelte Trump die Puerto Ricaner – anders als die Opfer von Wirbelsturm Harvey zwei Wochen zuvor – als genau das, was sie für ihn sind: unwichtige US-Bürger, weil ohne Stimmrecht im Kongress und ohne Wahlrecht für den Präsidenten.
Oder wollte er die Puerto Ricaner abstrafen, weil im letzten Jahr ein «Super-Deal» für ein neues Luxusgolfresort auf der Insel platzte? Wirbelsturm «Katrina» mit über 1000 Toten in New Orleans sei eine echte Katastrophe gewesen, befand der Präsident: «Da ist es euch mit den wenigen Toten ja richtig gut gegangen.» Feixend warf er bei der Verteilung von Hilfsgütern mit Küchenpapierrollen um sich und zweifelte am Nutzen der mitgebrachten Taschenlampen und Wasserreinigungstabletten.
Seit Maria leben 90 Prozent der Puerto Ricaner ohne Strom. Sauberes Wasser hat nur jeder zweite. War es Unwissenheit oder Provokation, die den Präsidenten dazu verführte,mit einem Halbsatz noch schnell 18 Milliarden Dollar zu «verbrennen»? «Ich denke an eine Totalentschuldung für Puerto Rico!» Wie Goldman Sachs oder andere Wall-Street-Banken das fänden, sei ihm egal: «Die können ihr Geld vergessen.» Die Air Force One war kaum auf dem Rückflug, da war der Wert des 73-Milliarden-Dollar-Rettungsfonds für die insolvente Insel schon um 38 Prozent abgestürzt. Und Etat-Chef Mick Mulvaney musste seinen Chef desavouieren: «Bitte nehmen Sie den Präsidenten nicht wörtlich!»
Genau das sei das Problem, hat der frühere Vizepräsident Joe Biden dieser Tage während einer Rede in Washington gesagt: Donald Trump sei prinzipien- und orientierungslos. Für das eigene Ego setze er die Reputation der USA aufs Spiel. Der Mann sei eine Gefahr für das eigene Land – und die Welt. Im Publikum sassen auch viele Republikaner. Fast alle nickten zustimmend.