Hand aufs Herz: Wären Sie lieber wieder Schweiz-Botschafter in Bern anstatt Abgeordneter im turbulenten Washington?
Don Beyer: Alles hat seine Zeit (lacht). Im Repräsentantenhaus kann ich meine eigenen Ideen einbringen und so etwas bewirken. Als Botschafter bestand meine Aufgabe darin, die Standpunkte des Präsidenten Barack Obama zu vertreten. Aber die Schweiz vermisse ich sehr. Meine Familie hat die vier Jahre in Bern geliebt. Die Menschen, unser Haus, das Schwimmen in der Aare und das Skifahren – es war fantastisch. Und glauben Sie mir, das sage ich nicht nur, weil Sie für eine Schweizer Zeitung arbeiten.
Don Beyer steht unaufgefordert auf, öffnet die Tür zum Eingangsbereich seines Büros und ruft eine junge Mitarbeiterin zu sich: « Wie viele Male spreche ich über die Schweiz?» Die junge Frau lächelt: «Jeden Tag. Manchmal auch, wenn es überhaupt nichts zu tun hat mit dem, was wir gerade besprochen haben.»
Sie waren zu einer Zeit Botschafter, als die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA unterkühlt waren. Sie mussten den Leuten in Bern klarmachen, dass es das Bankgeheimnis bald nicht mehr geben wird.
Es war eine schwierige Phase. Ich habe immer wieder zu erklären versucht, dass die Amerikaner die Schweizer nicht hassen, nur weil das US-Justizministerium gegen UBS und Credit Suisse ermitteln. Einem möchte ich an dieser Stelle ein besonderes Kränzchen winden: Die Zusammenarbeit mit Michael Ambühl (ehemaliger Staatssekretär im Eidgenössischen Finanzdepartement, Anmerkung der Red.) war hervorragend. Er war sehr geduldig.
Ach, zu jener Zeit war sicher auch mit ihm nicht alles harmonisch
Klar gab es einige hitzige Diskussionen. Ehrlich gesagt war ich primär unzufrieden mit unserem Justizministerium. Hätten Sie uns von Washington aus mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt, wäre die Angelegenheit viel schneller bereinigt gewesen. Aber so hat es ewig gedauert.
Mittlerweile hat der Wind gedreht: Die Schweiz und die USA sind fast schon beste Freunde geworden. Was sagen Sie zu den Freihandelsgesprächen?
Ich bin zwar nicht direkt involviert, habe aber letztlich den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer getroffen und ihn darum gebeten, beim Freihandelsabkommen mit Bern vorwärtszumachen. Die Schweiz ist der siebtgrösste Investor in den USA. Und was viele nicht wissen: Nur Japan schafft hierzulande prozentual mehr neue Stellen als die Schweiz. Es besteht also ein gegenseitiges Interesse. Ich bin zuversichtlich, dass es diesmal klappt.
US-Präsident Donald Trump scheint der Schweiz näher zu sein als sein Vorgänger Barack Obama. Müssen wir also hoffen, dass er wiedergewählt wird?
Da widerspreche ich vehement. Es stimmt, dass die Trump-Regierung eine engere Beziehung mit Bern hat. Aber sie starteten auch in einer ganz anderen Ausgangslage. Als Obama Präsident war, galt es zunächst die Probleme mit den Banken aus der Welt zu schaffen. Dann hatte die Schweiz eine wichtige Vermittlerrolle beim Atomabkommen mit dem Iran inne. Es war für die Obama-Administration aufgrund dessen schlicht nicht möglich, einen engen Kontakt mit Bern zu pflegen.
Obama kam aber auch nie ans Weltwirtschaftsforum nach Davos
Glauben Sie mir, er wäre gerne gekommen. Aber auch das hatte mit den bereits erwähnten Gründen zu tun. Ich muss zugeben, dass ich eifersüchtig bin. Trump hat dank Obama in der Schweiz ein weit offenes Feld zu bespielen. Dabei liebte das Schweizer Volk Obama.
Vor Donald Trump hingegen haben die Schweizer laut einer aktuellen ETH-Studie Angst. Sie sind ein lautstarker Kritiker des Präsidenten. Was ist Ihre grösste Sorge?
Dass er so viele unserer Institutionen zerstört, die unsere Demokratie zum Blühen gebracht haben. Er hasst die Nato, verabscheut die EU, ist ein Fan des Brexit. Schauen Sie sich nur an, wie er die Autokraten dieser Welt umarmt – sei es Nordkoreas Kim Jong Un, Saudi-Arabiens Mohammed bin Salman oder auch Russlands Wladimir Putin. Gleichzeitig wendet er sich von unseren Freunden und Nachbarn ab.
Trump kommt aus dem Showbusiness. Er erhält nun mal mehr Aufmerksamkeit bei einem Treffen mit Kim Jong Un, als wenn er Angela Merkel die Hand reicht.
Ja, aber es ist eben nicht nur Show. Ich war Mitte Juni in Prag und habe mich mit vielen europäischen Führungskräften unterhalten. Die USA wird mit Trump nicht mehr als Führer der freien Welt wahrgenommen. Wir haben aufgegeben, sei es beim Klimawandel oder beim Atomabkommen mit dem Iran. Mit Obama und auch mit George W. Bush haben wir noch versucht, den Rest der Welt auf konstruktive Weise zu führen.
Die US-Wähler haben ihn aber genau dafür gewählt: «America first»-Politik und weg vom Weltpolizist-Image.
Und wie sehr ist es «America first», wenn er Russland und Putin in unsere Wahlen einmischen lässt?
Viele Demokraten wollen ihn seit der Veröffentlichung des Russland-Reports des Amtes entheben. Sind Sie für ein Impeachment-Verfahren?
Ja, unbedingt. Sonderermittler Robert Mueller hat in seinem Bericht detailliert festgehalten, wie Trump die Justiz zu behindern versuchte. Ich fordere, dass man nun den Impeachment-Prozess startet.
Demokraten-Sprecherin Nancy Pelosi ist noch nicht so weit.
Ich stimme ihr grundsätzlich zu, dass es einen glasklaren Fall braucht. Wir müssen weiter Dokumente sammeln und Zeugen anhören, um eindeutige Beweise dem amerikanischen Volk präsentieren zu können. Wenn wir den Prozess nun starten würden, kämen wir schneller voran. Es ist aber letztlich wichtig, dass die grosse Mehrheit der US-Amerikaner und im besten Fall auch der Republikanischen Partei hinter einem Impeachment steht.
Sie träumen. Die Mehrheit der US-Amerikaner ist gegen ein Impeachment. Und bei den Republikanern gibt es nur einen einzigen Abweichler.
Ich weiss, dass viele meiner republikanischen Kollegen Angst vor Trump haben. Das ist sehr frustrierend, denn ich weiss, dass es eigentlich aufrichtige Menschen sind. Aber ich habe auch Verständnis dafür. Trump könnte mit einem Tweet für ihre Abwahl sorgen. Ihre Zurückhaltung ist halt eben Politik.
Wer wird am 20. Januar 2021 im Oval Office sitzen?
Niemand, dann ist die offizielle Amtseinführung (lacht).
Dann halt am 21. Januar 2021.
Ich hoffe es zwar nicht, aber es ist durchaus möglich, dass es immer noch Donald Trump sein wird. Er hat 2016 gezeigt, dass in dieser Welt alles möglich ist. Bei den demokratischen Präsidentschaftskandidaten unterstütze ich eine Kandidatur von Pete Buttigieg. Er ist jung, unverbraucht und unglaublich intelligent. Pete könnte Trump schlagen. Und das brauchen wir nun: einen Kandidaten, der diesem Albtraum ein Ende bereitet.
Donald Sternoff Beyer Jr. kam 1950 in Italien als Sohn eines US-Soldaten zur Welt. In den 80er-Jahren stieg er in den elterlichen Automobilhandel ein; 2009 ernannte Barack Obama, den Demokraten zum Botschafter der USA in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. 2013 verliess Beyer diesen Posten. Im Jahr darauf wählten ihn die Bürger seines Distrikts in Virginia in den Kongress.
Donald Sternoff Beyer Jr. kam 1950 in Italien als Sohn eines US-Soldaten zur Welt. In den 80er-Jahren stieg er in den elterlichen Automobilhandel ein; 2009 ernannte Barack Obama, den Demokraten zum Botschafter der USA in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. 2013 verliess Beyer diesen Posten. Im Jahr darauf wählten ihn die Bürger seines Distrikts in Virginia in den Kongress.
Die USA gelten nach Deutschland als zweitwichtigster Handelspartner der Schweiz. Trotz des regen wirtschaftlichen Austausches besteht zwischen der Schweiz und den USA kein Freihandelsabkommen. 2006 wurden Pläne für ein Abkommen vor allem wegen des Widerstands aus der Schweizer Landwirtschaft abgebrochen.
Jetzt nimmt die Schweiz einen neuen Anlauf. Für die hiesige Wirtschaft steht viel auf dem Spiel: Jährlich werden Ausfuhren im Wert von über 40 Milliarden Franken über den Atlantik exportiert. Auf der Gegenseite importierte die Schweiz 2018 nur Waren im Wert von knapp 21 Milliarden Franken.
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Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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