22 Tote, darunter 12 Mitarbeiter und zehn Patienten – das ist die vorläufige, tragische Bilanz des Bombenangriffs auf ein Spital der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) in der nordafghanischen Stadt Kundus. Sechs Patienten verbrannten in ihren Betten, als in der Klinik in der Nacht auf Samstag die Bomben einschlugen. Unter den Opfern befinden sich drei Kinder.
Für MSF steht zweifelslos fest, dass die USA hinter dem Angriff steht. So hatte ein Nato-Sprecher gestern bestätigt, US-Truppen hätten zur fraglichen Zeit einen Luftangriff nahe des Spitals durchgeführt. Diese räumten ein, dass es sein könne, dass «aus Versehen» eine medizinische Einrichtung getroffen worden sei.
«Schwerer Bruch des Völkerrechts»
Die Hilfsorganisation ist schockiert. Sie spricht von einem «schweren Bruch des Völkerrechts» und fordert eine unabhängige Untersuchung. Zudem macht sie weitere Details des Angriffs publik, die Zweifel an der Version der USA aufkommen lassen, keineswegs das Spital im Visier gehabt zu haben.
So sei das Spital während jedes Angriffs «wiederholt und präzise» getroffen worden, «während der Rest Geländes grösstenteils unbeschadet» blieb, schreibt MSF auf Twitter.
Berichte, denen zufolge Taliban-Kämpfer im Spital Unterschlupf gesucht haben sollen, wies die Organisation von sich. Ausser Mitarbeitern und Patienten habe sich niemand in der Klinik befunden. «Kein einziges Mitglied» der Belegschaft habe ausserdem «irgendeinen Kampf auf dem Gelände des Spitals» im Vorfeld des Luftangriffs gemeldet. Zwar würden im Spital auch Taliban-Kämpfer behandelt. Nach dem humanitären Völkerrecht gelten aber sie nicht-kämpfender Zivilist und dürfe somit nicht angegriffen werden.
Bereits gestern hatte das Hilfswerk zudem betont, dass sowohl das afghanische als auch das US-Militär über den Standort des Spitals informiert gewesen seien. Zuletzt sei die genaue Position vergangenen Dienstag kommuniziert worden. Nach Beginn des nächtlichen Angriffs habe man ausserdem die Streitkräfte erneut kontaktiert – dennoch habe das Bombardement noch mehr als 30 Minuten angehalten.
Spital nach Angriff geschlossen
MSF hat das durch Spendengelder finanzierte Spital, das Unfall- und Kriegsopfer gratis behandelte, inzwischen geschlossen. Die Organisation zog sich aus Kundus zurück und überwies die Patienten an medizinische Einrichtungen in der Region. Noch ist unklar, ob die Klinik wiedereröffnet wird. Sie sei «nicht mehr funktionsfähig», teilte MSF mit.
US-Präsident Barack Obama sprach den Opfern und deren Angehörigen derweil sein Beileid aus und versprach Aufklärung. US-Verteidigungsminister Ashton Carter sagte, «eine vollständige Untersuchung des tragischen Vorfalls» sei «in Abstimmung mit der afghanischen Regierung» in Gange. (lha/SDA)