Harte Strafe
Putin-Kritiker Nawalny zu 19 Jahren Haft verurteilt

Putin-Kritiker Alexej Nawalny ist am Freitag zu einer Haftstrafe von 19 Jahren verurteilt worden.
Publiziert: 04.08.2023 um 07:45 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 19:48 Uhr
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Nawalny verbüsst bereits eine neunjährige Haftstrafe.
Foto: Kirill Kudryavtsev

Ein russisches Gericht hat den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny am Freitag zu einer Haftstrafe von 19 Jahren in einem Straflager verurteilt. Wie seine Sprecherin Kira Jarmytsch bekannt gibt, müsse Nawalny die Strafe in einer Hochsicherheits-Strafkolonie verbüssen. Die offizielle Begründung für den Schuldspruch lautete, er habe zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und «Nazi-Ideologie wiederbelebt».

Jarmysch erklärte der Deutschen Presse-Agentur, dass mit dem Urteil die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sein sollte – die neun Jahre Straflager, zu denen er bereits verurteilt wurde, seien mit eingerechnet. Es bleibe aber das schriftliche Urteil abzuwarten.

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Die Strafe gegen den 47-Jährigen erging in einem Prozess, der im Straflager abgehalten wurde, in dem Nawalny bereits einsitzt, und der international als politische Inszenierung kritisiert wurde. Dort wird er ihren Berichten zufolge durch unmenschliche Haftbedingen und Dauerisolation gefoltert. Er gilt als politischer Gefangener.

Nawalny appelliert zu Widerstand gegen den Kreml

Die Sprecherin gibt zudem bekannt, dass die Nawalnys Eltern nicht beim Prozess dabei sein durften. «Seine Eltern wurden getäuscht und nicht in den Saal gelassen, in dem das Urteil verkündet wurde. Sie stellten dort Stühle für unsichtbare Zuhörer auf und führten die Eltern in einen separaten Raum mit einer Übertragung. Sie hatten ihren Sohn seit über einem Jahr nicht mehr gesehen», schreibt sie auf X/Twitter.

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Nawalny liess sich von dem harten Urteil aber nicht unterkriegen. Stattdessen sagte er am Freitag nach dem Richterspruch in seinem Straflager: «Putin sollte seine Ziele nicht erreichen. Verliert nicht den Willen zum Widerstand». Weitergehend habe er gesagt: «19 Jahre in einer Kolonie mit einem besonderen Regime. Die Zahl spielt keine Rolle. Ich verstehe sehr gut, dass ich, wie viele politische Gefangene, eine lebenslange Haftstrafe verbüsse». Lebenslang beziehe sich dabei entweder auf die Dauer seines eigenen Lebens oder die «Lebensdauer dieses Regimes». Nawalnys Team hatte stets gesagt, dass er so lange nicht in Freiheit komme, wie Kremlchef Putin an der Macht bleibe.

Zudem richte sich das Strafmass nicht gegen ihn, sondern gegen die Menschen, um ihnen Angst zu machen. «Sie wollen Euch dazu bringen, euer Russland kampflos dieser Bande von Verrätern, Dieben und Schurken zu überlassen, die die Macht an sich gerissen haben», sagte er laut der in sozialen Netzwerken verbreiteten Nachricht.

Nawalny wirft Putin Mordanschlag an ihm vor

Noch am Donnerstag liess Nawalny über sein Team in sozialen Netzwerken ausrichten: «Es wird eine riesige Haftstrafe werden. Das, was man als ‹stalinistische Haftstrafe› bezeichnet». Unter Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) waren zu kommunistischen Zeiten sehr lange und harte Strafen üblich.

Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Präsident Wladimir Putin vor, hinter dem Mordanschlag vor drei Jahren zu stecken. Der Kreml dementiert das. Nach einer Behandlung in Deutschland kehrte Nawalny damals in seine Heimat zurück. Noch am Flughafen wurde er festgenommen.

Baerbock wirft Russland «Willkürjustiz» vor

Die deutsche Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wirft Russland nach der erneuten Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny «Willkürjustiz» vor. Die Freiheitsstrafe von weiteren 19 Jahren sei «blankes Unrecht», schrieb die Ministerin am Freitag im Online-Dienst X, der zuvor Twitter hiess. Russlands Präsident Wladimir Putin «fürchtet nichts mehr als Eintreten gegen Krieg und Korruption und für Demokratie - selbst aus der Gefängniszelle heraus». Mit Blick auf Putin fügte sie hinzu: «Er wird damit kritische Stimmen nicht zum Schweigen bringen».

Auch die Vereinten Nationen forderten die «sofortige» Freilassung Nawalnys. Die Verurteilung des Kreml-Kritikers «gibt Anlass zu neuer Besorgnis über die Schikanierung durch die Justiz und die Instrumentalisierung des Gerichtssystems für politische Zwecke in Russland», erklärte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. Die Staaten seien verpflichtet, alle Rechte auf ein faires Verfahren und einen ordnungsgemäßen Prozess für alle Menschen zu respektieren, denen die Freiheit entzogen sei, betonte Türk. «Ich fordere die russischen Behörden auf, diese Verpflichtungen zu respektieren, indem sie die Menschenrechtsverletzungen an Nawalny sofort einstellen und ihn freilassen.»

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Zahlreiche weitere Oppositionelle inhaftiert

Russland führt seit mittlerweile mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. In diesem Zeitraum hat die russische Führung auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt. Neben Nawalny sind in russischen Straflagern noch zahlreiche weitere Oppositionelle inhaftiert, die international als politische Gefangene eingestuft werden. Erst vor wenigen Tagen etwa wurde gegen Wladimir Kara-Mursa das harte Urteil von 25 Jahren Straflagerhaft bestätigt. Es ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker in Russland. (ter/mit Material der SDA/AFP)

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