Zwei Schweizer Touristen sassen gemütlich im Café Monide an der Piazza Trieste e Trento im historischen Zentrum von Neapel, als plötzlich ein Mann hinter ihnen auftauchte. Er hielt den beiden Männern eine Waffe an den Hals und klaute die Uhr des einen Touristen, bevor er flüchtete.
Nur wenig später kehrte er zurück, um das Objekt der Begierde seinem Besitzer zurückzugeben. «Der Dieb dachte, es handele sich um eine Richard Mille, die mehrere hunderttausend Euro wert sein kann. In Wirklichkeit war sie nicht sehr wertvoll, also hat er sie zurückgegeben», berichteten die Betreiber des Lokals.
Diese wandten sich nicht nur an die Polizei, sondern schickten das Video auch an Francesco Emilio Borrelli. Der Lokalpolitiker der Grünen verbreitete den Clip auf Facebook, um die in Neapel herrschende Unsicherheit anzuprangern. «Das passiert mitten im historischen Zentrum! Die Diebe gehen nur wenige Meter von der Polizeiwache entfernt bewaffnet auf Beutezug. Wenn der Tourist nicht mitgespielt hätte, hätte das in einem Drama enden können», kritisierte der Grünen-Politiker.
«Es wird Tote geben!»
In der Hauptstadt Kampaniens wütet die Kriminalität seit Langem und beschränkt sich nicht auf die Vorstädte oder sogenannte «Problemviertel». Borrelli stellt fest: «Touristen scheinen die bevorzugten Opfer von Kriminellen zu sein, wie man sieht. Das Phänomen ist so ausser Kontrolle geraten. Bald wird es Tote geben!»
Der Abgeordnete des Regionalrats und ehemalige Journalist weist darauf hin, dass das Gebiet zwar theoretisch videoüberwacht wird, dies in der Realität jedoch selten der Fall ist. Die Bilder aus dem Café haben den Diebstahl allerdings verewigt. «Sie haben die Uhr zurückgegeben, um eine Verurteilung für einen Gegenstand von so geringem Wert zu vermeiden. Das beweist, dass sie sehr gut organisiert und mit dem Gesetz vertraut sind», schloss Borrelli.
Die Veröffentlichung des Videos führte zu einer Flut von Kommentaren von Neapolitanern, die über das Video sehr empört waren. «An der Langsamkeit ihrer Tat kann man erkennen, wie unantastbar sie sich fühlen. Vielleicht wissen sie sogar, wo sich die Patrouillenfahrzeuge befinden», kritisiert ein Nutzer. «Was für eine Schande! Gerade jetzt, wo wir langsam wieder Touristen haben, werden solche Videos sie davon abhalten, nach Neapel zu kommen», befürchtet ein anderer. Einige rufen dazu auf, Touristen zu sensibilisieren, während andere meinen, dass es bereits zu spät sei: «Die Polizei hat in Neapel die Kontrolle verloren». (snd/chs)