Die Flüchtlingskrise hat ein neues Bild der Schande. Als Hunderte Migranten im ungarischen Röszke eine Polizeiabsperrung durchbrechen und auf eine Wiese rennen, werden mehrere von einer ungarischen Kamerafrau attackiert. Ein RTL-Reporter filmt die wüste Szene.
Eines der Opfer ist ein schwer bepackter Mann in Eile, der seinen Sohn auf den Armen trägt. Nachdem er einem Polizisten entwischt ist, stellt ihm die Kamerafrau fies ein Bein. Er fällt mit seinem Kind auf den Boden, schaut ungläubig hoch, der Bub weint. Wollte sich die Reporterin für ihren Sender einfach eine dramatische Einstellung zurechtbiegen?
Ein weiteres Opfer ist ein Bursche, den die Frau anrempelt, nachdem sie selbst von jemandem gestossen wurde. Zudem ein rennendes Mädchen, das ein Tritt in die Magengegend trifft.
Die Übergriffe geschahen am Dienstag. Die Täterin heisst Petra László, sie steht für den Sender N1TV als Kamerafrau im Einsatz. Sie stammt aus Budapest, ist 40 Jahre alt, verheiratet – und hat selber zwei Kinder! Auch ihr Mann ist Kameramann, allerdings bei einem anderen Sender.
Das Entsetzen über die feigen Tritte ist weltweit gross. In den Sozialen Medien gerät Petra László massiv unter Beschuss: «Sie tickt wie eine KZ-Aufseherin.» Ein anderer Eintrag lautet: «Es gibt viele Leute wie Petra L. Dieses Mal war eine Kamera dabei, aber oft bleiben solche Vorfälle im Verborgenen.»
RTL-Reporter Stephan Richter, der das Ganze gefilmt hat, ist fassungslos. «Ich kann nicht begreifen, was ich da aufgenommen habe. Vor allem, dass diese Frau ganz bewusst diesem Vater mit seinem Kind auf dem Arm – er befindet sich in höchster Not, er will flüchten, er hat Angst – ein Bein stellt und die Flucht fast verhindert hätte.»
N1TV ist die Abkürzung für Nemzeti Television, was so viel wie National-TV bedeutet. Der Sender steht der rechtsnationalistischen Partei Jobbik nahe (siehe Box).
Die Internet-TV-Station hat ihre Mitarbeiterin inzwischen fristlos entlassen. Chefredaktor Szabolcs Kisberk: «Ich weiss nicht, wie das passieren konnte. Es ist schockierend und inakzeptabel.»
Für den Sender ist die Sache damit abgeschlossen. Aber für andere noch lange nicht: Zwei Parteien haben angekündigt, Petra László wegen «Verbrechen aus Hass» anzuzeigen. Dafür drohen in Ungarn mehrere Jahre Haft.